Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 2.pdf/443

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Erlangung einer freieren, gewissermaßen eximierten Stellung im landeskirchlichen Ganzen, wodurch ein Zusammenschluß der gleichartigen Elemente ermöglicht und die Verflechtung in die Übelstände und Sünden des landeskirchlichen Ganzen, die Nötigung, mit den Ungläubigen an Einem Joch zu ziehen, wegfiele. Die Bildung solch engerer Kreise von Gläubigen, in welche sich vorhandenes geistliches Leben, das von den Zuständen eines größeren kirchlichen Ganzen sich unbefriedigt fühlt, zurückzieht, um sich einen Herd und stärkenden Mittelpunkt der Gemeinschaft und zugleich einen Spielraum für eigenartige Thätigkeit zu schaffen – ein Bedürfnis, welches z. B. in der römischen Kirche die immer neuen Gestaltungen des Ordenslebens hervorgerufen hat – erschien Löhe nicht, wie dem uniformierenden Bureaukratismus landeskirchlicher Behörden als eine Gefahr der Auflösung, sondern als ein Mittel der Konservierung der Landeskirchen. Schon die Stiftung der Gesellschaft für innere Mission war, wie oben erwähnt, nach Löhes Absicht ein solcher Versuch, die gleichgesinnten Elemente zu einer Glaubensbruderschaft zusammenzufassen und Luthers Gedanken von der Sammlung der Gläubigen zeitgemäß zu erneuern und zu verwirklichen. Die sakramentliche Sonderstellung, die er in der Schwabacher Eingabe für sich und seine Gesinnungsgenossen in Anspruch genommen hatte und in die er sich durch seinen Protest gegen die im Lande hin und her herrschende unionistische Abendmahlspraxis gedrängt sah, schien geeignet, diesem Zusammenschluß kirchlichen Halt und Charakter zu geben. Nun glaubte Löhe sich genötigt, auf diesem Wege einen weiteren Schritt vorwärts zu thun. Seit langer Zeit schon war er der Ansicht, daß der Zusammenhalt und die Zukunft der Landeskirchen von der Gestattung größerer Freiheit der Bewegung für die Gläubigen (und – konsequenter Weise – auch für die Ungläubigen) bedingt sei. Bereits am 12. Mai 1852 hatte er an Baron von Maltzan geschrieben: „Ich wünsche einen Schritt vorwärts zu dringen,

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 437. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/443&oldid=- (Version vom 1.8.2018)