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biblischen und ansprechenden Symbols des Räucherns zur Abbildung der Gebete der Gläubigen in den evangelischen Kirchen, das Bedenken gegen sich, daß sie gar leicht zur Verkennung der rein symbolischen Bedeutung und der Thatsache, daß der Nachdruck allein auf der Fürbitte ruht, führen kann... Dennoch aber scheint uns zu einem Einschreiten der Behörde hier an sich kein hinreichender Grund vorzuliegen, und ein solches vielleicht nur dadurch motiviert werden zu können, daß Pastor Löhe, nicht zufrieden mit der Wirksamkeit in dem stillen Kreise seiner Gemeinde, den Vorgang der Öffentlichkeit übergab und dadurch die „öffentliche Meinung“ herausforderte und die Entscheidung der Behörden provocierte. Der Apostel sagt doch einmal: „salbet mit Öl“, und wozu er also auffordert, das kann nicht schlechthin verboten sein. Luther – das ist doch von nicht geringer Bedeutung – hat ausdrücklich solches Salben für in der Kirche zulässig erklärt, ebenso Bengel und auch noch neuere Ausleger, wie Stier. Pastor Löhe ist ein Mann, dem man, wie dem im vorigen Jahre Heimgegangenen Goßner, vieles nachsehen muß, dem man einen möglichst freien Spielraum gewähren muß, damit die reichen ihm verliehenen Gaben sich frei entfalten können. Gott hat sein Siegel auf ihn gedrückt, niemand kann verkennen, daß Neuendettelsau der eigentliche Lichtpunkt in der evangelischen Kirche Bayerns ist, ebenso wie Hermannsburg in der Hannovers. Solche Männer sind dazu berufen, neue Bahnen zu eröffnen und wenn man ihnen, sie mit gewöhnlichem Maßstabe messend, gleich mit Verfügungen auf den Leib rückt, so lähmt man ihre Freudigkeit und entfremdet sie der Kirche, die ihrer so sehr bedarf und ihnen zu so großer Dankbarkeit verpflichtet ist, vor ihnen den Hut abziehen muß. Wir können auch in dieser Beziehung manches von der katholischen Kirche lernen. So schonungslos streng diese ist, wenn sie eine Abweichung im Princip wahrzunehmen glaubt; so weitherzig vermag (vielleicht dürfen wir jetzt, wo die jesuitische Richtung überhand zu nehmen droht, nur noch sagen: vermochte) sie wenigstens oft zu sein, wenn es galt den Individualitäten freien Spielraum zu gewähren. Man denke sich einmal den heiligen Franciskus von Assisi im evangelischen Gewande im Verhältnis zu der gegenwärtigen öffentlichen Meinung und einem protestantischen Oberkonsistorium! Auserwählte Rüstzeuge Gottes kommen von selbst wieder zurecht, wenn sie einmal eine falsche Bahn betreten haben. Sie haben ihr Korrektiv an dem heiligen Geiste, etc.“


 Wir haben keinen Beruf, über die Sache selbst hier ein Urteil abzugeben. Unseres Erachtens konnte übrigens gegen die Vornahme

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 474. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/480&oldid=- (Version vom 1.8.2018)