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nicht durch polizeiliche Überwachung, sondern beichtväterlich regiert zu werden, so hat der gehorsamst Unterzeichnete allerdings je und je, aber ohne Drang und Zwang und ohne unzweckmäßige Betonung auch die unkonfirmierte zum Abendmahl noch nicht zugelassene Jugend zur Beichte und Absolution und damit zu ihrem ewig guten Hirten gelockt. Er weiß aufs allersicherste, daß er damit nach dem Sinne des Herrn gehandelt hat, ebenso, daß er keine Kirchenordnung verletzt hat, weil deshalb keine besteht und keine bestehen kann, weil eine einzige Thräne aus dem Auge eines absolvierten Kindes hinreicht, jedem Vater, jedem Lehrer, jeder kirchenregimentlichen Person alles Bedenken auszulöschen und sie anzuleiten, dem Herrn zu danken, daß sein göttliches Wort des Friedens für alle, auch für die Kinder gegeben ist. Ich muß gestehen, daß ich glaube, in diesem wie in vielen anderen Fällen meinen Amtsbrüdern einen guten Vorgang gemacht zu haben... Es versteht sich übrigens von selbst, daß Beichte und Absolution der nicht konfirmierten Jugend keine Ordnung, sondern Erlaubnis ist.“

 In betreff der beanstandeten Zuchtordnung aber erklärte Löhe, daß sie zwar lange nicht seinem Ideal gemeindlicher Zuchtübung entspreche, andrerseits aber freilich eine höhere Stufe der pastoralen Führung der Neuendettelsauer Gemeinde voraussetze und zum Grunde habe, als die für die allgemeinen Zustände der Landeskirche berechneten Anordnungen, daß er aber seiner Gemeinde unter keinen Umständen einen Rückschritt bieten könne, vielmehr in solchem Falle bitten müße, ihm das Amt abzunehmen. „Darf ich – so schloß seine Eingabe – der Kirche nicht dienen, wie ich es kann, so werde ich ihr die kleine Kraft, die ich etwa noch habe, nicht einen Augenblick aufdrängen, sondern in großem Frieden in meine Stille gehen. Das königl. Dekanat wolle diese wohlerwogene Erklärung dem königl. Kirchenregimente ja nicht etwa aus großer Güte gegen den Unterzeichneten vorenthalten.“

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 477. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/483&oldid=- (Version vom 1.8.2018)