Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 2.pdf/487

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Teil auch in der Kirche gehalten, größtenteils aber in einem Zimmer des Pfarrhauses oder im Betsaal des Diakonissenhauses. Das kann nach Lage der Dinge gar nicht anders sein, weil sonst zu mancher Zeit der Pfarrer seine Wohnung in der ungesunden Sakristei aufschlagen müßte. Etwas Bedenkliches aber liegt darin nicht. Der Pfarrer bewohnt den oberen Teil seines Hauses für gewöhnlich fast allein, da seine Angehörigen nicht bei ihm zu sein pflegen. Es ist also kein Horchen und Lauschen zu fürchten, und überdies ist die Räumlichkeit im Pfarrhause, welche dazu benützt wird, pastoraler, würdiger und schöner als die elende Sakristei, auch das Pfarrhaus ein sehr patentes, öffentliches Gebäude, das von der ganzen Gemeinde beobachtet werden kann; daher auch kein Mensch je einen Anstoß nahm, wenn irgend wer ins Pfarrhaus gieng zu beichten....“

 In betreff der in Neuendettelsau in Übung bestehenden Zuchtordnung äußerte sich Löhe folgendermaßen: „Der ganze Unterschied der hiesigen Weise von der in den Erlassen der kirchlichen Behörden zu findenden besteht darin, daß der Grundsatz festgehalten wird: „Wer öffentlich gesündigt und die Gemeinde geärgert hat, der soll seinem Ärgernis durch irgend öffentliches Bekenntnis die verderbliche Kraft nehmen.“

 Wie sich dieser Grundsatz in der Form darstelle, das ist mir gleich, da doch der in der h. Schrift vorgeschriebene Prozeß der Zucht bei dem Verderben aller unsrer Gemeinden nicht ausgeführt werden kann. Dagegen den Grundsatz in der Praxis fallen zu lassen ist für mich unmöglich, da ich ihn aus der h. Schrift der Gemeinde eingeprägt habe, und es daher höchst ärgerlich und demoralisierend sein würde, wenn ich Jahrzehente lang etwas gepflegt und zur Anerkennung gebracht hätte, und es dann bloß deswegen fallen lassen sollte, weil andere Gemeinden noch schlechter als die meine sind und man ihnen so etwas nicht bieten darf. Wenn ich

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 481. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/487&oldid=- (Version vom 1.8.2018)