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ja nicht zu thun, was für die Liebe und Gerechtigkeit der seelsorgerischen Behandlung Zeugnis genug giebt, dem Pfarrer aber eine unverhohlene Freude ist, weil er sonst oft nicht wüßte, wo nur Zeit für Berichte herzunehmen wäre. Es wird auch ferner keinem Abzuweisenden beigehen, den Bericht zu verlangen, so lange nicht etwa ein Fall kund wird, daß jemand ungerecht behandelt wurde.

 3) Wenn ein ermahnter öffentlicher Sünder Buße that, so kommt er an seinem Abendmahlstage vor Beginn der Kirche zum Altar, bekennt vor den Kirchenvorstehern seine Sünde, und wird sodann absolviert. Darauf betet der Pfarrer und die Kirchenvorsteher für ihn, und er wird brüderlich und freundlich entlassen. Ist in einem besonderen Falle besondere Rücksicht zu nehmen, so geschieht es mit Freuden.

 Da das hiesige Verfahren in der Gegend einzig dasteht, deshalb ein zartes Ding ist, so hat es der Pfarrer an dieser Rücksicht nicht fehlen lassen, auch wenn die Kirchenvorsteher ein völlig gleiches und gesetzliches Verfahren in allen und jeden Fällen lieber gesehen hätten.

 Es hat Fälle gegeben, da ich solchen, die öffentliche Buße thaten, den Tag ihrer Buße auf ihr Ansuchen zum Andenken in ihre Gesangbücher schreiben mußte, ein Beweis vom Geiste, in welchem die Sache geführt wird. Andere Fälle hat es gegeben, wo Männer ihre Frauen, Eltern ihre Kinder selbst vor die Kirchenvorsteher brachten, ein Zeichen, daß ein gewisses Maß von Anerkennung der Sache ohne Zweifel vorhanden ist. Es könnten segensreiche Folgen im ganzen und einzelnen nachgewiesen werden.“

 Diese umständlichen Auseinandersetzungen hatten wenigstens den Erfolg, daß Löhe für sein Verfahren, wenn auch nicht Anerkennung, so doch Duldung von Seiten des Kirchenregiments erlangte.


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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 483. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/489&oldid=- (Version vom 1.8.2018)