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weltlichen Gebiets, und es war jedenfalls nicht eine „verwirrende Doppelstellung“ (wie man gesagt hat), die er einnahm, sondern ein Standpunkt der einfachen Ehrlichkeit, die sich bestrebte, die beiden Gebiete zu unterscheiden, auf jedem im Sinn ihres Auftragsgebers zu handeln und so dem Kaiser zu geben was des Kaisers, Gott aber was Gottes ist. Von dieser Anschauung aus glaubte Löhe sich nicht berechtigt, als Vorstand des staatlichen Armenpflegschaftsrats eine Einwendung gegen B.s Wiederverheiratung zu erheben. Von diesem Standpunkt aus konnte er auch die ihm so sehr verdachte Äußerung thun: er halte es selbst für besser, wenn B. heirate. Man hat ihn vorwurfsvoll gefragt, kraft welcher Ansicht von der Ehe er so reden könne. Als ob nicht eine bürgerlich rechtmäßige Ehe, auch wenn der Segen des Dreieinigen auf sie nicht anwendbar ist, dennoch besser wäre als ein Leben im Konkubinat oder gar in Hurerei. Ebenso fand Löhe bei solchen Grundsätzen keinen Anstand, die Proklamation B.s zu vollziehen. Er unterschied eben auch an der Proklamation (natürlich in der Bedeutung, die sie damals, vor Einführung der Civilstandsgesetze, hatte) ein Doppeltes: einmal die nach den Staatsgesetzen zum Behuf der Einsprache geschehende öffentliche Bekanntmachung der bevorstehenden Ehe und dann das von der Kirche hinzugefügte Votum, die gemeindliche Fürbitte. Letztere unterblieb natürlich in dem B.schen Fall, dagegen die eigentliche Proklamation, sofern sie die Ergänzung der gerichtlichen Eheeinleitung sein sollte, glaubte Löhe auch in diesem Fall vollziehen zu müssen.

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 Am meisten ist Löhe deshalb getadelt worden, weil er sich weigerte, ein Dimissoriale auszustellen und dadurch von Vorneherein jeden sich ihm und der Kirchenbehörde eröffnenden Ausweg aus dem Konflikt ausschloß. Auch Freunde Löhes – wie z. B. Hommel – hielten die Ausstellung eines Dimissoriales in diesem Fall nicht für ein Unrecht. Löhe aber hielt es für unsittlich, auf solche Weise die

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 491. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/497&oldid=- (Version vom 1.8.2018)