Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 2.pdf/498

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

eigne Verantwortlichkeit auf fremde Schultern abzuwälzen. Allenfalls hätte er, wenn ihm die sittliche Beurteilung des gegebenen Falls zweifelhaft gewesen wäre, von dem Auskunftsmittel eines Dimissoriales Gebrauch machen können. Da ihm aber fest stand, daß in dem vorliegenden Fall es Sünde war zu trauen, so erschien es ihm als eine unsittliche Handlungsweise, einem andern Raum zur Sünde zu schaffen, um die Sünde nicht selbst begehen zu müssen. Vielmehr fühlte er sich in diesem Fall vom Herrn zur Ablegung eines Bekenntnisses berufen und wollte sich daher weder der Pflicht des Bekenntnisses, noch den damit verbundenen Leidensfolgen entziehen.

 Damit war denn freilich auch der Kirchenbehörde von vornherein die Möglichkeit einer glimpflichen Lösung des Konflikts, in welchen Löhe mit den Staatsgesetzen geraten war, abgeschnitten, und die Suspension war eine unvermeidliche Eventualität geworden. Löhe sah sie auch von Anfang an mit völliger Sicherheit voraus. Sie erschien ihm vom Standpunkt des Kirchenregiments aus noch als große Schonung, im Licht seines Verständnisses aber freilich als ein großes Unrecht, um das er daher weder bitten konnte noch wollte. Es war ihm unmöglich, in ihr ein bequemes Auskunftsmittel für den bösen Fall zu sehen, sie kam ihm vor wie ein Spiel mit hohen Rechten des geistlichen Amtes. In diesem Sinn, nicht in dem der Provokation, in großer Sehnsucht, aus dem herben Gegensatz zu kommen, in den er jeden Tag wieder aufs neue geraten könnte, schrieb er den allerdings mißdeutbaren und ihm so sehr übel gedeuteten Schlußsatz seines Weigerungsberichts, in welchem er die Behörde bat, lieber mit Umgehung der Suspension eine strengere Maßregel über ihn zu verhängen.

 Hierauf erfolgte ein vom 12. April 1860 datiertes Reskript des Oberkonsistoriums, in welchem der B.sche Fall unter Absehen von dem was ihn accidentell zu erschweren geeignet war mit geschickter

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 492. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/498&oldid=- (Version vom 1.8.2018)