Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 2.pdf/500

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von der Wirksamkeit und dem Charakter Löhes gemaßregelt, daß ersterer von dem Kirchenregiment „in seinem Recht“ geschützt, letzterer in seinen heiligsten Rechten als Hirte der Gemeinde gekränkt und seinem Widersacher gewissermaßen zu weichen gezwungen wurde. Und waren denn die Umstände des B.schen Falls nicht so gestaltet, daß auch abgesehen von dem hauptsächlichen Weigerungsgrunde Löhes noch Gründe genug vorlagen, welche die kirchliche Trauung des B. als eine sittliche Unmöglichkeit erscheinen ließen? Hätte nicht auch ein Kirchenregiment, das doch wahrlich Beruf hat geistliche Dinge geistlich zu richten, Anstand nehmen sollen zu befehlen, daß einem Manne, der seinem Weibe es unmöglich machte mit ihm zu leben, um, nachdem er mit dem Scheidungsgrunde der gegenseitigen Abneigung und der πορνεία nicht zum Ziel gelangt war, den Schein böslicher Verlassung auf sie zu bringen und sie dann auf Grund eines rechtsgiltigen Ausspruchs des Ehegerichts auf immer von sich jagen zu können – einem Manne, der während des Scheidungsprozesses, also bei noch bestehender Ehe, im fortgesetzten Ehebruch lebte und Kinder erzeugte – einem Ehebrecher, welcher das zweite Weib, samt seiner Nachkommenschaft, wie das erste verließ und um Geldes willen ein drittes nahm – einem Lästerer und Feind des göttlichen Wortes und der Kirche, einem offenbaren, unbußfertigen Sünder – daß einem solchen Manne eine kirchliche Benediktion erteilt und ihm im Namen des dreieinigen Gottes zur Einsegnung seiner Ehe die Hände aufgelegt werden sollten?

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 Allein da Löhe selbst seine Überzeugung von der Schriftwidrigkeit des Ehescheidungsgrundes der desertio malitiosa, bei seiner Trauungsverweigerung in den Vordergrund gestellt hatte, so achtete sich das Kirchenregiment einer eingehenden Würdigung seiner übrigen Weigerungsgründe für überhoben und benutzte den von Löhe selbst ihm gebotenen Vorteil, die Sache auf einem Gebiete zum Austrag

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 494. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/500&oldid=- (Version vom 1.8.2018)