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 Solche wahrhaft seelsorgerliche Erwägungen waren es, welche ihm den Rat eingaben, den er in seinem „Gutachten in Sachen der Abendmahlsgemeinschaft 1863“ der lutherischen Diaspora erteilte.

 Er geht in diesem Schriftchen (wie Luther in seinem kurzen Bekenntnis vom h. Abendmahl) von der Stelle Tit. 3, 10 aus: „Einen ketzerischen Menschen meide, wenn er einmal und abermal vermahnt ist.“ Der Name Ketzer ist ihm ein Ausdruck für „das Urteil, daß ein Mensch gegenüber dem klaren göttlichen Worte in irgend einem Glaubensartikel trotz empfangener sattsamer Ermahnung seine eigene menschliche Meinung festzuhalten und zu verteidigen wage.“ In diesem Sinne seien nach dem einhelligen Urteil der lutherischen Väter die Reformierten trotz großer Verwandtschaft in den übrigen Lehren als Ketzer zu betrachten (ein Name, den man nach 3 Jahrhunderten getrennten Nebeneinanderbestehens mit ruhiger Entschiedenheit festzuhalten und zu tragen gelernt haben sollte, ohne ihn in das Feuer bitteren Hasses einzutauchen). Aus diesem Grunde seien sie kirchlich, also vor allen Dingen am Altare zu meiden.

 Es wird sodann der Beweis geführt, daß auch die unierte Anschauung vom h. Abendmahl als eine Ketzerei betrachtet werden müsse. Zwar gesteht Löhe zu, daß man zwischen Unierten und Unierten einen Unterschied machen müsse. „Ich finde es denkbar (sagt er S. 9 des angeführten Schriftchens), daß irgendwo im Komplex einer unierten Landeskirche eine Gemeinde sein kann, die bei völlig lutherischer Lehre und lutherischem Leben bloß deswegen uniert genannt wird, weil sie unter einem unierten Kirchenregiment steht. Eine solche Gemeinde ist nach meiner Ansicht gar nicht uniert. Die Kirchenregimenter der Landeskirchen sind unvermeidliche Superstruktionen, aus deren Erduldung nicht allemal ein Schluß auf die Beschaffenheit der einzelnen Gemeinde gemacht werden darf.“

 „Ich gestehe übrigens – fügt er einschränkend hinzu – daß ich

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 518. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/524&oldid=- (Version vom 1.8.2018)