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war, daß Pfarrer Löhe zu einer mündlichen Besprechung mit ihnen sich erbot, und zwar geschah dies, während dessen so einseitiges und vorurteilsvolles, höchst beklagenswertes Manifest gegen unsere diesjährige Generalsynode und die von ihr vertretene Kirche allerdings schon unter der Presse, aber noch nicht erschienen und hierorts bekannt war.

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 So wenig nun unsere Kollegen nach der voreiligen und bedauerlichen Publikation dieser Schrift noch auf ein günstiges Resultat der verabredeten Zusammenkunft rechnen zu dürfen glaubten, so wollten sie sich derselben doch nicht entziehen, weil sie es mit Recht für ihre Pflicht hielten, auch das Äußerste und Letzte zu versuchen, um die geflissentliche „Vornahme“ eines Bruches in unserer Kirche, der nicht gerechtfertigt erschien und dessen Folgen nicht abgesehen werden konnten, zu verhindern. Ihr Vertrauen fand sich nicht getäuscht. Pfarrer Löhe stand bei der mündlichen Besprechung von anderen Forderungen und Bedenken ab und erklärte nur zwei Punkte als solche, welche ihn und seine näheren Freunde nicht länger mit gutem Gewissen in der Landeskirche verharren ließen, nämlich einerseits die mangelhafte, die Gewissen zu wenig bindende Verpflichtung der Diener des Wortes auf die reine und lautere Lehre des Evangeliums nach dem guten Gesamtbekenntnis unserer lutherischen Kirche, und andererseits den Umstand, daß dem kirchlichen Bekenntnis keine praktische, kirchenregimentliche Folge gegeben werde, namentlich noch kein Schritt geschehen sei, um die Unterzeichner der „Platner-Ghillanyschen, offenbar blasphemischen Adresse“ öffentlich und amtlich als solche zu bezeichnen, welche ihre Lossagung von der evangelisch-lutherischen Kirche und ihr Ausscheiden aus derselben selbst erklärt hätten, und demgemäß auch kirchlich behandelt werden müßten, wenn sie nicht Sinnesänderung an den Tag legten. Wäre es möglich, seinem und seiner Freunde Gewissen hinsichtlich dieser beiden Punkte Abhilfe zu verschaffen, sagte er, so würden sie mit Freuden in der Kirche bleiben und von der schmerzlichen Sorge, aus ihr auszuscheiden, um zu ihr in ihrer wahren Gestalt zurückzukehren, sich befreit sehen. So wenig nun auch hinsichtlich der genannten Punkte unsere Kollegen dem Pfarrer Löhe Recht geben konnten, wenn er die Erfüllung seiner Wünsche und Forderungen in betreff derselben

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 542. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/548&oldid=- (Version vom 1.8.2018)