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in der Fremde, und wenn ich sie liebe, so muß ich dazu setzen: ,Ich kenne sie nicht dem Fleische nach‘. Sie ist nicht mehr mein, wie sie’s gewesen ist und wird’s nicht mehr. Sie ist mein, aber anders. Und dies ist’s, was ich fassen muß; denn auf diesen Wechsel war ich nicht gefaßt. Als Helene vor drei Jahren einige Wochen ohne mich in Frankfurt war, war ich auch ein Wittwer und entbehrte sie mit Schmerzen. Aber wenn sie noch drei Jahre in Frankfurt gewesen wäre, so würde ich doch immer gesagt haben: ,Mein Weib ist in Frankfurt‘. Wenn sie nun in derselben Eigenschaft im Himmel wäre, so wäre sie mein und ich ihr – und was wär’s dann? Aber wir sind geschieden – und so herrlich und ewig im dritten Artikel unsre Vereinigung steht und begründet ist, so ist doch noch mir nicht erschienen, was wir sein werden, und meiner Seele ist bange. Du wirst sagen: ,Nun natürlich!‘ Aber das ist’s eben: was von ferne ganz natürlich scheint, ist übernatürlich und schwer, in der Nähe erkannt. Aller Trost liegt in den Verheißungen Gottes von der Herrlichkeit des ewigen Lebens, in der Vereinigung der streitenden und triumphierenden Kirche und in der Flucht der Zeit. Meine Aufgabe ist glauben lernen – und wer mir dazu hilft, Gottes Wort sagt und mich wirksam vermahnt, der tröstet mich. Denn meine zeitliche Lage ist mir vollkommen klar – und all mein zukünftig Thun ist mir auch klar. Ich wollte aber, ich hätte hier nichts mehr zu thun, sondern dürfte durch Todesschmerzen in die nähere Gemeinschaft meiner Seligen und des HERRN HERRN kommen.

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 „Mir geht’s – meine Seele weigert sich zu sagen ,gut‘. Es ist Glaube, dies Wörtlein ,gut‘ auf mein Ergehen anzuwenden. Ich will’s aber sagen: ,Es geht mir nach dem verborgenen Willen meines Gottes, und darum gut. Amen. Amen‘.“


Empfohlene Zitierweise:
Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/65&oldid=- (Version vom 1.8.2018)