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abgearbeitet, daß mir mancher Bauer schon gradezu ins Angesicht geweint hat. Ich bin müde, und als ich heut Nacht um 3 Uhr von einem Krankenbesuch auf der Froschmühle heimgieng, taumelte ich, daß mich fast der Mondschein umgeworfen hätte. Ich bedarf des Frühlings zur Erholung, und doch ist er mir nicht angenehm. Ich fühle mich am wohlsten in Arbeit und wenn ich predigend die Flügel hebe. Es ist ein Wunder ums Amt, das mich im Innersten schreckt und doch wieder hebt.“

 Und ein andermal, am 2. Januar 1846:

 „Was mich anlangt, so bist Du mit Recht berichtet worden, daß ich unbaß war, aber mit Unrecht, daß ich trauriger bin als überhaupt seit dem 24. November 1843. Es ist wahr, daß mir kein lieblich Loos gefallen, sondern daß ich unterm Kreuze bin, wie meiner Brüder nicht alle. Der HErr hat mir aber verliehen, daß ich, in mir traurig, ja sehr traurig, in Ihm fröhlich bin. Es ist wahr, daß mich öfter als vor 10 Jahren Unwohlsein schnell und heftig überfällt; mein unheimlichstes Leiden ist mir in solchen Fällen das Delirium. Da sitzt meine wache Seele immer und wehrt sich mit aller Macht, den wirren Gedanken die Zügel schießen zu lassen. Da lern ich, wie dem Fieberkranken zu Mut sein muß. Da lern ich mich sehnen, ein Wort von Außen her zu vernehmen, das meiner müden Seele die schwere Arbeit erleichtere. Da lern ich mich, wenn ich mich ergeben muß, stille fügen und weiß doch, daß mir meine Beilage aufgehoben ist. Da lern ich der Nacht und Einsamkeit Leid und Freud, und wenn ich wieder etwas wohler, find ich mich in der Macht des HErrn friedevoll und mutig. Ich habe in Leibesleiden bisher immer zu rühmen gehabt, daß der HErr meine Seele und ihre Saiten sehr friedlich und fröhlich stimmte. Und so ist mir auch die Krankheit zum Segen.

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/71&oldid=- (Version vom 1.8.2018)