Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 2.pdf/84

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ich zu kommen hoffe, will ich’s rühmen, – und unauslöschliches Gebet soll von mir zu Gott aufsteigen, daß ihr dort mein Dank in den ewigen Hütten bezahlt werde.

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 Vorigen Samstag vor acht Tagen saß sie noch hier in diesem Gotteshause und beichtete. In der Nacht darauf erkrankte sie. Neun schwere Leidenstage folgten. Zwar dachte sie nicht zu sterben, sie überlegte Alles, sie sorgte mit zartem Sinn über den Tod hinaus – und hoffte dann eben so frisch wieder ins Leben herein. Als ich ihr gleich in den ersten Tagen ihrer Krankheit die Möglichkeit des Todes vorstellte, nahm sie es mit freudigem Dank an, ohne ängstlich ums Leben zu sorgen. Sie war bereit – und ihre Sehnsucht war längst schon nach dem Anschauen Jesu. Sie hatte oft in traulichen Gesprächen bezeugt, sie würde so gerne sterben, wenn sie der HErr rufen würde. Ich dagegen machte sie oftmals auf die Erfahrung aufmerksam, daß, die im Leben sich nach dem Tode sehnen, oft harten Kampf im Sterben haben. Sie aber blieb dabei, sie würde gerne sterben, wenn ihr nur ihre Sünden vergeben sein würden. Und wie sie es behauptet hatte, so geschah es ihr. Am Morgen ihres Todes zeigten sich deutliche Spuren, daß der HErr ihrer wartete, die Schmerzen waren gewichen. Ein heiliger, feierlicher Ernst lag auf dem Angesichte. Ihre Haare wallten um das Haupt, wie wenn der Morgenwind jener Welt mit ihnen spielte. Das Angesicht prangte wie von Morgenroth des ewigen Lebens. Mein Herz, das gegen sie bei Gott mit der innigsten Liebe schlägt, hätte sie gerne zurückgehalten – und wer hätte mich darin lieber unterstützt, als das dankbare Herz der Tochter, die unter allen Kindern der Mutter am meisten verdankte? Aber der HErr verlieh, daß ich meine Seele beschwichtigen konnte. Eingedenk ihrer oft gethanen Bitte, daß ich sie, wenn sie sterben würde, so hinausleiten möchte, wie ich es meinen lieben Pfarrkindern

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/84&oldid=- (Version vom 1.8.2018)