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Sicherheit und Nüchternheit, mit welcher Löhe zu einer Zeit, wo man vielerseits in Bezug auf Heilung des Blödsinns noch sehr sanguinische Hoffnungen hegte, die Aufgabe aller körperlichen und geistigen Pflege der Blöden und das für diese allein erreichbare Ziel bezeichnete. „Was den Blöden zum Blöden macht – sagt er in einem Jahresbericht von 1866/7 – scheint weniger die geringe Begabung in allen oder vielen Gegenständen zu sein (es können sogar nicht unbedeutende vereinzelte Anlagen vorhanden sein) als der Mangel an Selbständigkeit und Selbstbeherschung“ – es fehlt ihm oft in auffallender Weise „jene Linie mitten auf der Stirne, welche nach den Phrenologen die Fähigkeit der Selbstbestimmung andeutet“. „Wer wirklich blöde ist, wird nie vollsinnig und gesund.“ „Der Blöde ist wie ein andrer Mensch, aber er hat einen niedrigeren Horizont als der Gesunde, innerhalb dessen er nach seinem Maße alle Veränderungen des geistigen und geistlichen Lebens durchmachen kann wie wir vollsinnigen Leute; aber wie sehr er innerhalb seiner Schranken vorwärts komme, außer dieselbigen hinaus kommt er doch nicht.“ Da man eben deshalb nicht daran denken kann, den Blöden je zu einem brauchbaren Glied der menschlichen Gesellschaft heranzubilden, so muß man die Anstalt als die einzig für ihn passende Heimat und das Anstaltsleben als die größte Wohlthat für ihn erkennen. Dabei unterschied Löhe selbstverständlich unter den Blöden zwischen Bildungsfähigen und sog. Asylisten und hielt es für Pflicht, jede in einem Blöden schlummernde Anlage zu wecken und zu üben, um ihn dadurch auf eine höhere Stufe des geistigen Lebens zu erheben. Es gehöre – meinte er – dazu freilich nicht bloß ein Bienenfleiß, sondern noch mehr große Demut; aber es gebe für die, welche es verstünden, so arme Geister mit Brosamen zu füttern, doch auch lohnende Freuden des Gelingens.

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 In der That wurde in Neuendettelsau viel treuer Fleiß auf

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 240. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/245&oldid=- (Version vom 11.5.2019)