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und das andre Matth. 18, 1–5, in welchem der Herr Kindeseinfalt und Demut als die allein zum Eingang ins Himmelreich befähigende Seelenverfassung bezeichnet. Man darf sie – meinte er – doch auch in gewissem Sinne zu jenen Unmündigen Matth. 11, 25 rechnen, über welchen der eingeborne Sohn Gottes seinen himmlischen Vater preist, daß er ihnen die Geheimnisse des Himmelreichs geoffenbart habe, die den Weisen und Klugen verborgen geblieben seien, und jedenfalls gehörten sie zu jenen „geringsten Brüdern“ Jesu, die der Herr selbst Matth. 25 zu seinen Stellvertretern einsetzt und in deren Namen er jede ihnen erwiesene Wohlthat belohnen will, als wäre sie ihm selbst geschehen. Von solchen Anschauungen aus hielt es Löhe für keine zu geringe Aufgabe, sich selbst mit der Unterweisung der Blöden abzugeben und auch seine geistlichen Gehilfen damit zu befassen. Den Konfirmandenunterricht pflegte er denjenigen Blöden, die er zum Genuß des Sakramentes zulassen zu können glaubte, selbst zu erteilen, ebenso sie zur Beichte und zum Empfang der Absolution anzuleiten. In den Jahren zunehmender Leibesschwachheit hielt er sonntäglich den Blöden Christenlehre und ließ sich in der Pfarrkirche durch seinen Vikar vertreten. Die Art und Weise, wie er da mit den Blöden verkehrte, war nicht blos in Folge der oft drolligen Antworten der Blöden ergötzlich, sondern durch die hier gebotene Beschränkung auf das knappste Maß des Inhalts und höchste Einfalt der Lehrweise auch für andre Zuhörer lehrreich und erbaulich.

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 Auch für das leibliche Wohlbefinden der Blöden sorgte er nach Kräften. Da für die Blöden der Aufenthalt im Freien zur wärmeren Jahreszeit die größte Wohlthat ist, derselbe aber in der schattenlosen Umgebung der Blödenanstalt wenig erquicklich war, so scheute Löhe die Ausgabe von ca. 2000 fl. nicht, um den „Luxus“ einer Parkanlage zu schaffen, wodurch er es in der That erreichte, „den Gang rings um das Blödenhaus zum angenehmsten

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 243. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/248&oldid=- (Version vom 1.8.2018)