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Erfolge mögen anderswo glänzender gewesen sein, sowol die auf dem Gebiet des Lernens als auch die auf dem der Handarbeiten und mechanischen Fertigkeiten erzielten. Dies lag wol an dem bildungsfähigeren Menschenmaterial, welches man dort unter den Händen hatte. Wenigstens glaubte Löhe, der ja auch andre Anstalten besucht hatte und darum Vergleiche anstellen konnte, nirgends ein so elendes und verkommenes Geschlecht von Blöden gefunden zu haben wie es die Dettelsauer Blödenanstalt der überwiegenden Mehrzahl nach beherbergte. Gewiß aber hatte er Recht, wenn er meinte: die Blödenanstalten seien nicht dazu da, um durch glänzende Leistungen zu frappieren, und am Ende sei gerade die Arbeit an jenen Pfleglingen, bei denen kein großer Erfolg sichtbar werde, die schönste.

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 Weitaus die Hauptsache bei aller Arbeit an den Blöden war ihm die geistliche Unterweisung und Erziehung. In dieser Beziehung war es für ihn ein Trost, auf der Lehre der lutherischen Kirche von der Kindertaufe und dem Kinderglauben fußen zu können. Es leuchtet ja ein, wie viel Trost und Ermutigung für alle seelsorgerische Bemühung mit den Blöden in der Wahrheit liegt, daß es auch ein geistliches Empfangen gibt, welches nicht durch das Selbstbewußtsein und das reflektierende Denken vermittelt ist, wie ja auf allen Stufen geistlichen Lebens die Aufnahmefähigkeit größer ist als die Fähigkeit der Reflexion oder vollends der Äußerung inneren Lebens. „Wir glauben – sagt Löhe einmal – daß ein blödes Kind viel mehr aufnimmt als es scheint, und daß der Tag der Ewigkeit davon die überzeugendsten Beweise liefern wird.“ Den Schriftgrund für diese Überzeugung fand Löhe in alle dem, was die heil. Schrift von der Disposition der Kinder für das Reich Gottes sagt. „Die Blöden sind und bleiben Kinder ihr Leben lang,“ pflegte er zu sagen, darum gehört ihnen das große Wort des Taufevangeliums: „Solcher ist das Himmelreich“

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 242. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/247&oldid=- (Version vom 1.8.2018)