Infolgedessen enthielten die Ausführungen von Herrn Laue im wesentlichen bereits die Widerlegung der Grundtendenz des zwei Jahre später angestellten Sagnac-Versuches[1].
In meinem vorstehend erwähnten Aufsatze[2] hatte ich noch die Emissionstheorie herangezogen und die Ansicht ausgesprochen: der Sagnac-Effekt läßt sich als experimentum crucis gegen die Emissionstheorie deuten.
Inzwischen ist mir die Frage vorgelegt worden: Es handelt sich um einen Rotationsvorgang; die reine Emissionstheorie steht auf dem Boden der Mechanik; in der Mechanik ergeben rotierende Systeme gegenüber Inertialsystemen durchweg Abweichungen, müßte nicht gerade auch bei der Emissionstheorie der Sagnac-Effekt verlangt werden?
Die Frage läßt sich am anschaulichsten für den idealen Grenzfall beantworten, daß die beiden Lichtstrahlhälften tangentiell von abgehen, also die Umlaufpolygone mit dem Kreise identisch werden (Fig. 1). Die Sache liegt dann so: Von aus bewegen sich zwei materielle Punkte mit gleicher Anfangsgeschwindigkeit relativ zu zwangläufig auf dem Kreisrand, der eine links, der andere rechts herum. Da die zwangläufige Bahnkurve auf den Scheinkräften senkrecht steht, ergibt sich ohne weiteres, daß Umlaufszeit und Treffpunkt dieselben bleiben, einerlei ob das System ruht oder rotiert. Man kann auch sagen: Betrachtet man das rotierende System vom Ruhsystem aus, so
- ↑ Herrn Sommerfeld (welcher seinerzeit die Lauesche Arbeit der Münchener Akademie vorgelegt hatte) bin ich für freundlichen Hinweis, sowie Herrn v. Laue für die Zugänglichmachung seiner Arbeit zu Danke verpflichtet.
- ↑ Verh. d. D. Phys. Ges. 16, 142, 1914.
Hans Witte: Nochmals Sagnac-Effekt und Äther & Sagnac-Effekt und Emissionstheorie. Berichte der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, 16, 1914, Seite 755. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:WitteSagnac2.djvu/2&oldid=- (Version vom 1.8.2018)