Seite:Zapolska Käthe.djvu/070

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gegenüber ihrer Riesengestalt mit den breiten Schultern.

Während ihr Rock noch triefte vom schmutzigen Scheuerwasser, stand sie in der dunklen Küche da, wie betäubt vom süßen Klange dieser Worte.

Dieser ganze, durch die Rohheit der Männer ihr so verleidete Tag verlor sein düsteres Gewand, als diese Frau ihr zuflüsterte: „Mein Kind!“

Unbeschreibliche Wonne erfüllte ihr Herz und schmiedete ihre Riesengestalt in die unzerreißbaren Fesseln des Gehorsams.

In diesem kurzen Augenblicke verlor Käthe den eigenen Willen und wurde zur Maschine in den Händen ihrer Herrin. Diese Verwandlung glich der Unterwürfigkeit eines Haustieres, welches lieber die Hand leckt, die ihr Zucker reicht, als jene, die ihr mit dem Stocke droht.


Als Käthe ins Eßzimmer mit dem Samowar eintrat, bot sich ihr ein ungewöhnlicher Anblick.

Auf dem Rohrstuhle saß beim runden Tische der Hausherr vor einer Menge großer Bücher. Mit der mageren, totenfahlen Hand wendete er hastig die vergilbten Blätter um, die von oben bis unten bekritzelt und an den Rändern mit Zahlen bezeichnet waren.

Etwa ein Dutzend dieser Bücher war von gleicher Größe und rötlichem Einband mit abgestoßenen

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/070&oldid=- (Version vom 1.8.2018)