Seite:Zapolska Käthe.djvu/102

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Käthe übernahm ihre neuen Pflichten und bemühte sich, allen Anforderungen der Herrschaft zu genügen.

Dies war jedoch keine leichte Aufgabe.

Im Hause ging alles verkehrt und Käthe fühlte sich bis in das Innerste erschüttert durch dieses neue System, welches ihr durchaus nicht paßte.

Die an Geiz grenzende Sparsamkeit, die schlechte Kost und die auf ihre Schultern gewälzte Arbeitslast hätten jede andere, weniger kräftige Natur zugrunde gerichtet oder wenigstens erheblich geschwächt. Käthe erfüllte jedoch alle Pflichten jenes Haustieres, welches im gewöhnlichen Leben den Namen „Mädchen für alles“ trägt.

In aller Frühe schon tummelte sie sich in der engen Wohnung herum, um den mit astigen Brettern schlecht gedielten Fußboden aufzuwischen und zu bohnen.

Mit auf die Hüften gestemmten Armen und gerötetem, schweißtriefendem Gesicht hielt sie sich nur mit Mühe auf den beiden zerfaserten Wachsbürsten aufrecht, die immer wieder unter ihren nackten Füßen ausglitten. Wie im Dampfbade schwitzte die Riesengestalt bei der hastigen Bewegung.

Käthe aber liebte diese Arbeit und es bot ihr eine Art Zerstreuung, wenn sie durch kräftiges Aufdrücken eine glänzende Furche hinterließ, und der kleine Salon sich mit dem Dufte von geschmolzenem Wachs erfüllte, das sie mit den Bürsten hin und her rieb.

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/102&oldid=- (Version vom 1.8.2018)