Seite:Zapolska Käthe.djvu/182

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


Sie fühlte das lebhafte Bedürfnis nach einem freundschaftlichen Wort und freundschaftlichem Umgange.

Ohne dies zu wissen, machte Julia sie zur Mitschuldigen an ihrem Frevel durch ein einziges freundliches Wort, welches sie ihr in der dunklen Küche hinwarf.

Jenes Bedürfnis aber war noch lange nicht durch die sanfte Stimme eines zweiten Weibes befriedigt.

In Käthe war vielmehr das Weib erwacht, welches laut seine Rechte forderte, nicht nur in sinnlicher, sondern auch in geistiger Bedeutung.

Auch ihre Seele träumte gern am Waschfasse, wenn ein Lied aus der Kindheit mit tiefem Seufzer der von Rauch und Kochdunst erfüllten Brust sich entrang und den vom fortwährenden Feueranblasen aufgedunsenen Lippen entschwebte.

Käthe liebte zum ersten Mal.

Welchen Schlamm sie auch später durchwatete in ihrem elenden Leben, dieses Gefühl, wenn es sich auch nur in Form der Sinnlichkeit äußerte, mußte seine Spuren in der Erinnerung eines Weibes hinterlassen.

Dies ist der einzige Winkel im Frauenherzen, der sich niemals verändert. Diese Erinnerung haftet darin für immer, oft wie betäubend vor Wehmut und Schmach, aber in gleicher Weise bei der gichtbrüchigen Bettlerin, wie bei der vornehmsten Dame…

Käthe zergliederte die Gefühle nicht, die sie erfüllten, seit sie Johann kennen gelernt.

Empfohlene Zitierweise:
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/182&oldid=- (Version vom 11.5.2020)