Erstaunt über diesen ungewohnten Besuch und förmlich betroffen über das Fehlen des sonst üblichen Briefes, blickte Käthe ihr in die Augen.
Die im übrigen seltene Anwesenheit der Herrin in der Küche kündete meist deren nächtliche Ausflüge an.
Heute also mußte etwas Ungewöhnliches geschehen sein und jene einen anderen Auftrag für sie haben.
Jetzt konnte sie ohne Scheu mit ihr reden. Seit Käthe erfahren, daß die Männer alle „nichts taugen“, es aber doch ganz angenehm sei, mit ihnen zu plaudern und zu lachen, erfüllte sie Julias Wünsche um so lieber.
Auch diesmal war sie zu jedem Dienste bereit. Gewiß handelte es sich wieder um jenen jungen Herrn, und sie würde alles gern besorgen.
Übrigens wäre dies ein Vorwand mehr, um über den Hof zu laufen, wo sie soeben Johanns Stimme hörte, als er die Tapeziererfrau gründlich ausschalt, weil sie das Spülwasser mitten auf dem Hofe ausgegossen hatte.
Die Herrin aber gab ihr diesmal keinen Auftrag an den Verehrer. Mit geschlossenen Augen lehnte sie an der Wand und flüsterte ihr zu, auf welche Weise die anderen Mägde sich ihr nützlich machten. Dies sei doch durchaus kein Diebstahl. Solchen verabscheue sie selber. Was aber dem Herrn gehöre, sei auch ihr Eigentum. Was wäre also dabei, wenn Käthe den „Rest“ vom Marktgelde mit ihr teile?
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/187&oldid=- (Version vom 1.8.2018)