Noch niemals hatte Käthe solch schöne Karte gesehen. Mein Gott! Und diese war für sie bestimmt.
Sogleich steckte sie dieselbe unter den Rahmen des Heiligenbildes. Gewiß wird die Mutter Gottes sich darüber nicht ärgern!
Dies war aber noch nicht alles:
Johann zog noch ein Paketchen hervor und legte es ihr auf den Tisch. Darin befanden sich ein Paar rote, blaugestreifte, warme Strümpfe und ein Paar violette, grüngesteppte, wollene Handschuhe. Nein! Wahrhaftig, so viele Beweise von Güte hatte sie nicht verdient! Wie konnte er nur so viel Geld für sie ausgeben!
Und mit Freudentränen in den Augen dankte sie Johann für all die Geschenke. Er aber blähte sich auf, stolz über seine Galanterie, die ihn zwar einige Groschen kostete, der er aber sich nicht entziehen konnte. Wußte er doch recht gut, was sich gehört und hatte er doch schon mit so manchem Mädchen zu tun gehabt.
Vom Rest ihres Lohnes hatte Käthe auch noch etwas Bier und Likör gekauft. Als sie die Flaschen aus ihrem Versteck hervorzog und sie vor ihn hinstellte, rief er hocherfreut über diesen Anblick: „Ah! Darauf hab ich heute just Appetit!“
Und sofort legte er Messer und Gabel beiseite und labte sich an den ihm dargereichten Getränken.
Mit einem Lächeln der Befriedigung stand Käthe neben ihm und füllte sein Glas, sobald es geleert war. Sie selber trank ab und zu auch auf seinen ausdrücklichen
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 253. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/253&oldid=- (Version vom 1.8.2018)