In der geöffneten Tür des Speisezimmers stand Budowski, zitternd; auf schwankenden Füßen, hielt er sich fest an der Türpfoste, wie ein kleines Kind, welches kaum laufen gelernt.
Seine welke Gestalt glich mehr einem Gespenste, als einem lebenden Wesen und hob sich scharf ab im hellen Lichte der über dem Eßtische brennenden Hängelampe. Plötzlich war er aufgestanden, um sich im Zimmer ein wenig zu ergehen.
Höchst erstaunt war er, als er das Lachen in der Küche hörte.
„Wie? Gäste lärmen in meiner Küche? Da lohnt es sich doch, nachzusehen, was dieser Küchendragoner für Bälle gibt? Sollte dies Frauenzimmer sich wirklich erfrechen, Mannspersonen hier aufzunehmen und zu bewirten? Nein, das wäre doch zu viel!“
Und als er auf der Schwelle stand, verstummte er zunächst vor Entrüstung und rief dann:
„Barmherziger Gott! Was geht hier vor?“
Unwirsch über die unerwartete Wendung der Dinge erhob sich Johann, während Käthe es für geboten hielt, sich zu verteidigen:
„Verzeihen Sie, gnädiger Herr“, stammelte sie, indem sie sich einer Lüge des Stubenmädchens erinnerte, welches den Geliebten vor dem Zorne der früheren Frau schützen wollte. „Das… ist… mein Bruder!“
„Bruder?“ schrie Budowski, fast auf die Schwelle sinkend. „Du lügst! Das ist ja unser Johann Viebig.
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 255. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/255&oldid=- (Version vom 1.8.2018)