Seite:Zapolska Käthe.djvu/458

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Nur mit größter Anstrengung gelang ihr dies und jeder Schritt verursachte ihr die heftigsten Schmerzen, als zerschnitten tausend Messer ihre Eingeweide. Rote Flecke schimmerten ihr vor den Augen, die ihr den Blick verhüllten und sie fast blendeten.

Nur einige dunkle Gestalten noch sah sie vor sich, die langsam den Weg entlang schritten.

Sogar die Gedanken verwirrten sich ihr im Gehirn. Wer waren diese Leute? Was wollten sie von ihr? Etwa ihr Leben?…

Sie wußte nur, daß man sie gehen hieß. Also gehen wollte und mußte sie, weiter, immer weiter, ohne Ziel, ohne Ende!

Plötzlich blinkten durch das Wolkengrau einige bleiche Lichtstrahlen, in deren mattem Glanze sich den Blicken der Häscher und der Polizisten die aus dem Gebüsche hervortretende Frauengestalt zeigte.

So erschöpft und so leichenblaß sah sie aus, daß die Männer sofort in ihr die Mutter des toten Kindes erkannten, welches in dem zerfetzten Packpapier aufgefunden wurde.

Und so groß mußte die Qual und das Elend sein, welches sich in der schwankenden, gebückten Haltung und in den tief eingefallenen, von Tränen umflorten Augen ausprägte, die vor Schmerz und Angst vor sich hinstarrten, daß selbst in den gegen alle Not des Lebens so abgehärteten, fast versteinerten Herzen dieser Männer sich das Mitleid regte und der Wunsch, dieser Unglücklichen zu helfen.

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 458. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/458&oldid=- (Version vom 1.8.2018)