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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

Stellen übertrumpft noch der Hexenhammer dieses aberwitzige Märchen. Nach dem Malleus fressen zuweilen von Dämonen besessene Wölfe die in den Wiegen liegenden Kinder,[1] oder Zauberinnen töten das Kind im Mutterleib durch die einfache Berührung einer Schwangern.[2] Mitunter schafft der Teufel ein Kind statt eines andern herbei. Solche Wechselkinder schreien beständig, sind ausserordentlich schwer, nehmen aber, selbst wenn sie die vier- bis fünffache Nahrung eines gewöhnlichen Kindes erhalten, nicht zu. Sie sind zuweilen aus der Teufelsbuhlschaft hervorgegangene Geschöpfe, mitunter auch Dämonen selbst.[3] Was der Hexenhammer über die Aufhebung der Zeugungskraft, das Milchstehlen und Buttermachen seitens der Hexen, das Herbeiziehen von Gewittern und dergl. erzählt, steht auf derselben „Höhe“ der Anschauung. Die Verdienste des Malleus um die Regelung der Rechtspflege in Hexenprozessen schlägt S. Riezler[4] sehr niedrig an. Aber, selbst wenn dem Hexenhammer ein Verdienst um die Regelung des Strafverfahrens nicht abzusprechen sein sollte: im allgemeinen wird an dem vernichtenden Urteile von P. Hinschius[5] und K. Binz[6] über das Ganze kaum etwas zu ändern sein.

Billigerweise muss darauf hingewiesen werden, dass, wie die Verfasser in der Einleitung selbst andeuten, der Hexenhammer vielfach Erzählungen und Auffassungen bringt, die sich bei andern, in der Regel namhaft gemachten Schriftstellern des 15., 14. und früherer Jahrhunderte finden. In der Frankfurter Ausgabe von 1588 stehen auf der Rückseite des Titelblattes mehrere Dutzend der grossen Mehrzahl nach nicht deutscher Quellen des Malleus verzeichnet. Ziemlich unzweifelhaft haben Institoris und Sprenger in unseliger Verblendung aus den von ihnen benutzten Schriften ohne gründliches Nachdenken oder einigermassen scharfe Sichtung, oft aus dem Zusammenhang heraus, das ihnen Passende gewählt und mit besonderer Vorliebe


  1. Malleus malefic. l. c. p. 151.
  2. Ibidem p. 237: infantes in utero matris solum exteriori tactu interimere.
  3. Ibidem p. 252 et p. 471.
  4. A. a. O. S. 112 ff.
  5. P. Hinschius a. a. O. S. 403: Das verruchteste und zugleich läppischste, das verrückteste und dennoch unheilvollste Buch der Weltlitteratur.
  6. K. Binz, Doktor Johann Weyer, Berlin 1896, S. 9: Das Ganze ist ein Buch so wahnwitzig, roh, grausam und folgenschwer, wie es in solcher Vereinigung der Eigenschaften niemals weder vorher noch nachher aus eines Menschen Feder geflossen sein mag.
Empfohlene Zitierweise:
Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/44&oldid=- (Version vom 1.8.2018)