Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein

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Textdaten
Autor: Emil Pauls
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Titel: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein
Untertitel:
aus: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134–242
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Erscheinungsdatum: 1898
Verlag: Ed. Lintz
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Erscheinungsort: Düsseldorf
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[134]
Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein.[1]
Von Emil Pauls.


Einleitung.

Nicht mit Unrecht gilt die Litteratur zur Geschichte des Hexenwahns für eine unübersehbare. Wie tief die Erzählungen über Hexen- und Zauberwesen in Deutschland seit vielen Menschenaltern sich eingebürgert haben, beweist vielleicht am schlagendsten die Thatsache, dass im grossen Grimmschen Wörterbuche die mit „Hexe“ zusammengesetzten Wörter nach mehrern Dutzenden zählen. An viele dieser Wörter knüpft sich eine Geschichte, von der die Nachwelt mit dem Gefühl der Trauer und Scham sich abwenden möchte. Obenan steht in dieser Hinsicht das Wort „Hexenprozess“. Jahrhunderte haben nicht ausgereicht, um die Erinnerung an all‘ das Unrecht zu verwischen, welches in solchen Prozessen mit frecher Stirn zu Tage trat und nur allzulange auch den berechtigtsten Widerstand zu besiegen verstand. Wie allbekannt, weisen die Hexenprozesse eine merkwürdige Übereinstimmung bezüglich der von den Angeklagten abgelegten Geständnisse auf. Da ist in der Regel die Rede von der [135] Verleugnung Gottes, der Beschimpfung des Kreuzes und der Entehrung des Altarsakraments, dem allem, gleichsam als Ergänzung, das Bekenntnis eines Bündnisses oder einer Buhlschaft mit dem Teufel, der Teilnahme am Hexensabbath (Hexentanz), der Beschädigung von Mensch und Vieh, der Hervorrufung von Hagel und Ungewitter und der Verwandlung von Menschen in Wölfe oder andere Tiere zur Seite steht. Ebenso bekannt ist es, dass man die der Zauberei angeklagten Personen in seltenen Fällen der Feuer-, häufig dagegen der Wasserprobe unterwarf,[2] dass man sie in schamlosester und unmenschlichster Weise folterte, durch die Folterung die Namen angeblicher Mitschuldigen erpresste und hierdurch einen Prozess zur Grundlage zahlreicher Verfolgungen und Scheiterhaufen gestaltete. „Die Hexenprozesse“, sagt L. Ennen,[3] „stehen in enger Verbindung mit der grausigen sittlichen Verwilderung, welche sich als unmittelbare Folge unaufhörlicher Kriegswirren erklärt. Mehr noch als die Kriegsdrangsale hatte in einzelnen Ortschaften die Sucht, die sichtbare Genossenschaft des Teufels auf Erden auszurotten, das ohnedies schon kummervolle und trostlose Dasein mit Verzweiflung erfüllt, ja, scheinbar jede edle Regung und alles menschliche Erbarmen erstickt“.

Unzweifelhaft bilden anderseits die Hexenprozesse nur den Abschluss eines Systems, dessen Grundzüge im Altertum wurzeln, und dessen völlige Beseitigung vielleicht niemals gelingen wird. Zauberwesen, Hexenwahn und Hexenprozesse hängen innig zusammen. Diese drei Gebiete behandele ich im nachstehenden unter thunlichster Beschränkung auf die Geschichte des Niederrheins.[4] Die älteste Zeit berühre ich nur kurz, ausführlicher dagegen die minder dunkelen Perioden von 300–1200, 1200 bis etwa 1500, und 1500 bis zur Gegenwart. Eine ganz scharfe Sonderung zwischen Zauberei und Aberglaube erweist sich als unausführbar. Die Grenzen waren schon deshalb stets verschwommene, weil man seit jeher vielfach auch beim Aberglauben eine Art von dämonischer [136] Mitwirkung annahm.[5] Ebensowenig lässt sich mit Bestimmtheit angeben, wann am Niederrhein der Begriff „Hexerei“ aus dem allgemeinen Begriff „Zauberei“ ausschied und das Hexenwahnsystem seinen völligen Abschluss fand.[6]


I.
Die älteste Zeit bis zum Siege des Christentums.

Wie längst erwiesen, war der Glaube, dass durch Zauberei den Menschen Heil oder Unheil bereitet werden könne, schon in sehr früher Zeit vielen Völkern gemeinsam. Rheinlands älteste Bewohner, die Kelten, Germanen und Römer haben eine Ausnahme nicht gemacht. Aus manchen Stellen[7] bei Cäsar, Tacitus, Sueton und andern Schriftstellern geht hervor, dass den Kelten und Germanen schon vor ihrer Berührung mit den Römern Wahrsage- und magische Künste nicht fremd blieben, und dass in der Lehre der Druiden das Zauberwesen höchst wahrscheinlich mit an erster Stelle stand. Als die Römer am Rhein auf mehr als 400 Jahre hinaus festen Fuss fassten, verschmolzen sich ihre Sitten und Anschauungen mit denen der rheinischen Bevölkerung. Roms Legionen trugen den Aberglauben, der tief in das ganze römische Leben eingedrungen war, auch in unsere Gegenden hinein. Vielfach finden sich deshalb in viel spätern Jahrhunderten am Rhein dieselben abergläubischen Vorstellungen verbreitet, die einst in der Kaiserstadt Rom die weitesten Kreise beherrscht hatten. Einige derselben, welche für die Geschichte des Hexenwahns im Mittelalter von Bedeutung sind, seien hier erwähnt.

Wir finden zunächst den nach neuern Forschungen die ganze Erde[8] umspannenden Aberglauben vom bösen [137] Blick, da die Römer von der Möglichkeit einer Bezauberung mittels des bösen Auges (oculus fascinans) überzeugt waren. Sie nahmen ferner an, dass Zauberer es verständen, die Sonne zu verfinstern, den Lauf der Gestirne zu verändern, kurz, das Wetter zu machen, also willkürlich Regengüsse, Hagel und Gewitter herbeizuziehen oder zu entfernen. Auf das bestimmteste glaubten viele römische Frauen der höhern Stände an Zaubermittel, durch welche sich Liebe erwerben lasse. Es gab ferner Zauberformeln und Zaubersprüche, die Häuser, Gärten und Weinberge schützen sollten. Gewisse magische Wörter, meist aus auf gutes Glück hin zusammengesetzten Buchstaben entstanden, dienten als Schutzmittel gegen Feuersbrunst und Krankheiten aller Art. Zauberer führten nach dem Volksglauben durch Entziehen der Manneskraft kinderlose Ehen herbei; St. Augustin kennt zur Zeit des Niedergangs der römischen Weltherrschaft den Glauben an Dämonen, die mit den Frauen Unzucht treiben, desgleichen die auch im Gastmahl des Trimalchio und bei Plinius erwähnte Fabel der Verwandlung von Menschen in Tiere. Alle diese Züge,[9] denen manche ähnliche sich anreihen lassen, treten bei uns am Ausgang des Mittelalters unter den Anklagen in den Hexenprozessen hervor, indem sie, „wie eine ew’ge Krankheit“, durch ein Jahrtausend sich fortgeerbt hatten. Ganz besonders auffällig tritt aber die Thatsache in die Erscheinung, dass die Luftfahrten, bekanntlich ein Kernpunkt im Hexenwahn, sowohl in der germanisch-nordischen Mythologie, als in der römischen Götterwelt vorkommen. In ersterer berichten manche Zeugnisse von Walküren, von Abend-, Dunkel- oder Zaunreiterinnen, von Zauberweibern, die im Fluge die Luft durchfahren, und von Thor, dem Bezwinger der nachtfahrenden Unholden.[10] Freya reitet bei finsterer Nacht auf ihrem Eber zur heiligen Walhall, während ihre Schwester sich [138] des Wolfs bedienen soll.[11] Bei den Römern dagegen schwebte nach der Sage die Göttin Hekate, als Vorsteherin des Schattenreichs und Geisterkönigin, mit Scharen von Verstorbenen durch die Lüfte.[12] Die alte Streitfrage, ob für den Wahn der Hexenfahrten die germanische oder die römische Mythologie als Grundlage anzunehmen ist, wird mit Bestimmtheit wohl niemals zu schlichten sein. „Dies“, sagt Roskoff[13] treffend, „nicht nur wegen der Ähnlichkeit der Züge auf beiden Seiten, sondern auch, weil die Scheidelinie durch das Hin- und Herfluten der Erinnerungen auf beiden Welten, der germanischen und altklassischen, ins Schwanken gebracht und von denn Wellen überspült, kaum zu erkennen sein dürfte“.

Eine am Rhein in der ältesten Zeit gebräuchlich gewesene Wasserprobe[14] steht mit dem Aberglauben und dem Zauberwesen in Verbindung. Der Vater Rhein galt nämlich ehemals in gewissem Sinne als Strafrichter bei unerlaubten Liebesverhältnissen. Überliess man ihm die Entscheidung über Leben und Tod von Kindern, deren Abstammung zweifelhaft schien, so begrub er uneheliche in seinen Wellen, während er eheliche in die Hände der Mutter zurückgab.


II.
Die Zeit von 300–1200 n. Chr.

Zu Beginn des 4. Jahrhunderts war auch am Niederrhein der Sieg des Christentums, in dessen Lehre das Dogma vom persönlichen Teufel, dem Hauptwidersacher des Himmelreichs und Fürsten dieser Welt, mit an erster Stelle steht, endgültig entschieden. Dem Christentum fiel die Aufgabe zu, den Kampf mit dem heidnischen Aberglauben in dreifacher Gestalt aufzunehmen.[15] Es musste den heidnischen Opferkultus, die Magie, die Orakel und alle Arten der Wahrsagerei (divinatio) bekämpfen oder verbieten. Hierbei leisteten die christlichen Kaiser und Fürsten thatkräftige Unterstützung. Die von kirchlicher und weltlicher Seite bis zum Schluss der Karolingerzeit [139] in dieser Hinsicht ergangenen Bestimmungen, welche je nach den Umständen teils für die ganze Christenheit oder das römische Reich, teils nur für einzelne Gegenden des Abend- und Morgenlandes rechtsverbindliche Kraft hatten, sind anscheinend ziemlich vollständig uns erhalten geblieben. Ist es auch unzweifelhaft, dass am Niederrhein manche dieser Vorschriften ehemals zur Geltung kamen, so scheitern doch genaue Feststellungen, namentlich soweit es sich um Ergänzungen geschichtlicher Art handelt, an der Dürftigkeit der vorhandenen Quellen. Hier einige Andeutungen über die damaligen Erlasse gegen Wahrsagerei und Zauberwesen.

Zuerst im Jahre 317 schritt ein christlicher römischer Kaiser mit grosser Strenge gegen die Wahrsagerei als heidnisches Zauberwerk ein. Constantin befahl, dass jeder Opferschauer (haruspex), der sich in das Haus eines Bürgers rufen lasse, um Haruspizien anzustellen, lebendig verbrannt, das Eigentum des Bürgers konfisziert, die Angeber (accusatores) aber belohnt werden sollten. Ein zwei Jahre später erlassenes milderes Gesetz beschränkte diese harte Strafe auf diejenigen, welche durch magische Künste der Gesundheit anderer zu schaden, oder in unschuldigen Gemütern Wollust zu erwecken suchten. Dagegen sollte der Gebrauch magischer Mittel, welche Heilung von Krankheiten, oder den Schutz der Fluren gegen Wind und Wetter bezweckten, als straflos gelten. In spätern Erlassen römischer Kaiser aus dem 4. und 5. Jahrhundert ist die Rede von Magiern, die mit Hülfe der Dämonen Stürme erregen, von Frevlern gegen die Menschen und die Elemente, von der Folter, von der selbst dem Gefolge des Kaisers angehörige Personen beim Verdacht der Beteiligung an Zaubereien nicht verschont bleiben sollten, und endlich von der Todesstrafe, vollzogen durch das Abreissen des Fleisches von den Knochen mittels eiserner Haken, oder dadurch, dass man die der Zauberei schuldig Befundenen wilden Tieren vorwarf.[16]

Nach der Römerherrschaft traten für das niederrheinische Gebiet vorwiegend die Gesetze der ripuarischen und salischen Franken, sowie die Verordnungen der Merowinger und Karolinger in Kraft. Auch hierbei bleibt es bedauerlich, dass wir für die Geschichte des Zauberwesens fast ausschliesslich auf den Wortlaut der Gesetze [140] angewiesen sind. Wohl bringt der Geschichtschreiber Gregor von Tours in seinen zehn Büchern fränkischer Geschichte einige Erzählungen, in denen der Zauberei die leitende Stelle zukommt, aber alle angeführten Ereignisse gehören weit vom Niederrhein entfernten Bezirken an. Trotzdem dürfte ein kurzer Hinweis hier am Platze sein: waren doch manche Anschauungen allen fränkischen Stämmen gemeinsam, und finden wir ja bei Gregor manches Vorbild zu verschiedenen Erscheinungen des Hexenwahns in einer um fast ein Jahrtausend spätern Zeit. Die Königin Fredegund, so erzählt uns der Bischof Gregorius, welcher eine ansteckende Krankheit drei Söhne geraubt hatte, liess zuerst mehrere Frauen, schliesslich sogar auch den Hausmeier (Maiordomus) Mummolus in entsetzlicher Weise foltern, weil die Fürstin Tötung ihrer Söhne durch Zaubermittel vermutete. Die vorgeblichen Zauberinnen wurden teils erwürgt, teils verbrannt, teils auf das Rad unter Zerreissung ihrer Glieder geflochten. Mummolus, dem man Pflöcke unter die Nägel getrieben hatte, starb an den Folgen der erlittenen Peinigung.[17] Vergebens hatte eine der Unglücklichen kurz nach der Folterung ihre Angaben widerrufen. An andern Stellen bei Gregor von Tours ist die Rede von Teufelserscheinungen, von sogenannten Losungen in der hl. Schrift[18] und von dem schönen Ausspruche einer christlichen Königin gegenüber ihrem heidnischen Gemahl, dass Mars und Merkur vielleicht über Zauberkünste, nicht aber über die Macht einer Gottheit verfügten.[19] Einmal stossen wir auf den im 16. und 17. Jahrhundert zuweilen als Beweis gegen die Kunst der „Wettermacher“ angeführten biblischen Spruch: Es ist unter den Götzen der Heiden keiner, der Regen könnte geben;[20] auch vernehmen wir, dass die in Zauberkünsten wohl erfahrenen Hunnen durch das Vorzeigen von Spukgestalten über die Mannen des Königs Sigibert den Sieg davon trugen.[21] Dem von Fredegund gegebenen vereinzelten Beispiel echt merowingischer Grausamkeit lassen sich aus Gregor von Tours mehrere Beispiele eines damals milden Verfahrens geistlicher Behörden bei Anklagen auf Ausübung zauberischer Künste entgegen [141] stellen. So entliess einfach ein Bischof eine Wahrsagerin, die den Verbleib gestohlenen Gutes anzugeben verstand, nach fruchtloser Anwendung des Exorcismus. Einen seltsamen Wunderdoktor, der sich eines ungeheuern Zuspruchs erfreute, weil er vorgab, mit den Aposteln Petrus und Paulus einen Botenwechsel zu unterhalten, jagte man kurzer Hand aus der Stadt fort; ebenso auf Geheiss des Bischofs einen gemeinen Abenteurer und Zauberkünstler, der mit Kreuzen, geweihtem Öl und vorgeblichen Reliquien von spanischen Märtyrern im Lande umher zog und schliesslich sogar in der Trunkenheit eine Kirche verunreinigt hatte.[22]

Milde wie bei den Franken und Merowingern, war auch bei den Karolingern die Gesetzgebung hinsichtlich der Übertretungen auf dem Felde der Magie und des Aberglaubens. Der erschöpfenden, mehrere Jahrhunderte berücksichtigenden Zusammenstellung in Brunners[23] deutscher Rechtsgeschichte entnehme ich, unter besonderer Berücksichtigung der auf die Verhältnisse am Niederrhein anwendbaren Bestimmungen, die folgenden wenigen Angaben.

In heidnischer Zeit war nicht jede, sondern nur die Schaden verursachende Zauberei strafbar. Verpönte die christliche Lehre Zauberei schlechthin als ein Werk, das mit heidnischen oder teuflischen Mächten in Verbindung stand, so strafte dagegen das ältere Recht Zauberei nur dann, wenn sie schädliche Wirkungen herbeiführte, und etwa noch dann, wenn sie als Versuchshandlung darauf angelegt war, solche Wirkungen herbeizuführen. Unter den Begriff „schädliche Zauberei (maleficium)“ fiel auch die Vergiftung. Weil sie aus Kräutern Gifttränke bereitet, heisst die Hexe in den Volksrechten mitunter schlechtweg herbaria, und das Wort „veneficium“ ist zuweilen mit „schädliche Zauberei“ zu übersetzen.[24] Von den Hexen glaubte man auch, dass sie die Ernte schädigen und Unwetter erzeugen könnten. Das Wort Hexe bedeutet ursprünglich „die das Feld Schädigende“.[25] Tötung durch [142] Gift wird in den fränkischen[26] und oberdeutschen Volksrechten als Unterart der Zauberei behandelt, wird nach diesen und dem langobardischen Recht mit dem Wergelde des Getöteten gesühnt, doch steht im Hintergrunde der Feuertod als Privatstrafe oder als Racheakt. Gleiche Strafe verwirkte, wer durch sonstige Zauberkünste einen Menschen ums Leben brachte. Eine Stelle in dem salischen Gesetze setzt das Wergeld des Getöteten zur Busse, wenn eine Hexe überführt wird, einen Menschen verzehrt zu haben. Dass der Aberglaube, die Hexen verzehrten Menschen, nicht nur bei den salischen Franken, sondern auch anderwärts galt, und dass man Weiber wegen des Verdachts, solche Mahlzeiten gehalten zu haben, zu verbrennen pflegte, beweist Karls des Grossen bekannte Bestimmung, welche auf derartige Akte der Volksjustiz die Todesstrafe setzte. Am Niederrhein war sieben Jahrhunderte nach den Tagen des grossen Frankenkaisers dem berüchtigten Werke „der Hexenhammer (malleus maleficarum)“ der traurige Ruhm vorbehalten, dem Glauben an Menschen verzehrende Hexen neue Nahrung zuzuführen. Gegen jeden Naturtrieb, so fabelt der Hexenhammer, verschlingen die Zauberinnen kleine Kinder, und zwar vorwiegend ungetaufte; andere weihen sie dem Teufel, werfen sie auch wohl, selbst unsichtbar, trotz der Anwesenheit der Eltern, ins Wasser. Und nach der Anweisung des Teufels bereiten die Unholdinnen aus den Gliedern der von ihnen getöteten ungetauften Kinder die ihnen zur Hexenfahrt nötige Salbe.[27]

Giftmischerei und Zauberei, so heisst es weiter bei Brunner, die nicht den Tod des Opfers zur Folge haben, ahndet das salische Recht mit der auf Lebensgefährdung stehenden Busse, das ripuarische mit dem halben Wergeld. Dies aber nur dann, wenn die Missethat am Körper des Vergifteten oder Bezauberten sichtbare Spuren zurückliess. Zur Zauberei gehört nach salischem Recht als Art der Vergiftung auch das Darreichen von Getränken, durch die man einer Frau die Fruchtbarkeit benimmt oder die [143] Leibesfrucht abtreibt. So weit Brunner. Wo immer wir ferner in den Verordnungen Karls des Grossen auf Anklänge an Zauberwesen stossen, durchgehends sind es nur milde Strafen, mit denen Übertretungen bedroht werden. Wahrsager und Zauberer waren von der Zulassung zum Priestertum ausgeschlossen, Urheber von Zaubereien sollten nicht am Leben gestraft, sondern vom Erzpriester der Diöcese verhaftet, verhört und belehrt werden. Ein Umstand verdient indes eine ganz besondere Hervorhebung deshalb, weil hierbei ein wichtiger grundsätzlicher Standpunkt vielfach, meist nach dem Vorgang des bahnbrechenden Werkes von Soldan-Heppe, zu ungenau behandelt wird. Soldan-Heppe bemerkt nämlich[28] zu der vorstehend erwähnten Verordnung, nach welcher derjenige mit dem Tode bestraft wurde, „der vom Teufel verblendet nach Art der Heiden glaubte, es sei jemand eine Menschen verzehrende Hexe, und deshalb diese Person verbrannte oder ihr Fleisch essen liess“[29] wörtlich: „Hier wird also mit dem Tode nicht die Zauberei, sondern der Glaube an dieselbe bedroht“. Des weitern[30] weist Soldan-Heppe darauf hin, dass auch verschiedene andere kirchliche Bestimmungen aus dem ersten Jahrtausend der christlichen Zeitrechnung in der Zauberei weiter nichts als einen im Volke spukenden Aberglauben erblickten. Ähnlich in manchen auf Soldan-Heppe sich stützenden Schriften über den Hexenwahn. Alle derartigen Erklärungen leiden an einer innern Schwäche. Zunächst gilt bei der Verordnung Karls des Grossen, in welcher die Menschen verschlingenden Hexen vorkommen, die Androhung der Todesstrafe ganz entschieden dem Verbrechen des Menschenmords oder des Kannibalismus, nicht dem einfachen Glauben an die Möglichkeit der Zauberei. Die Anführung des Grundes, aus welchem die „Hexe“ verbrannt oder verspeist wird, hat augenscheinlich nur den Zweck, eine abergläubische, für das Leben vieler Unschuldigen gefährliche Anschauung nachdrücklich unter Berufung auf die gebotene Verabscheuung des Teufels und des Heidentums zu bekämpfen. Beim Versuch jeder anderen Erklärung häuft sich Unwahrscheinlichkeit [144] auf Unwahrscheinlichkeit. Und bezüglich der andern von Soldan-Heppe angeführten Fälle, von denen der wesentlichste am Niederrhein stets allbekannt war,[31] vielleicht sogar dort seine Entstehung fand, so ist darauf hinzuweisen, dass von der Zeit der Apostel[32] an bis zum heutigen Tage die christliche Kirche stets an der Möglichkeit[33] der Zauberei festgehalten und die Zauberei selbst als schweres Verbrechen angesehen hat. Mag es auch richtig sein, dass der Glaube an Beschädigungen des Menschen durch teuflische Zaubermacht nach dem allgemeinen Urteil der geistlichen und weltlichen Behörden in frühmittelalterlicher Zeit als ein Erbstück des Heidentums galt,[34] oder dass die Geistlichkeit bei der Bekämpfung heidnischer Sitten und abergläubischer Gebräuche manchmal mit wohlüberlegter Absicht jede Andeutung von der Möglichkeit mitwirkender dämonischer Ursachen vermied,[35] so ändert doch dies nicht das Geringste an der Thatsache, dass seitens der christlichen Kirche die Zauberei, als Möglichkeit aufgefasst, niemals in das Gebiet des Wahns verwiesen worden ist. Wohl dagegen hat lange nach dem dreissigjährigen Krieg die weltliche Gesetzgebung eine solche Verweisung in das Reich der Phantasie in verschiedenen Ländern zum Ausdruck gebracht; am Niederrhein zuerst für das preussisch-klevische Gebiet zu Beginn des 18. Jahrhunderts.[36]

Aus dem neunten und namentlich aus dem Beginn des zehnten Jahrhunderts liegen zur Geschichte des Zauberwesens am Niederrhein mehr Anhaltspunkte vor, als aus jedem der folgenden Jahrhunderte vor der Erfindung der Buchdruckerkunst. Die fränkischen und verwandten Heldensagen sind mit Märchenzauber durchwoben, und die Heldenlieder der Edda waren, wenn auch nicht in der Sprache der spätern Aufzeichnung, schon [145] im sechsten Jahrhundert am Rhein bekannt.[37] Karl der Grosse liess Heldenlieder sammeln und aufschreiben; Ludwig der Fromme wies sie zwar zurück, sein Hof blieb dagegen der Astrologie nicht ganz fern.[38] Bedarf es noch weiterer Beweise dafür, dass während der Herrschaft der Karolinger am Rhein der Glaube an Zauber mancherlei Art nicht an letzter Stelle stand? In etwa sprechen hierfür auch die zu Ende des neunten Jahrhunderts geschriebenen Erzählungen des Mönchs von St. Gallen, welche überwiegend die gewaltige Persönlichkeit Karls des Grossen in den Vordergrund stellen. Sie wurden meist vom alten Kriegsmanne Adalbert auf seinen Zügen gegen die Avaren, Wenden und Sachsen gesammelt und tragen vielfach rheinisches Gepräge. Jedenfalls waren sie ihrer Mehrzahl nach am Rhein allbekannt, wenn auch in ihnen manche andern Länder des grossen damaligen Frankenreichs vertreten sind. Da lesen wir von einem Spukgeist, der im Hause eines Schmieds mit lustigen Streichen und Necken der Hausgenossen, namentlich durch Spielereien mit den Hämmern und dem Amboss sein Wesen trieb.[39] Verschiedentlich nimmt der böse Feind, den aber das Kreuzzeichen stets besiegt, Menschengestalt an,[40] um die Sterblichen durch Ränke aller Art zu verlocken. Siegreich kämpft König Pippin mit dem Teufel im Bade zu Aachen;[41] auch bleibt in der Einleitung des zweiten Buchs der „gottverhasste, im persischen Kriege durch Gottes Gericht umgekommene Julian“ nicht unerwähnt, von dem man am Rhein im Mittelalter glaubte, dass der Satan in der Zauberei sein Lehrmeister gewesen sei.[42]

Düstere Schilderungen der sittlichen Zustände im Karolingerreich, bei denen auch auf den Zauberglauben einige grelle Streitlichter fallen, bieten die in der zweiten Hälfte des neunten Jahrhunderts teilweise in Aachen verhandelten berüchtigten Eheangelegenheiten König Lothars II. (855–869). Lothar hatte die vornehme Burgunderin Theutberga geheiratet, sie aber sehr bald verstossen, [146] um durch List und Gewalt eine neue Ehe mit der Buhlerin Waldrada zu ermöglichen. Aus den langen Verhandlungen, in die schliesslich der Papst entscheidend zu Gunsten der unglücklichen rechtmässigen Königin eingriff, geht hervor, dass im Volke der Glaube verbreitet war, Waldrada habe durch Zaubermittel den König an sich gefesselt. Erzbischof Hinkmar von Rheims ging hierauf in einem Gutachten näher ein, worüber H. Schrörs schreibt:[43] „Umständlich behandelt Hinkmar eine andere Frage, die in volkstümlicher Art das leidenschaftliche Begehren Lothars als eine Folge von Zauberkünsten erklärt wissen möchte. Mit behaglicher Breite zeigt unser Kanonist aus der hl. Schrift, der seelsorgerischen Erfahrurrg in seiner Kirchenprovinz und aus der Geschichte, dass man in der That durch Hülfe der bösen Geister wahnsinnige Liebe und unversöhnlichen Hass zwischen den Menschen säen und selbst das eheliche Beiwohnen unmöglich machen könne. Ein grauenerregendes und schmutziges Gemälde, das wohl teils die traurige Wirklichkeit, teils einen starken Rest heidnischen Aberglaubens darstellt, entrollt er vor unsern Augen und versichert noch obendrein, dass er das Schlimmste verschweige, um die Bösen nicht neues zu lehren“.

Auch die Lehren der Naturwissenschaft auf deutschem und rheinischem Boden im neunten Jahrhundert und noch in viel späterer Zeit berühren begreiflicherweise oft mit Vorliebe das Gebiet der Zauberei. Man glaubte an Quellen, die liebeskrank oder liebesmüde machten; ferner an Magier, die durch Zauberkräuter die Drachen betäubten, kühn in deren Höhlen drangen und den schlafenden Ungeheuern Krystalledelsteine von wunderbarer Schönheit und Wirkung aus dem Kopfe herausschnitten.[44]

Eine reichhaltige Fundgrube zur Geschichte des Zauberwesens und Aberglaubens am Rhein im ersten Jahrtausend unserer Zeitrechnung liefern uns zwei etwa um 906 entstandene Bücher des Abtes Regino von Prüm über die Kirchenzucht. Dem Verfasser, der im Jahre 915 in Trier starb, war ein wildbewegtes Leben beschieden. [147] Regino hatte in der stürmischen Zeit der Normanneneinfälle das Kloster Prüm in Asche sinken gesehen, dann bald nachher in den Parteikämpfen in Lothringen seiner Würde als Abt von Prüm entsagt. Hierauf gab seine Gelehrsamkeit dem Erzbischof Ratbod von Trier Anlass, ihn zu einem Werke über die Kirchenzucht anzuregen, das für die Kultur- und Kirchengeschichte der Rheinlande eine Quelle von hervorragender Bedeutung geworden ist. Durchgehends spiegelt diese Schrift[45] rheinische Verhältnisse treu wieder, was schon daraus hervorgeht, dass fast jede Einzelheit für frühere oder spätere Jahrhunderte rheinischen Lebens auch anderweitig sich nachweisen lässt.[46] Hier nur einige der für das vorliegende Thema wesentlichen Punkte. Im ersten Buch werden dämonische Zaubersprüche und Possen an einer aufgebahrten Leiche verboten. Es heisst unter Anführung eines Konzil-Beschlusses, dass Christen bei der Totenwacht mit Furcht und Ehrerbietung zu Werke gehen müssten; Zauberlieder, Scherze und Tänze bei solcher Gelegenheit seien eine von den Heiden auf Lehre des Teufels hin gemachte Erfindung.[47] Bemerkenswert dürften ferner die Fragen des von Regino gegebenen Beichtspiegels sein. Hast du, so heisst es unter anderm, Magier oder Opferschauer (haruspices), oder Beschwörer und Loswerfer befragt, hast du an Quellen und Bäumen Gelübde gemacht oder das Loos geworfen? Hast du irgend einen aus Kräutern oder andern Stoffen bereiteten Zaubertrank getrunken, um kinderlos zu bleiben, oder hast du gekostet de semine viri, damit er in Liebe zu dir entbrenne?[48] [148] Hast du nach Art der Heiden zu Anfang des Januar in die Gestalt eines Tieres dich gekleidet?[49] Hast du irgendwie durch Wort oder That die Wahrsage- oder magische Kunst ausgeübt? Hast du deinen Sohn auf das Dach oder auf den Ofen gesetzt, oder hast du im Hause eines Gestorbenen Körner (grana) angezündet?[50]

Im zweiten Buch des Reginoschen Werkes über die Kirchenzucht wiederholen sich an verschiedenen Stellen manche der im ersten Buche berührten Fragen. So ist wiederum die Rede von Gelübden an Bäumen, Quellen, und an gewissen Steinen, die gleichsam als Altäre betrachtet und mit Lichtern (candela) besetzt wurden. Solche dem Dämon geweihte Bäume, so wird angeordnet, sind mit der Wurzel auszuheben, desgleichen sind die heidnischen Opfersteine zu beseitigen.[51] Zu Anfang des Januar sollen heidnische Gebräuche fern bleiben, auch darf nicht an Glücks- oder Unglückstage, oder an den Einfluss der Gestirne auf das Geschick der Menschen geglaubt werden.[52] Schweine- und Ochsenhirten oder Jäger dürfen nicht Brot und Kräuter, die sie mit dämonischen Zaubersprüchen besprochen haben, in Bäume verstecken oder an Kreuzwegen niederlegen, um so ihr Vieh gegen Seuche und Vernichtung zu schützen, das Vieh anderer dagegen dem Untergang zu weihen.[53] Keine Arbeit darf mit Zauber-Sprüchen oder Werken begonnen werden, so namentlich auch darf man beim Sammeln von Arzneipflanzen nur das Vater unser und das Glaubensbekenntnis hersagen.[54] Bezeichnend ist die Frage, ob Jemand etwas esse, trinke oder bei sich trage, wodurch er glaube, einer Fügung Gottes entgehen zu [149] können (Dei iudicium pervertere posse)[55]. Damit wird dem noch in viel späterer Zeit überaus häufigen Tragen von Zauberbriefen, sowie dem Essen von Bissen, die mit Zaubersprüchen beschrieben waren u. dergl. ein bestimmtes Verbot entgegen gesetzt. Der Magie ergebene Kleriker, so sagt Regino unter Hinweis auf den Beschluss eines Konzils, sollen ihrer Würden entsetzt und in ein Kloster gesperrt werden. Auch wird unter Bezugnahme auf die Gesetzgebung der römischen Kaiser im vierten Jahrhundert gesprochen von Wettermachern (immissores tempestatum), ferner von Zauberern, die den Verstand der Menschen verwirren, vom Befragen der Wahrsager zur Erforschung der Zukunft, von nächtlichen, den Dämonen dargebrachten Opfern[56] und von Losungen aus der heiligen Schrift[57] (Sortes sanctorum).

Augenscheinlich fusst Reginos Werk auf gründlichen Studien, und unzweifelhaft haben seine Angaben auf viele Menschenalter hinaus bei der Bekämpfung[58] des Zauberwesens und Aberglaubens als eine vorzügliche Waffe sich bewährt. In weit höherm Masse indes als alle anderen Vorzüge zusammengenommen, sichert dem Werke des Prümer Abts in der Kirchen- und Kulturgeschichte Deutschlands der Umstand die Unsterblichkeit, dass hier zuerst der Wortlaut einer berühmten Bestimmung, des sogen. Canon (capitulum) Episcopi, uns entgegen tritt, die fast siebenhundert Jahre lang ein festes Bollwerk gegen das Umsichgreifen der Wahnideen von Hexen-Luftfahrten und Verwandlungen von Menschen in Tiere blieb. Woher Regino den Canon Episcopi nahm, ist nicht ermittelt. Im Mittelalter und bis tief ins 16. Jahrhundert hinein schrieb man ihn der Synode von Ancyra (viertes Jahrhundert) zu, weshalb er sich an zahllosen Stellen als Canon Episcopi ex concilio Ancquirensi verzeichnet findet. In neuerer Zeit gab man eine fälschlich dem hl. Augustin untergeschobene Schrift als Quelle an,[59] wahrscheinlicher [150] entstammt der Canon einer uns nicht erhalten gebliebenen Verordnung aus karolingischer Zeit. Im wesentlichen bestimmt die hochwichtige Vorschrift folgendes.

Die Bischöfe und die ihnen untergebenen Priester (ministri) sollen alle Mühe darauf verwenden, die vom Teufel erfundene Wahrsage- und magische Kunst auszurotten. Die Anhänger dieser Kunst sind aus den Pfarreien in einer für sie schimpflichen Weise zu verjagen. Warnt doch schon, so heisst es, der Apostel Paulus vor dem Umgang mit Ketzern![60] Es ist der Satan, welcher lasterhaften Frauen im Traum vorspiegelt, dass sie zur Nachtzeit auf gewissen Tieren mit der heidnischen Göttin Diana oder Herodias und einer zahllosen Schar Weiber durch die Luft ritten, um in bestimmten Nächten zusammenzukommen und ihrem Herrn zu dienen. Unzählige glauben an solche Traumgebilde. Die Pfarrer sollen in ihren Predigten solche Phantasieen als ganz haltlos erklären; im Traum sieht man manches, was in wachem Zustande nie zu Gesicht kommt. Wer an derartige Traumgebilde glaubt, weicht vom wahren Glauben ab und gehört nicht zu den Kindern Gottes, sondern zu denen des Satans. Auch darf man nicht glauben, irgend eine andere Macht als diejenige Gottes vermöge es, ein Geschöpf in ein anderes von besserer oder schlechterer Art zu verwandeln.[61]

Wenn Soldan-Heppe zu diesem von ihm mit Recht als hoch bedeutungsvoll bezeichneten Canon bemerkt, dass hier den Bischöfen zur Pflicht gemacht werde, „den Glauben an die Möglichkeit dämonischer Zauberei und an eine Möglichkeit von Nachtfahrten[62] mit Dämonen als bare Illusionen energisch zu bekämpfen“, so irrt er im ersten Punkt ganz entschieden. Die Möglichkeit dämonischer Zauberei im allgemeinen hält der Canon auf das bestimmteste fest, indem er von vornherein [151] auf die Vertreibung der Magier Bedacht zu nehmen befiehlt und die magische Kunst eine Erfindung des Teufels nennt. Weiter bezeichnet allerdings der Canon die Hexen-Luftfahrten und die Verwandlungen in Tiere als Hirngespinste, spricht also damit einem weit verbreiteten Aberglauben die Daseinsberechtigung ab. Aber die Fassung ist nicht bestimmt genug,[63] denn fast 600 Jahre nach Regino haben namentlich die Verfasser des Hexenhammers bei ihrem spitzfindigen Versuche des Beweises, dass der Canon an einer bezüglich der Luftfahrten[64] und gewisser Tierverwandlungen[65] zuweilen vorkommenden Wirklichkeit nichts ändere, manche Nachbeter gefunden. Jedenfalls darf es als ein Glück für die Sache bezeichnet werden, dass in Deutschland und am Rhein der gesunde Sinn der geistlichen und weltlichen Behörden bis zum Ausgang des Mittelalters bei der Auslegung des Canon Episcopi durchgehends zwischen Illusion und Möglichkeit der Illusion nicht unterschied, sondern praktischerweise diese Wahngebilde krankhaften seelischen oder körperlichen Zuständen zuschrieb.

„Mit dem Anbruch des elften Jahrhunderts“, sagt Siegel[66] „schwand der schwache Halt, den das vor Zeiten gesetzte geschriebene Recht an den schriftkundigen Richtern seither besessen hatte. Im Kampf mit den äusseren Feinden verwilderte die deutsche Nation, und die Folge trat auf dem Rechtsgebiet alsbald ein: das gesetzte Recht, welches gegolten, weil es geschrieben stand, kam in Vergessenheit und Abgang, während an seiner Statt ein neues Gewohnheitsrecht sich bildete.“ Für das Zauberwesen bedarf es somit keiner Auseinandersetzung darüber, dass hervorragende Erlasse weltlicher Behörden für die ersten zwei Jahrhunderte nach dem Tode Ottos III. auf deutschem Boden nicht zu verzeichnen sind. Kaum anders am Niederrhein auf kirchlichem Gebiete. Die in den Kölner Diözesan-Statuten niedergelegten kirchlichen Vorschriften aller Art beginnen erst unter Erzbischof Konrad von Hochstaden (1238–1261) umfangreicher und [152] bedeutungsvoller zu werden,[67] während ziemlich gleichzeitig die verschiedenen, Jahrhunderte hindurch in Gebrauch gewesenen und für die Beurtheilung der Sitten ihrer Zeit wertvollen Bussordnungen oder Beicht-(Pönitential-)Bücher verschwinden. Seit der zweiten Hälfte des 11. bis zum 13. Jahrhundert, ja bis ins 14. hinein, kamen zwar – anscheinend indes nicht in den Rheinlanden – einige neue Beichtbücher zum Vorschein, damit ging aber die Zeit der Bussordnungen zu Ende.[68] Für die Rheinlande ist eine an den Namen des Bischofs Burkhard von Worms (1000–1025) sich knüpfende Bussordnung[69] vielleicht die letzte, jedenfalls aber nächst Regino die bedeutendste ihrer Art gewesen. Burkhard von Worms, in der Geschichte berühmt und bekannt als der grösste Kanonist seiner Zeit,[70] hat augenscheinlich die Mehrzahl seiner Fragen aus der Praxis des Lebens gegriffen. Vielfach hat ihm Reginos Werk über die Kirchenzucht zur Vorlage gedient, vielfach aber auch stossen wir auf bei Regino fehlende Einzelheiten. Das Zauberwesen und der Aberglaube kommen in Burkhards Bussordnung häufig vor; nachstehend einige Auszüge.[71]

Burkhard spricht bei der Verurteilung der abergläubischen Verehrung der Elemente, der Sonne und des Mondes besonders auch von der Sitte, bei Abnahme des Mondlichtes durch Geschrei oder andere Hilfe dem Monde seinen Glanz wieder verleihen zu wollen.[72] Um die Jahreswende wurde, wohl für Dämonen und Holden, der Tisch mit Lichtern und Speisen besetzt. Unterdessen starrte der Hausherr, mit dem Schwert umgürtet, vom Dache seines Hauses aus in das Dunkel, um etwas über sein Geschick im kommenden Jahre zu sehen oder zu erfahren; oder er sass statt dessen zu gleichem Zweck auf einer Stierhaut am Kreuzweg, oder in seinem Hause wurde [153] aus der Form des Aufgehens des Brodteigs beim Backen die Zukunft prophezeit.[73] Zaubersprüche und Aberglaube waren bei den Wollarbeiten der Frauen gebräuchlich;[74] sie begegnen in der Weihnachtsnacht,[75] bei Gelegenheit des Krankenbesuchs,[76] an der Totenbahre,[77] bei der Behandlung der Leichen ungetaufter Kinder[78] und der Leichen Ermordeter.[79] Der erste Hahnenschrei am frühen Morgen verscheucht böse Geister, das Gekrächze der Krähen ist von Bedeutung beim Antritt einer Fussreise. Erwähnt werden ausser der Verehrung Jupiters am Donnerstag,[80] neckische Kobolde, Parzen, Waldfrauen und die drei Schwestern,[81] denen der Tisch gedeckt wird. Gegen die Leichtgläubigkeit zieht Bischof Burkhard weit schärfer als Regino zu Felde. Er bekämpft den Wahn, dass durch Zaubersprüche Milch und Honig entwendet oder junge Haustiere getötet werden könnten.[82] An drei Stellen[83] spricht er von Luftfahrten und Gehen durch verschlossene Thüren, wobei er, wie S. Riezler treffend bemerkt, den Glauben an Unholden und Hexenfahrten geradezu auf die Dummheit des Volkes zurückführt. Schon die Höhe der von Burkhard auf Übertretungen in Sachen des Aberglaubens gesetzten Kirchenstrafen beweist, wie ernstlich es ihm darum zu thun war, gewissen Wahnbegriffen den Lebensfaden zu unterbinden. Bischof Burkhard darf daher mit Recht als einer der hervorragendsten Bekämpfer des Hexenwahns und Aberglaubens in älterer Zeit bezeichnet werden.

[154] Unter den in den Rheinlanden in den ersten Jahrhunderten nach der Regierung der Ottonen auftauchenden Sekten treten die Katharer besonders dadurch hervor, dass sie im Verdacht des Teufelskultus und damit gewiss auch der Kenntnis dämonischer Zaubermittel standen. In Trier warf man ihnen das Küssen eines geheimnisvollen blassen Mannes und eines – Katers vor;[84] Berthold von Regensburg[85] glaubte(?), sie verkehrten mit Geistern, und am deutlichsten sprach sich über ihr Bündnis mit der Hölle die hl. Hildegard in einem Schreiben an den Klerus in Köln aus. „Dieses Volk“, so sagt die Seherin vom Rupertsberg bei Bingen, „ist vom Teufel verführt und gesandt. … Der böse Feind ist mit ihnen, … sie sind schuldig der Laster Baals und anderer schlechter Werke“.[86] Wahrscheinlich war es ein zum Tode verurteilter Katharer, der im Jahre 1163 in Köln kurz vor dem Auflodern des Scheiterhaufens, wohl zum Zwecke der Konsekrierung, Brot und Wasser verlangte, was man ihm aber aus Furcht vor Wirkungen dämonischer Art verweigerte (Aliquid hinc fieri possit opere diabolico).[87] Der Glaube, dass die Eucharistie und das Chrisma zuweilen zu Zauberzwecken missbraucht wurden, dürfte im 12. Jahrhundert am Rhein ziemlich verbreitet gewesen sein. Cäsar von Heisterbach, dessen Erzählungen zum grossen Teil dem 12. Jahrhundert entstammen, berichtet von einer Frau, die eine geweihte Hostie zauberischer Absichten halber aus dem Munde nahm und in ein Tuch wickelte;[88] ein anderes Weib säte angeblich den Leib des Herrn unter Kräuter und Gemüse.[89] Gegen den Missbrauch des Chrisma zu geheimnisvollem Zweck eifert schon Bischof Burkhard von Worms,[90] [155] während in viel späterer Zeit Nider[91] vom Ziehen eines Fadens durch das Chrisma spricht, wobei eine auf Zauberei hinauslaufende Absicht zu Grunde liege.

Die vielfach von den Sektierern im Laufe der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts in der Kölner Gegend zu Tage geförderten Zauberkünste liessen sogar in weiten Kreisen den Glauben aufkommen, dass die Ankunft des Antichrist bevorstehe.[92] Einer der wenigen ältern Fälle, in denen von der Todesstrafe wegen des Vergehens der Zauberei berichtet wird, liegt aus Köln zum Jahre 1074 vor. Dort stürzte man eine Frauensperson von der Stadtmauer hinab in die Tiefe, weil die Unglückliche im Verdacht stand, durch magische Künste die Menschen wahnsinnig machen zu können.[93] Vielleicht stützte sich die Anklage auf Beziehungen zwischen dem Mond, der Zauberin und dem Teufel;[94] oder man glaubte an Liebeszauber.

Im Gefolge der hohen religiösen Begeisterung, die sich im Zeitalter der Kreuzzüge zur Eroberung des heiligen Landes kundgab, wurden feierliche Erhebungen und Übertragungen von Heiligengebeinen auch am Rhein immer häufiger, ebenso grössere Pilger- und Wallfahrten. Damit wuchs aber auch die Legendenbildung, in welcher bekanntlich Zauberer und Teufel niemals an einer der ersten Stellen fehlen. Allüberall in der Sage griff der Böse mit seinen Dämonen in die Angelegenheiten des Menschen ein, allüberall hatte er seine Hand im Spiele.[95] Er erscheint bald in Tier- (Kröte, Affe, Hund, Katze u. s. w.), bald in Menschengestalt, und zwar ebenso als Weib wie als [156] Mann.[96] Wie aus den Erzählungen des Mönchs von Heisterbach hervorgeht, waren zu Beginn des 13. Jahrhunderts hunderte und aberhunderte Teufels- und Gespenstersagen der rheinischen Bevölkerung bekannt. Dem Aberglauben und dem Zauberwesen war augenscheinlich im Laufe einiger Menschenalter neue Nahrung in reichem Masse zugeführt worden. Dadurch aber hatte sich die Bekämpfung und Untergrabung des Wahnwitzes weitaus schwieriger gestaltet, als zu den Zeiten Reginos von Prüm und Burkhards von Worms.


III.
Die Zeit von 1200 bis zum Erscheinen des Hexenhammers.

G. Roskoffs Wort, dass der Mensch des Mittelalters von Wundern und Zauberei sich umgeben glaubte und dadurch oft in eine krankhafte Spannung geriet, darf man ziemlich unbedenklich auf die Verhältnisse am Niederrhein zu Anfang des 13. Jahrhunderts anwenden. Einen Beweis für die damals bei uns herrschende Wundersucht liefern die zahlreichen, bald nach 1222 geschriebenen Erzählungen des Cisterciensers Cäsar von Heisterbach. In gewandter Darstellung mischt Cäsarius Sagenhaftes und Wahres, Ernstes und Heiteres; seine Schriften gelten nicht mit Unrecht als eine Fundgrube ersten Rangs für rheinische Kultur- und Sittengeschichte. Vielfach stossen wir dabei, soweit Anklänge an das Zauberwesen in Betracht kommen, auf Einzelheiten, die bei Regino von Prüm oder Burkhard von Worms nicht fehlen, oder aber in nur wenig geändertem Gewand in den Hexenprozessen des 16. und 17. Jahrhunderts wiederkehren. Da ist unter anderm die Rede von Luftfahrten, Teufelsbündnissen und Teufelsbuhlschaft, Hostienschändung und der Verbrennung eines magus et maleficus. Selbst Wettermacherei fehlt nicht ganz. Verstand es doch einmal [157] ein Dämon, durch Erregung eines sehr heftigen Windes eine Kanzelrede vollständig unverständlich zu machen.[97] Will man indes aus den Angaben des Erzählers Schlüsse auf die Geschichte der Entwicklung des Hexenwesens ziehen, so darf man nur mit äusserster Vorsicht zu Werke gehen. „Viele der Teufel und Dämonen des Cäsarius“, sagt A. Kaufmann, „die ungeberdigen, gewaltsamen, grotesk-komischen, wie die freundlichen, dienstfertigen, Segen bringenden entpuppen sich als Riesen, Kobolde, Lichtelben, welche alle mit dem Vater der Lüge nichts zu schaffen haben. Weibliche Gespenster verwandeln sich in die weissen Frauen unserer Sagen; die Erzählungen, wie Gerhard von Holenbach und andere durch den Mantel oder das Ross eines Teufels in einem Nu nach dem Morgenland oder in sonstige weit entlegene Gegenden entführt werden, sind Nachklänge an Wuotans Wunschmantel oder das Ross Sleipnir.“[98] Neben dieser Vermengung mit mythologischen Zügen kommt weiter das Fehlen einiger für die Geschichte des Hexenwahns nicht unwesentlichen Momente in Betracht. Anscheinend kennt Cäsarius die Tierverwandlung ebensowenig wie jene Zauberei, durch welche der Zweck der Ehe vereitelt wird,[99] oder wobei aus schwarzer Salbe Raupen und andere schädliche Tiere entstehen. Wehrwolf- und Impotenzgeschichten mag der schlichte Mönch teils für unglaublich, teils für ungeeignet zur Mitteilung gehalten haben. Wichtig für unser Thema sind seine Mitteilungen über den Teufelsbund und die Teufelsbuhlschaft. Die Vorstellung, dass der Mensch zuweilen mit der Hölle einen Bund schliesst, um sich persönliche Vorteile zu verschaffen, und dass sogar der Böse mitunter nicht ohne Erfolg versucht, mit den Sterblichen in Geschlechtsverkehr zu treten, ist dem Heisterbacher Mönch ganz geläufig. Zur Geschichte des Teufelsbunds im allgemeinen macht Soldan-Heppe[100] auf die Theophilus-Sage aufmerksam, die unter Justinian I. im Orient spielte und im Abendland im zehnten Jahrhundert bekannt wurde. Ziemlich gleichzeitig mag aber am Rhein eine andere Sage dieser Art verbreitet gewesen sein, die der [158] Mönch von St. Gallen zu Ende des neunten Jahrhunderts bringt, und in der deutlich die Idee eines dauernden Bunds zwischen Mensch und Dämon zu Tage tritt. Da verspricht nämlich der Teufel einem armen Schlucker grossen Reichtum, wenn er auf immer sich ihm verpflichten wolle.[101] Die in der ganzen Christenheit verbreiteten Papstfabeln, nach denen von Sylvester II. an bis auf Gregor VII. jeder Papst durch ein Teufelsbündnis auf den Stuhl des hl. Petrus erhoben worden war,[102] können am Rhein nicht unbekannt geblieben sein. Kurz, es darf nicht auffallen, dass Cäsar von Heisterbach den Vertrag zwischen Mensch und Satan in jeder Form kennt.[103] Er kennt die vom Teufel verlangte Leistung des Huldigungseides, die Abschwörung Gottes und seiner Mutter, den mit dem Blut des Verführten geschriebenen Kontrakt.[104] In mehrern Erzählungen berührt er die Teufelsbuhlschaft. Ein Weib hat sechs Jahre lang Umgang mit dem Bösen, der sie öfters sogar ungesehen an ihres Mannes Seite besucht. Die Tochter eines Priesters zu Bonn bezeichnet der Böse dem Vater gegenüber als des Teufels Gattin, und ein liederlicher Scholastikus zu Prüm buhlt mit dem Satan, der die Gestalt seiner Geliebten angenommen hatte. Dagegen fehlt bei Cäsarius in den Erzählungen über Bund und Buhlschaft mit den Dämonen ein in den spätern Hexenprozessen fast ausnahmslos wiederkehrender Umstand: die Verbündeten der Hölle erhalten nicht die Anweisung und die Mittel, ihre Mitmenschen an der Gesundheit oder an Hab und Gut zu schädigen. In dieser Hinsicht war augenscheinlich der Hexenglaube in Deutschland zur Zeit des Cäsarius nicht entwickelt.[105] Ausser dem Heisterbacher Cistercienser sind für das 13. Jahrhundert in der Geschichte des Hexenwahns am Rhein namentlich noch drei theologische Schriftsteller, alle Dominikaner, zu nennen: Thomas von Chantimpré, Thomas von Aquin und Albertus Magnus. Thomas von Chantimpré, ein geborener Brabanter, hat sowohl als Schüler Alberts des Grossen, als auch auf [159] seinen Reisen, jahrelang am Rhein verkehrt. In seinem Werk über den Bienenstaat[106] verlegt er sehr viele Erzählungen in rheinische Gegenden, wodurch seine Anführung an dieser Stelle sich rechtfertigt. Ebensowenig wird es einer Rechtfertigung bedürfen, dass ich auf einzelne zum Thema gehörigen Lehren Thomas von Aquins kurz hinweise. Hat doch der berühmte Doctor angelicus längere Zeit mit Albertus Magnus zusammen in Köln gelebt, und werden ja seine Lehren über einige Punkte des Hexenwahns im Zeitalter des Hexenwahns meist mit an erster Stelle, auch in rheinischen Werken, citiert. Für Albertus Magnus war Köln die zweite Heimat; er wird auch Albert von Köln genannt. Ein reicher Sagenkreis umflicht seine gewaltige Persönlichkeit. „In diesem folgen auf mehr oder minder unheimliche Züge der Zaubersage eine Reihe schöner Bilder zur Verherrlichung des Albertus nach seinem Tode, welche die düstern Schatten der Zauberei von dem Andenken des grossen Mannes im Geist des Volks mit Glück verscheuchten.“[107] Was Albertus Magnus über Zauberei gelehrt hat, trat im Laufe der Zeit vollständig zurück vor den im wesentlichen gleichen Lehren seines auf theologischem Gebiet grössern Schülers Thomas von Aquin. Die Zaubersagen des Albertinischen Sagenkreises geben indes manche wertvolle Anhaltspunkte über die Auffassungen am Rhein vor mehr als einem halben Jahrtausend.

Ich beginne mit Thomas von Chantimpré. Ganz wie bei Cäsarius von Heisterbach scheint in seiner um 1263 entstandenen Schrift über den Bienenstaat das Element der aus zweiter Hand schädigenden Magie zu fehlen. Der Verfasser kennt Wettermacherei, Teufelsbund, Teufelsbuhlschaft und alle Arten von Dämonen und Teufelsspuk, verzeichnet indes ebenfalls nicht, dass der Teufel bei Zusammenkünften der von ihm Verführten diese zur Schädigung ihrer Mitmenschen angewiesen oder belehrt habe. Sehr bemerkenswert sind die Erzählungen über Luftfahrten und Teufelsbuhlschaft. Hier ist der um 40 Jahre ältern Arbeit des Cäsarius gegenüber ein gewisser Fortschritt zu verzeichnen, indem bei den Luftfahrten nicht die Mythologie, sondern der unheimliche, in den spätern Hexenprozessen vorwaltende Dämonismus [160] sich breit macht. Sehr glaubwürdige Berichte[108] von Dominikanern und Franziskanern aus Deutschland melden, so heisst es u. a., dass die in einem Nonnenkloster erzogene Tochter des Grafen von Swanenborch öfters während der Nacht auf mehrere Stunden entführt wird. Vergebens umschlang sie einst, um dies zu verhüten, ihr leiblicher Bruder auf das festeste mit seinen Armen. Als die bestimmte Stunde nahte, wurde ihm die Schwester von unsichtbarer Macht mit unwiderstehlicher Gewalt entrissen. – Wie oft haben wir, sagt ferner Thomas von Chantimpré, in unsern Zeiten gehört, dass Frauenspersonen, die gleichsam im Todes-Starrkrampf lagen, plötzlich geraubt wurden, dass an ihre Stelle die Dämonen ihnen sehr ähnliche Schattenbilder legten, welche man begrub, während in Wirklichkeit die Geraubten unter ihren Mitmenschen verkehrten.[109] – Wichtiger als diese durch ein paar ganz unsinnige Fabeln gestützte Behauptungen ist des Verfassers Angabe, dass die durch Dämonen Entführten krank und geisterbleich seien, und dass in ihnen stets die Sehnsucht nach einer Wiederholung der Entführung wach bleibe.[110] Hierin liegt ein Körnchen Wahrheit verborgen: der berechtigte Zweifel an der von manchen Seiten behaupteten Wirklichkeit. Bei seinen Erzählungen über Teufelsbuhlschaften berührt Thomas von Chantimpré die Frage, ob aus diesen Verbindungen Kinder hervorgehen könnten. Er bejaht sie unter Hinweis auf Beda und viele andere Schriftsteller, drückt sich aber sehr zurückhaltend aus. [161] Des Verfassers übrige Angaben über Dämonismus sind wenig belangreich.

Aus den Lehren des hl. Thomas von Aquin sind zur Geschichte des Hexenwahns besonders drei Einzelheiten wichtig: Die Teufelsbuhlschaft, das Wettermachen und die Entstehung sogen. unvollkommener Tiere. Schon St. Augustin hatte über Buhlschaften, wobei der Teufel in Frauengestalt mit Männern, in Männergestalt mit Frauen einen geschlechtlichen Verkehr (Incubus et Succubus) anbahnt, zurückhaltend sich geäussert.[111] Wie bei so manchen Punkten des Hexenwahns sucht man auch hierbei nach einer bestimmten kirchlichen Entscheidung vergebens. Mehrere Gottesgelehrte haben schon in alter Zeit mit der Frage sich befasst, ob aus einer solchen Verbindung Kinder hervorgehen könnten. Thomas von Aquin bejaht diese Frage und auf seine Ausführungen berufen sich mit Vorliebe die Schriftsteller aus dem Zeitalter der Hexenprozesse.[112] Jedenfalls – nähere Erörterungen wären hier zwecklos – fusste der berühmte Kirchenlehrer auf den Angaben älterer Theologen, deren Ansichten er in nur wenig geänderter Form wiedergab.[113] Lässt sich bei seiner Incubus-Generations-Theorie der Einfluss naturwissenschaftlicher Anschauungen des Aristoteles[114] nicht nachweisen, so tritt dagegen dieser Einfluss [162] deutlich bei seinen Angaben über Wettermachen und das Entstehen sogenannter unvollkommener Tiere hervor. Thomas von Aquin spricht sich dahin aus, dass beim Wettermachen zu unterscheiden sei zwischen der vollkommenen, nur Gott zustehenden Beherrschung der Witterung, und der auf einem kleinen Raume seitens der Dämonen durch künstliche Mittel zu stande gebrachten Witterung. Winde, Regen u. dergl., so etwa sagt er, entstehen aus Dämpfen und Wasser; um sie zuweilen aussergewöhnlich irgendwo hervorzurufen, reicht die Naturkenntnis der Dämonen aus (Naturalis virtus daemonum sufficit).[115] Unvollkommene Tiere, Frösche, Schlangen u. s. w. können aus der Gährung oder Fäulnis (putrefactio) sich entwickeln.[116]

Unzweifelhaft war es ein Unglück für die Sache, dass Thomas von Aquin dem Glauben an Incubus-Kinder, Wettermachen und Urzeugung, in den beiden letztern Punkten gestützt auf Aristoteles, den Glanz seines Namens lieh. Dass der in der Theorie der Erzeugung von Incubus-Kindern zu Tage tretende ekelhafte Aberwitz vom Ende der Römerherrschaft ab auf mehr als ein Jahrtausend hinaus gläubige Anhänger finden konnte, dies darf man als eine der rätselhaftesten Erscheinungen in der an Rätseln aller Art so reichen Geschichte des Hexenwahns bezeichnen.[117] Erklärlicher sind die Anschauungen über das Wettermachen und die Entstehung kleinerer Tiere. [163] Man hatte eben ehemals wenig Verständnis für die wunderbare Grösse und Einheit der Naturkräfte und das berühmte „Omne vivum e cellula (ex ovo)“.

Aus dem Leben Alberts des Grossen gebe ich zunächst einige auf das Zauberwesen und den Teufelsglauben bezügliche Einzelheiten, die wir seinem Schüler Thomas von Chantimpré verdanken. Einst erschien Albert dem Grossen ein Teufel in der Gestalt eines Ordensbruders, um ihn vom Studium abzuhalten, doch wurde der Böse durch das Kreuzzeichen besiegt.[118] Auf die von Thomas von Chantimpré an seinen Lehrmeister gerichtete Frage, was er von den Schattenbildern halte, die an der Stelle der durch die Lüfte entführten Frauen im Bette lägen, wich Albertus aus und wollte eine Entscheidung nicht treffen.[119] Dagegen erzählte er[120] in Paris, als man beim Bischof über die Luftfahrten der Frauen in lebhaften Erörterungen sich erging, den Fall von der den Armen ihres Bruders entrissenen Tochter des Grafen von Swanenburg. Nur vereinzelt[121] wird Albertus Magnus von den Schriftstellern, die im Zeitalter des Hexenwahns über Zauberwesen schreiben, citiert. Der Hexenhammer führt ihn an bei der Erörterung der Frage, ob die Dämonen Tiere „machen (facere)“ könnten. Es heisst, auch Albertus habe diese Möglichkeit in seinem Werke über die Tierwelt in eingeschränktem Sinne und nur für unvollkommene Tiere[122] gelten lassen wollen.

Der Albertinische Sagenkreis bildete sich in den ersten 120 Jahren nach dem Hinscheiden des irn Jahre 1280 gestorbenen grossen Gelehrten. In ihm sind fast sämtliche wesentlichen Züge der spätern Faustsage [164] nachweisbar.[123] Einige Zaubersagen seien hier angedeutet. Beim Bankette des Königs Wilhelm zu Köln sass Albertus Magnus zur Rechten des Königs. Er verstand es, bläuliche Flammen aus den Weinhumpen emporlodern zu lassen, dann aber zauberte er aus den Überbleibseln des Gastmahls die herrlichsten Gerichte und Früchte hervor. Der Spuk verschwand ebenso schnell, wie er gekommen war. Ein anderes Mal zauberte Albertus in einen unscheinbaren Sack zwei schwarze Männer hinein, die den Träger des Sacks, der dem Meister lästig gefallen war, auf dem Heimweg tüchtig durchprügelten. Einen Teufel hatte Albert so gezähmt, dass er in Menschengestalt seine Befehle entgegen nahm; eine magische redende Bildsäule verlor der Meister durch die Unachtsamkeit und Angst eines seiner Schüler. Vom Papst hatte Albert die Erlaubnis, sonder Sünde die schwarze Kunst zu üben. Dies deshalb, weil er einst den Papst durch Zauberei aus den Händen einer grossen feindlichen Kriegsschar gerettet hatte. Eine französische Königstochter wurde von Albertus durch die Lüfte von Paris nach Köln entführt; bei einer andern Luftfahrt trug dagegen der Böse, der mit dem „Bruder Albert“ die ganze Welt durchzogen hatte, ihn auf seinem Rücken zum Papst nach Rom. Geradezu seltsam blitzt aus all‘ diesen Zügen die Gespensterfurcht nebst dem Glauben an Teufelsbund und Luftfahrten hervor.

Jedenfalls war am Ende des 13. Jahrhunderts und sogar bis noch in das 15. Jahrhundert hinein am Niederrein das Hexenwahnsystem nicht ganz vollständig ausgebildet. Die Vorstellung, dass unter dem Vorsitz des Satans nach den Luftfahrten oder den Entführungen durch Dämonen nächtliche Orgien gefeiert würden, mag stellenweise vertreten gewesen sein, hatte aber für das grosse Ganze wenig Beunruhigendes. Dank den gesunden Anschauungen des Canon Episcopi glaubte ein grosser Teil der Bevölkerung an Luftfahrten nicht, zudem fehlte, wie bereits erwähnt, die Furcht vor Zaubermitteln, welche den Teilnehmern an den Gelagen in der spätern Fabel übergeben wurden. Welche Gründe einen Umschwung in den Anschauungen herbeiführten, und wann bei uns der Umschwung im Sinne einer schärfern Beobachtung und Verfolgung der Zauberei eintrat, wird vielleicht niemals mit voller Bestimmtheit sich ermitteln [165] lassen. Man hat in zahlreichen Schriften bei der Darstellung der allgemeinen Geschichte des Hexenwahns eine Reihe derartiger Gründe zusammengestellt: Den Einfluss der Kreuzzüge, der mohammedanisch-arabischen Wissenschaft und der jüdischen Litteratur, die Zunahme des Aberglaubens, das Auftreten verschiedener Sekten, und namentlich die Wirksamkeit der Inquisition. Ein Eingehen auf diese Gründe, von denen mehrere auch für den Niederrhein zutreffen, würde zu weit führen; hier nur einige Notizen über die Inquisition. Durchgehends reihte man vor 6–700 Jahren Zauberei unter Ketzerei ein. Schon der Canon Episcopi warnt von dem Verkehr mit Zauberern, da der Apostel eine Gemeinschaft mit Häretikern nicht wünsche. Und da man die Sektierer als Teufelsdiener[124] betrachtete, bedarf es keines Beweises, dass die Grenze zwischen Häresie und Zauberei stets eine sehr verschwommene gewesen ist. Bestand auch eine Gegenströmung,[125] welche die Grenze schärfer zu ziehen versuchte und stellenweise zum Ziel kam, so unterlagen doch durchgehends fast allenthalben Ketzer und Zauberer derselben Strafe (Feuertod) und derselben Gerichtsbarkeit, also seit dem 13. Jahrhundert der Inquisition, in den Ländern, wo diese ihre Wirksamkeit frei entfalten konnte. Über die Geschichte der Inquisition am Niederrhein ist sehr wenig bekannt. Die Regesten der Kölner Erzbischöfe, die bis 1304 gesammelt vorliegen, enthalten über die Inquisition in den Rheinlanden ungefähr nichts;[126] Gleiches gilt von den sonst so reichen Beständen des Düsseldorfer Staatsarchivs, und auch in den Kölner Diözesanstatuten sucht man das Wort „Inquisition“ vergebens. Die Namen mehrerer vom Papst für das Gebiet der Erzdiözese Köln ernannten Inquisitoren[127] sind bekannt, doch finden sich nur schwache Spuren einer kurzen Wirksamkeit.[128] Bis zur Reformation lag dem Prior der Dominikaner in Köln, dem der dortige Erzbischof einen Inquisitor beiordnete, [166] die Führung der Untersuchung gegen Sektierer im Mainzischen, Trierischen und Kölnischen ob; dieses Amt wird im Jahre 1569 als ein längst eingegangenes bezeichnet.[129] Alles zusammengenommen, so ist das über die Inquisition am Niederrhein zur Zeit vorliegende Material ein recht dürftiges. Höchst wahrscheinlich hat ehemals die Wirksamkeit der Inquisition in den uns benachbarten Gebieten, in Verbindung mit dem Bekanntwerden der Schriften der Inquisitoren und Dominikaner Eymericus, Nider, Jacquier u. a. eine Verschärfung der Auffassung zu Ungunsten der der Zauberei Beschuldigten auch am Niederrhein bedingt. Und in diesem Falle dürfte S. Riezlers (a. a. O. S. 10) inhaltsschweres, durch viele Beweisgründe gestütztes Wort, dass die Inquisition den Hexenwahn verkirchlicht und in ein System gebracht habe, im grossen Ganzen auch für niederrheinische Verhältnisse schwer widerlegbar sein. Aber ein abschliessendes Urteil wird erst eintreten können, nachdem die Quellen zur Geschichte der Inquisition mehr als bisher erschlossen sein werden. Vorläufig lässt sich bei manchen Einzelheiten aus der Geschichte der Entwicklung des Hexenwahns am Niederrhein die Kluft zwischen den Anschauungen des 13. Jahrhunderts und denen des ausgehenden Mittelalters nicht ganz überbrücken.

Auf die bekannten Erlasse Ottos IV. und Friedrichs II., welche die Verurteilung der Häretiker durch weltliche Behörden erleichterten, sowie auf die Treuga (1230) des römischen Königs Heinrich, des Sohnes Friedrichs II., nach welcher die Bestrafung von Ketzern und Zauberern dem Ermessen des Richters anheimgestellt wurde,[130] braucht hier nicht eingegangen zu werden. In ziemlich gleichlautender Fassung setzen der Sachsen- und der Schwabenspiegel auf Ketzerei und Zauberei den Feuertod, die gleiche Strafe bestimmen norddeutsche Stadtrechte. Für den Niederrhein fehlen für das 13. Jahrhundert Erlasse weltlicher Behörden gegen Zauberei. Vereinzelte Erzählungen deuten indes an, dass auch bei uns die im Süden und Norden Deutschlands übliche Strafe des Feuertods bei der Tötung sog. Zauberer und Ketzer zur Anwendung gekommen sein soll.

[167] In dem von der Mitte des 13. Jahrhunderts an aufstrebenden kanonischen Rechte fand der berühmte Canon episcopi neben einigen andern hier bereits angedeuteten weniger wesentlichen Bestimmungen über Zauberwesen Aufnahme. Eine Kölner Diözesansynode unter Erzbischof Siegfried von Westerburg (1275–1297) sprach die Exkommunikation gegen diejenigen aus, welche durch Zaubermittel dem Zweck der Ehe zu schaden suchten, und erklärte gleichzeitig, dass Wahrsagerei und Zauberei in der Beichtpraxis zu den dem Bischof vorbehaltenen Reservatfällen gehörten.[131]

Wenn Thomas von Chantimpré vom Jahre 1256 erzählt, dass man bei sehr heftigen Stürmen in Germanien Dämonen in verschiedenen Tiergestalten in der Luft als Windeerreger unter sich habe kämpfen gesehen,[132] so darf bei den Beziehungen des Verfassers zum Niederrhein auch an unsere Gegenden gedacht werden. Der Glaube an Wettermachen durch Zauberkünste war also augenscheinlich damals weit verbreitet. Viel bemerkenswerter als diese Fabel Thomas von Chantimprés ist eine Erzählung Cäsars von Heisterbach,[133] in der über die Verbrennung eines Zauberers in der Erzdiözese Köln zu Zeiten des hl. Engelbert (1216–1225)[134] berichtet wird. Kurz ist der Inhalt folgender. Zu Soest versuchte eine Buhlerin vergeblich, einen jungen Kleriker, den Mönch Hermann, in ihre Netze zu locken. Die Verschmähte brachte durch die verleumderische Klage auf Vergewaltigung (de oppressione) den Mönch ins Gefängnis, wurde aber auch dort, wohin sie mit einer Leiter einzudringen wusste, von ihm zurückgewiesen. Nunmehr verstand die Verbrecherin es, den Kleriker unter der Anklage, er habe sie (durch Liebeszauber) um ihren Verstand gebracht, als magus und maleficus dem Scheiterhaufen [168] zu überliefern. Aehnlich, nur etwas ausführlicher und teilweise unter Benutzung jüngerer Quellen geschrieben lautet die Darstellung in der vita des heiligen Engelbert bei Egidius Gelen.[135] Der legendenartig ausgeschmückten Erzählung liegt jedenfalls ein gewisser geschichtlicher Kern zu Grunde, der hier nicht berücksichtigt zu werden braucht. Es genügt, festzustellen, dass Cäsarius von Heisterbach nur deshalb über die wirklich oder angeblich erfolgte Verbrennung eines Zauberers berichten konnte, weil zu seiner Zeit für das Vergehen der Zauberei der Feuertod als angemessene Strafe galt.

Fahrende Schüler (Vaganten) besuchten seit den Tagen der Hohenstaufen bis zur Neuzeit auf ihren Zügen häufiger den Rhein und den Niederrhein. Ueber ihr Treiben verdanken wir ebenfalls dem Heisterbacher Mönche manchen Aufschluss[136]: jedenfalls haben die Vaganten zur Hebung von Sitte und Bildung kaum etwas beigetragen. Die Ausbeutung des Glaubens an Zauber- und Teufelskünste gehörte mit zu den Erwerbsquellen der fahrenden Schüler. In einem ihrer in ganz Deutschland bekannt gewesenen Lieder aus dem 12. und 13. Jahrhundert ist vom Zauberwesen die Rede. Da wird der Teufelsbann (exorcismus) gegen Larven, Satyre, Incubi u. s. w. geschleudert; diese verweist der Dichter in das Chaos, damit die Christenheit nicht in das Verderben gestürzt werde.[137]

Zur Geschichte des Zauberwesens und Hexenwahns am Niederrhein während des 14. und bis zum letzten Viertel des folgenden Jahrhunderts findet sich nur wenig verzeichnet. Eine Verwünschungen und das Absingen des bekannten Notkerschen Liedes „Mitten im Leben sind wir vom Tode umstrickt“ (Media vita) betreffende [169] kirchliche Bestimmung[138] (1310) ist nicht ganz aufgeklärt. Es heisst, dass nur mit bischöflicher Erlaubnis das Media vita in den Kirchen zu feindlichen Zwecken gegen gewisse Personen gesungen werden dürfe. Nachweislich war früher das Media vita bald Zauberlied,[139] bald Gebet,[140] bald Grablied.[141] Die vorliegende Bestimmung scheint einem Unfug gegolten zu haben, der vielleicht darin bestand, dass im Volke der Glaube vertreten war, das Absingen des Liedes unter Bezugnahme auf namhaft gemachte Gegner weihe diese dem Untergang oder dem Bösen. Bestand doch ein ähnlicher Zauberglaube noch zwei Jahrhunderte später am Niederrhein bezüglich der sog. Senkmessen.[142]

Vielleicht sprechen die im Jahre 1357 unter Erzbischof Wilhelm von Gennep erlassenen Verfügungen[143] betreffend die Exkommunikation von Wahrsagern, Beschwörern und Loswerfern dafür, dass man in kirchlichen Kreisen an massgebender Stelle auf die seit Jahrhunderten umlaufenden Sagen von Luftfahrten, Teufelsbuhlschaften und Teufelsbündnissen wenig Wert legte. Das Schweigen ist in etwa bezeichnend. Und wenn die wahrscheinlich im 14. Jahrhundert entstandenen Landrechte von Jülich, übereinstimmend mit denen von Berg,[144] zahlreiche andere Vergehen, nicht aber die Zauberei namhaft machen, so ist dies für die Auffassung der weltlichen Behörden ebenfalls bezeichnend.

[170] In den zeitgenössischen Berichten über das Auftreten der Geissler am Rhein (1349 ff.)[145] finden sich nur schwache Anklänge an Zauberwesen oder Dämonismus. Etwas anders dagegen bei der Tänzersekte, die im Jahre 1374 und später namentlich das Aachener Gebiet unsicher machte. Diese hielt in grauenerregender Weise den Glauben an die Wirklichkeit der Dämonenwelt wach. Halbnackt, mit Kränzen um den Kopf, führten die Tänzer auf den Strassen, in den Häusern und selbst in den Kirchen ohne alle Scham ihre Tänze auf, wobei sie unter wüstem Gebrüll unerhörte Teufelsnamen ausriefen, auch wohl gelegentlich der von kirchlicher Seite angewandten Beschwörungsformeln sich für vom Teufel Besessene ausgaben. Wir lesen aber nicht, wenn wir von einigen unwesentlichen Andeutungen absehen, dass man die Tänzer der Zauberei beschuldigt habe. Und doch lag ein solcher Vorwurf nahe genug. Das wilde Gebahren der armen Geisteskranken, die Anrufungen des Teufels, die kirchlicherseits behauptete Schwierigkeit, zwischen Besessensein und Behextsein zu unterscheiden, der Schrecken, welchen die ungezügelten Schaaren verbreiteten, und doch wiederum die bestrickende Anziehungskraft der Geisselungen und Tänze, dies Alles musste eigentlich unsern Vorfahren den Gedanken an teuflisches Zauberwerk, und damit an eine Verfolgung der „Zauberer“ nahe legen. Allein man begnügte sich bei den Tänzern im allgemeinen mit der Annahme, die Unglücklichen seien besessen. Teils mag die der Mehrzahl nach aus Geisteskranken und Betrügern bestehende Schar vorsichtig den Schein schädigender Zauberei vermieden haben, theils aber auch stand die Menge bei uns dem Gedanken an eine aus dem bekannten Teufelsbund sich ergebende Schädigung der Menschen- und Tierwelt ziemlich fremd gegenüber. Zu einer Verfolgung der Geissler und Tänzer als Zauberer lag also ein besonderer Anlass nicht vor.

In der geschichtlichen Litteratur der Rheinlande fehlen, soweit ich es überblicke, wesentliche Andeutungen über den Eindruck, welchen im 14. und 15. Jahrhundert sowohl die meist im Auslande erschienenen Schriften über den Hexenwahn, als auch die Hexenprozesse in auswärtigen Gebieten am Niederrhein gemacht haben. Bei der weltumfassenden einheitlichen Wirksamkeit der katholischen Kirche und der im 13. Jahrhundert entstandenen [171] berühmten Orden können solche Schriften bei uns nicht unbekannt geblieben sein. Das gleiche gilt von den damaligen Hexenverfolgungen in Frankreich und andern Ländern, zu welchen der Niederrhein in lebhaften Handels- oder politischen Beziehungen stand. Einige Hexenverfolgungen zu Siegen und Heidelberg[146] in den Jahren 1466 und 1446/47 gehören Grenzgebieten des Niederrheins an; bei uns wies ziemlich gleichzeitig Köln etliche solcher Verfolgungen auf.[147] Auf das Zauberwesen bezügliche Erlasse weltlicher oder geistlicher niederrheinischer Behörden scheinen sogar für die ersten acht Jahrzehnte des 15. Jahrhunderts ganz zu fehlen. Den Kölner Diözesanstatuten nach zu schliessen, ist selbst auf dem wichtigen Provinzialkonzil in Köln, das im Jahre 1452 in Anwesenheit des päpstlichen Legaten, des grossen Kardinals Nicolaus von Cusa, stattfand, des Aberglaubens und Zauberwesens nicht gedacht worden. Niders Erzählung vom Auftreten einer falschen Jungfrau von Orleans in Köln ist interessant, aber für das vorliegende Thema ebenso unbedeutend, wie desselben Verfassers Angabe über einen Mann im Kölnischen, der allüberall seinen Doppelgänger zu sehen glaubte.[148] Wichtiger bleibt eine ziemlich bekannte, in der Litteratur über den Hexenwahn indes anscheinend unerwähnt gebliebene Erzählung über eine Geistererscheinung im Jahre 1437 auf dem Buschmannshofe bei Meiderich in der Nähe von Duisburg.[149] Hier bietet der Verfasser in 37 Kapiteln ein Bild vieler abergläubischer Auffassungen der damaligen Zeit. Als Hauptverbrechen werden genannt: Menschenmord, Würfelspiel (taxillatores), Tötung der eigenen Kinder, Stolz und ihm ähnliche Verbrechen. Zauberei ist unter den Vergehen nicht angeführt. Das 21. Kapitel ist unter Hinweis auf die in Betracht kommende Mitwirkung der Dämonen der Verurteilung der Wahrsagekunst und der Verehrung der weissen Frauen, die in der Erde unter [172] krausen Bäumen wohnen, gewidmet. Von Teufelsbund, Luftfahrten und dergl. wird nichts gemeldet.

Ein Fehlschluss wäre es aber, aus dem Mangel kirchlicher und weltlicher Erlasse folgern zu wollen, dass der Glaube an Zauberwesen oder der Aberglaube am Niederrhein im 15. Jahrhundert fast erloschen gewesen seien. Ein Blick auf die damals bei uns zum Gebrauch für Klerus und Volk bestimmten kirchlichen Lehrbücher, die mehrfach den später üblich gewordenen Katechismen[150] ähneln, zeigt gar bald den wirklichen Sachverhalt. Des Dominikaners J. Nider viel verbreitetes grosses Werk über die zehn Gebote (expositio decalogi) bietet vollständiger noch als dessen Schrift de lepra morali eine umfangreiche, kulturgeschichtlich sehr beachtenswerte Zusammenstellung der inbetreff des Aberglaubens und der Zauberei von der Kirche bekämpften Anschauungen. Als den Katechismen ähnliche Handbücher, die im 15. Jahrhundert in Deutschland und besonders auch am Niederrhein gebräuchlich waren (fast alle sind schon vor 1500 auch in Köln verlegt worden) nennt P. Bahlmann[151] hauptsächlich: Gerson, opusculum tripartitum, Joh. Herolt, Discipulus de eruditione Christi fidelium, ferner das Fundamentum aeternae felicitatis, Dietrich Koeldes Christenspiegel und den Seelentrost. Besonders Gerson wendet sich gegen das Befragen von Wahrsagern bei Krankheiten und Bedrängnissen, sowie gegen das Tragen von Amuletten. Herolts discipulus ist ähnlich Niders Werk über die zehn Gebote fast als eine Encyklopädie der Bekämpfung des Aberglaubens und Zauberwesens zu bezeichnen. Das fundamentum verbietet bei der Erwähnung der fremden Sünden das Beherbergen und in Schutznehmen von Zauberern.[152] Während diese drei Schriften ihrer lateinisch gehaltenen Fassung wegen vorwiegend beim Klerus verbreitet gewesen sein mögen, gehörten der Christenspiegel und der Seelentrost damals bei uns zu den beliebtesten Volksbüchern.

[173] Der Christenspiegel wendet sich beim ersten Gebot gegen diejenigen, die in betrügliche Offenbarungen, in Wahrsagungen, in Segnungen, in Zaubereien und in die schwarze Kunst ihren Glauben setzen; die Briefe bei sich tragen, worin oftmals teuflische Namen genannt werden, oder auch göttliche Namen zum Zweck der Verhütung von Unglück. Ferner gegen diejenigen, die zaubern in dem Wasser, in der Luft, in dem Feuer, in der Erde, die mit dem Teufel Gemeinschaft haben und einen Vertrag machen, oder an die weissen Frauen, Träume und dgl. glauben.

In trübem Gegensatz zu den schlichten und ansprechenden Lehren des Christenspiegels stehen manche kindischen Erzählungen des Seelentrost.[153] Den ganzen Rhein entlang haben in dem letzten Jahrhundert vor der Kirchenspaltung die Possen und Fabeln[154] dieses Buches zur Beförderung des Aberglaubens und der Furcht vor Zauberern nicht wenig beigetragen. Zwar warnt der Verfasser vor abergläubischen Gebräuchen und Anschauungen, vor dem Zaubern und Zaubernlassen, aber das mancherlei Gute in seinen Ermahnungen wird ungünstig aufgewogen durch zahlreiche Erzählungen, die den aberwitzigen Fabeln des später entstandenen Hexenhammers als fast ebenbürtig zur Seite gestellt werden können. Hier nur folgende Proben. Ein armer Edelknabe wurde von seinem Herrn, einem Geistlichen, in ein unterirdisches Schloss im Walde geführt, wo ein König auf goldenem Thron sass. Dieser verlangte vom Jüngling, dass er der Dreifaltigkeit abschwöre. Der Edelknabe machte das Kreuzzeichen, worauf der Spuk in den Abgrund der Hölle versank. Nach einer andern Erzählung, der Legende des heiligen Basilius,[155] verliebte sich ein Jüngling in die für ein Kloster bestimmte Tochter eines reichen Mannes. Abgewiesen, schloss der Bewerber einen Bund mit dem Teufel, welcher hierauf die Jungfrau so liebeskrank machte, dass sie erklärte, sterben zu müssen, wenn sie den vorher verschmähten Jüngling nicht heirate. So kam die Vermählung zu stande, und später befreite der hl. Basilius [174] den Gatten aus der Gewalt des Satans. Den am Rhein herrschenden Glauben an die guten Holden, denen man vielfach des Abends den Tisch deckte, damit sie bei ihren nächtlichen Wanderungen Speise und Trank vorfänden, sucht der Seelentrost durch ein Märchen vom hl. Bischof Germanus zu entkräften. Germanus soll nämlich einst die Holden zum Bleiben und dabei zu der in Gegenwart der in der Nacht herbeigeholten Hausgenossen abgegebenen Erklärung, dass sie böse Geister seien, gezwungen haben.

Noch kindischer, aber sehr bemerkenswert als Beitrag zur Kenntnis der ehemals bei uns Jahrhunderte hindurch verbreitet gewesenen irrigen Anschauungen über fatum und Praedestination[156] ist eine seitenlange Erzählung, in der von der Schicksalsgöttin und Fee Wilsalda[157] gesprochen wird. An Incubus erinnert im Seelentrost die „ehrbare Frau“, welche der Teufel des Nachts in der Gestalt ihres Mannes versuchte, oder vielleicht auch eine andere Frau, welche sich dem Teufel ergeben hatte, auf dem Todesbette aber nur mehr die Zeit fand, dem eigenen Sohne ihre Sünde zu bekennen. Der Sohn beichtete die Sünde der vor der Ankunft des Priesters verstorbenen Mutter, worauf diese nach siebenjähriger Busse im Jenseits Erlösung fand. In einer andern Fabel brachte ein Vater seinem fünfjährigen Kinde Böses bei. Zur Bestrafung erscheint der Teufel, reisst das Kind vom Schosse des Vaters, tötet dasselbe und entführt es mit Leib und Seele.(!) Diese Proben, welche sich leicht vermehren liessen, mögen genügen.

Hexenluftfahrten fehlen im Seelentrost. Aus einer handschriftlichen, in der Kgl. Landesbibliothek zu Düsseldorf vorhandenen Zusammenstellung aus dem 15. Jahrhundert über die in der Erzdiözese Köln bezüglich des Aberglaubens und Hexenwahns in der Beichtpraxis dem Bischof vorbehaltenen Fälle[158] geht hervor, dass man den Canon episcopi, also die Bekämpfung des Glaubens an nächtliche Luftfahrten, aufrecht erhielt. Aehnliches ist für die Trierer Diözese zum Jahre 1310 nachweisbar.[159]

[175] Im Dezember 1484 erschien Innocenz‘ VIII. bekannte Bulle Summis desiderantes affectibus.

„Nicht ohne schwere Bekümmernis“,[160] so erklärt der Papst, „habe er neulich vernommen, dass in einigen Teilen Oberdeutschlands wie auch in den Provinzen, Städten, Ländern, Ortschaften und Bistümern von Mainz, Köln, Trier, Salzburg und Bremen sehr viele Personen beiderlei Geschlechts, abfallend vom katholischen Glauben, mit den Teufeln fleischliche Bündnisse eingegangen und durch ihre Zaubersprüche und Zauberlieder, durch ihre Beschwörungen, Verwünschungen und andere nichtswürdige Zaubermittel Menschen und Tieren grosses Unheil zugefügt und auch sonst argen Schaden verursacht hätten. »Sogar den Glauben, welchen sie in der Taufe angenommen, verläugnen sie mit verruchtem Munde.« Ob nun gleich die beiden Dominikaner und Professoren der Theologie Heinrich Institoris in Oberdeutschland, Jakob Sprenger in einigen Teilen des Rheinlands durch päpstliche Vollmacht zu Inquisitoren der ketzerischen Bosheit bestellt worden, so hätten doch in jenen Gegenden einige Geistliche und Laien, welche klüger sein wollten als nötig, zu behaupten sich unterstanden: weil in den Bestallungsbriefen derselben jene Kirchensprengel und Städte nebst den Personen und ihren Verbrechen nicht ausdrücklich genannt seien, dürften die Inquisitoren daselbst ihr Amt nicht verwalten und solche Personen nicht gefangen setzen und strafen. Daher ergehe kraft apostolischer Macht der strenge Befehl, die beiden Inquisitoren gegen Personen jeden Ranges und Standes ihr Amt ungehindert ausüben zu lassen.“

Wäre die Zahl der Kommentare ein Massstab für die Wichtigkeit einer Bulle, so stände vielleicht „Summis desiderantes“ an der Spitze aller seit der ältesten christlichen Zeit ergangenen päpstlichen Erlasse. Jedenfalls ist die Bulle ein hochbedeutsames Aktenstück. Vielfach hat man sie für eine Entscheidung ex cathedra erklärt und ihr die Verantwortung für die Greuel der spätern Hexenprozesse zugeschoben. Die erstere Ansicht kann gegenüber dem Widerspruch hervorragender katholischer Gelehrten, dem neuerdings auch P. Hinschius in seinem Kirchenrecht[161] sich angeschlossen hat, jetzt wohl nicht [176] mehr aufrecht erhalten werden. Bezüglich des Innocenz VIII. gemachten Vorwurfs der Förderung der Hexenverfolgungen und Prozesse, wobei es sich selbstredend nur um die Zeit nach 1484 handeln kann, beschränke ich mich auf eine kurze Erörterung, der ich einige Angaben über den zu Ende des fünfzehnten Jahrhunderts auch in Köln gedruckten berüchtigten Hexenhammer (malleus maleficarum) vorhergehen lasse. Der Hexenhammer, ein Werk der in der Bulle Summis desiderantes genannten Inquisitoren Institoris und Sprenger, zerfällt in drei Teile. Die beiden ersten wenden sich hauptsächlich an die Seelsorger, Pfarrer und Prediger, um diese über die Hexerei und die Hexen zu belehren, und behandeln die Wirklichkeit der Hexerei nach der Bibel und dem kanonischen Recht, ferner das Wesen derselben, die Greuelthaten und die gegen sie zu gebrauchenden kirchlichem Heilmittel. Der dritte Teil giebt dagegen den geistlichen und weltlichen Richtern nähere Anweisung über die Einleitung und die Führung der Hexenprozesse.[162]

Einen Lobredner sucht man in der Litteratur für den Hexenhammer vergebens. Sehr zurückhaltend versuchen es J. Goerres[163] und J. Diefenbach[164] mit wenigen Worten das widerwärtige Werk in Schutz zu nehmen; aber wie immer man über die Realität der Dämonenwelt und den Einfluss des Satans auf die Geschicke der Menschen denken mag: es ist geradezu der Geist des Wahnsinns, der aus der grossen Mehrzahl der Erzählungen des Hexenhammers entgegenleuchtet.

Im Vorstehenden (vgl. S. 142) wurde bereits der Fabel gedacht, dass die Hexen, ohne selbst gesehen zu werden, trotz der Gegenwart der Eltern kleine Kinder ins Wasser werfen. An andern auf die Kinderwelt bezüglichen [177] Stellen übertrumpft noch der Hexenhammer dieses aberwitzige Märchen. Nach dem Malleus fressen zuweilen von Dämonen besessene Wölfe die in den Wiegen liegenden Kinder,[165] oder Zauberinnen töten das Kind im Mutterleib durch die einfache Berührung einer Schwangern.[166] Mitunter schafft der Teufel ein Kind statt eines andern herbei. Solche Wechselkinder schreien beständig, sind ausserordentlich schwer, nehmen aber, selbst wenn sie die vier- bis fünffache Nahrung eines gewöhnlichen Kindes erhalten, nicht zu. Sie sind zuweilen aus der Teufelsbuhlschaft hervorgegangene Geschöpfe, mitunter auch Dämonen selbst.[167] Was der Hexenhammer über die Aufhebung der Zeugungskraft, das Milchstehlen und Buttermachen seitens der Hexen, das Herbeiziehen von Gewittern und dergl. erzählt, steht auf derselben „Höhe“ der Anschauung. Die Verdienste des Malleus um die Regelung der Rechtspflege in Hexenprozessen schlägt S. Riezler[168] sehr niedrig an. Aber, selbst wenn dem Hexenhammer ein Verdienst um die Regelung des Strafverfahrens nicht abzusprechen sein sollte: im allgemeinen wird an dem vernichtenden Urteile von P. Hinschius[169] und K. Binz[170] über das Ganze kaum etwas zu ändern sein.

Billigerweise muss darauf hingewiesen werden, dass, wie die Verfasser in der Einleitung selbst andeuten, der Hexenhammer vielfach Erzählungen und Auffassungen bringt, die sich bei andern, in der Regel namhaft gemachten Schriftstellern des 15., 14. und früherer Jahrhunderte finden. In der Frankfurter Ausgabe von 1588 stehen auf der Rückseite des Titelblattes mehrere Dutzend der grossen Mehrzahl nach nicht deutscher Quellen des Malleus verzeichnet. Ziemlich unzweifelhaft haben Institoris und Sprenger in unseliger Verblendung aus den von ihnen benutzten Schriften ohne gründliches Nachdenken oder einigermassen scharfe Sichtung, oft aus dem Zusammenhang heraus, das ihnen Passende gewählt und mit besonderer Vorliebe [178] gerade den alleralbernsten Erzählungen einen Platz in ihrem Werk eingeräumt. Teilweise hierdurch erklären sich die im Hexenhammer neben unbegreiflichen Thorheiten vorhandenen, längst nachgewiesenen inneren Widersprüche und der Stempel des Irrsinns, der so manchen Erzählungen unverkennbar anhaftet, so wenig Wahrscheinlichkeit auch dafür spricht, dass die Verfasser unter dem Einfluss einer geistigen Störung ihr Werk vollendeten. „Der Hexenhammer“, sagt O. Snell,[171] „ist voll von Verwirrung, von Wiederholungen und Widersprüchen“. Scherr hält ihn sogar für die Arbeit eines wahnsinnigen Mönchs, was aber Th. Kirchhoff[172] entschieden zurückweist. Eine abschliessende Arbeit steht noch aus. In neuester Zeit hat J. Hansen[173] eine Würdigung des Malleus in Aussicht genommen im Sinne eines Nachweises darüber, was in ihm neu und was nur aus älteren Quellen übernommen ist, in welchen Fragen er einfach die allgemeinen oder doch die von einer ganzen Richtung vertretenen Anschauungen wiedergiebt, und in welchen er selbständig neuen Ansichten Geltung zu verschaffen sucht. Die Bibliographie des Werkes hat derselbe Historiker in ausgezeichneter Weise klar gestellt.[174] Wir wissen jetzt, dass es mindestens 25 verschiedene Ausgaben des Hexenhammers giebt, dass das beigedruckte sogenannte Gutachten der Kölner theologischen Fakultät im wesentlichen auf einer Fälschung beruht, und dass der Empfehlungsbrief Maximilians I. anderweitig nicht ermittelt ist.[175] Den Hauptanteil an der Abfassung des Hexenhammers hat Institoris;[176] das ganze Werk ist mehr dem Oberrhein, [179] denn dem Niederrhein zuzuweisen.[177] Dagegen beweisen manche von J. Hansen angeführte sehr bemerkenswerte Thatsachen,[178] dass zu Ausgang des Mittelalters in Köln das weltliche Gericht und die theologische Fakultät die Welt „mit Hexerei erfüllt“ zu sehen glaubten. Köln war hierbei sicher nur der Mittelpunkt eines grössern Kreises.

Ganz entschieden hat der Malleus, wie schon die in rascher Folge erschienenen Auflagen beweisen, am Niederrhein dem Aberglauben frische Kraft zugeführt und den Hass gegen die angeblich entsetzliches Unglück über ihre Mitmenschen bringenden Zauberer und Hexen in erfolgreichster Weise geschürt. Allenthalben wurde er die Quelle unsäglichen Unheils.[179] Unbeteiligt an diesem Unheil ist die Bulle Summis desiderantes jedenfalls nicht. Das Vorhandensein eines Zusammenhangs zwischen dem Malleus und der Bulle in dem Sinne, dass Innocenz VIII. oder die römische Kurie das Erscheinen des Hexenhammers direkt angeordnet oder gefördert hätten, ist allerdings kaum jemals behauptet worden; ein solcher Causalnexus darf also nicht angenommen werden. Aber die Verfasser des Malleus, identisch mit denselben Inquisitoren, die in „Summis desiderantes“ erwähnt sind, konnten diese Bulle an die Spitze ihrer Arbeit stellen, und so, wie P. Hinschius hervorhebt,[180] dem Buche mehr Autorität geben. Auch im Text des Hexenhammers weisen Sprenger und Institoris auf dieselbe hin, so z. B. bei der Erörterung über die Grösse des Verbrechens der Zauberei.[181] Unzweifelhaft bildet somit die Bulle eine bei der Bedeutung päpstlicher Erlasse sehr hoch anzuschlagende Stütze des Hexenhammers. „Zwar enthält sie an sich durchaus nicht eine dogmatische Entscheidung über das Hexenwesen, und Niemand ist verpflichtet, zu glauben, was darüber nach den dem Papste gewordenen Berichten in der Bulle enthalten ist, auch wenn Innocenz [180] VIII. selbst daran geglaubt hat.“[182] Aber damit wird an der Thatsache nichts geändert, dass der Papst im Text doch nur das anführen konnte, was er für möglich und für nicht mit den kirchlichen Lehren in Widerspruch stehend erachtete.[183] Wenn Innocenz VIII. den Berichten über durch Zauberei unter teuflischer Mitwirkung angerichteten Schaden im allgemeinen Glauben entgegenbrachte, so darf dies nicht auffallen. Die Möglichkeit solcher Schädigungen leugnet ja die katholische Kirche auch heutzutage nicht. Wenn aber der Papst in der Bulle Summis desiderantes nicht in lehrender, sondern gleichsam in erzählender Art in der Ausführung von trüben Einzelheiten sich ergeht, zu denen die kirchliche Lehre niemals bestimmte Stellung genommen hat, die also in gewissem Sinne nebensächlich sind, so musste dies zu Ungunsten der der Zauberei Verdächtigen schwer ins Gewicht fallen. Schon die Ehrfurcht vor dem Oberhaupt der Christenheit und dem apostolischen Hirtenamt liess einen Widerspruch oder Erörterungen über den Unterschied zwischen kirchlicher Lehre und persönlicher Auffassung des Papstes nicht recht aufkommen. Ferner förderte, wie Janssen-Pastor bemerkt,[184] die Bulle die Hexenverfolgung insofern, als sie die Inquisitoren zu ernstem Vorgehen ermunterte. Die interessante Frage, ob das Erscheinen des Hexenhammers möglich oder wahrscheinlich gewesen, wenn die Bulle Innocenz‘ VIII. nie erschienen wäre, entzieht sich, solange nicht eingehendere Studien über den Malleus vorliegen, der Erörterung. Jedenfalls schoss der Hexenhammer weit über das Ziel hinaus und trifft ihn die Hauptverantwortlichkeit. In schändlicher Weise missbrauchten seine Verfasser einen päpstlichen Erlass, indem sie dessen nebensächliche Einzelheiten beim Aufbau eines Fabelwerks verwerteten, wie die Weltgeschichte ein zweites nicht kennt. Sie trugen so die Gespensterfurcht in die weitesten Kreise und machten dem Henker zur Verfolgung sog. Hexen freie Bahn. Einem Gewitter gleich kam der Malleus auch am Niederrhein über die vielerorts zauberschwüle Luft; nur war es leider nicht ein Gewitter voll wohlthuender Kraft.

[181]
IV.
Vom Erscheinen des Hexenhammers bis zur Gegenwart.

Auch am Niederrhein ging auf kirchlichem und geistigem, wirtschaftlichem und rechtlichem Gebiete den epochemachenden Umwälzungen des 16. Jahrhunderts eine gärende Auflösung mancher Elemente der bürgerlichen Ordnung voraus. Die Lage schien trostlos.[185] Es braucht daher nicht aufzufallen, dass damals bei uns der in ganz Europa verbreitete Glaube an den Untergang der Welt bald nach 1492[186] ein volles Jahrhundert hindurch sich erhalten konnte. Wir finden diesen Glauben namentlich auch in der Litteratur über den Hexenwahn vertreten. An zwei[187] Stellen spricht der bekanntlich oft in Köln aufgelegte Hexenhammer vom baldigen Hereinbrechen der Nacht für die gegenwärtige Gestaltung der Dinge, und noch hundert Jahre später weisen im Jülich-Bergischen zwei auf dem Standpunkt des Malleus stehende Schriftsteller[188] auf das Nahen des Tages des Herrn und auf „diese unseligen, zweifelsohne letzten Zeiten“ ganz entschieden hin. Wurde auch bei derartigen Hinweisen kaum unterlassen, das bevorstehende Weltende mit der steigenden Macht der Hölle in Verbindung zu bringen, und gleichzeitig zu einer schärfern Verfolgung der „Zauberer“ aufzufordern, so haben doch solche Andeutungen im grossen Ganzen nur wenig die Hexenverfolgung gefördert. Nicht sowohl die Angst vor dem Weltuntergang, als vielmehr die Furcht vor den im Hexenhammer mit so grellen Farben aufgetragenen, durch die Autorität der beiden Verfasser [182] gedeckten Fabeleien trug wesentlich dazu bei, dass noch im letzten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts in einzelnen Gegenden des Niederrheins eine Verfolgung angeblicher Zauberer ins Werk gesetzt wurde. In der damit beginnenden Zeit der niederrheinischen Hexenprozesse ist die Periode von 1490 bis zum Antritt der Regierung des Herzogs Wilhelm III. (V.) von Jülich-Berg (1539) die interessanteste, aber auch wegen der Seltenheit archivalischer Quellen die dunkelste. Von 1540 bis 1592 ruhten die Hexenverfolgungen am Niederrhein fast gänzlich; am Ende des 16. Jahrhunderts fanden aber die bekannten Hexenverbrennungen im Trierischen am Niederrhein zahlreiche Seitenstücke. Der Höhepunkt der Verfolgungen bei uns fällt in die erste Hälfte des 30jährigen Krieges. Nach 1636 sind nur noch vereinzelte[189] Hexenprozesse zu verzeichnen. Der letzte, für Gerresheim bei Düsseldorf nachweisbare Fall, gehört dem Jahre 1737 an; dann waren für immer die rohesten und ungerechtesten Prozesse, welche die Geschichte aufzuweisen hat, zu Grabe getragen.

Einigermassen genaue Angaben über die Zahl der am Niederrhein während des langen Zeitraums von 1490 bis zum Ende des dreissigjährigen Kriegs dem Hexenwahn zum Opfer gefallenen Unglücklichen, oder eine ziemlich lückenlose Zusammenstellung der von der geistigen Seuche in verhängnisvoller Weise befallenen Ortschaften werden bei der Dürftigkeit des archivalischen Materials voraussichtlich niemals gegeben werden können. Man braucht das kaum zu bedauern. Genaue statistische Tabellen mögen interessant und mitunter unerlässlich sein: im vorliegenden Falle liegt der Schwerpunkt in der Darstellung der geschichtlichen Entwicklung des Wahnwitzes und der einschlägigen Rechtsverhältnisse; die Statistik kann auf grosse Umrisse, deren Ausfüllung Sache ortsgeschichtlicher Studien bleibt, sich beschränken. Im nachstehenden gebe ich zunächst eine Uebersicht über die Quellen archivalischer und litterarischer Art, über theologische und katechetische Darstellungen, und über die von kirchlicher und staatlicher Seite inbetreff des Hexenwahns erlassenen Bestimmungen. An die Entwickelung der Rechtsverhältnisse schliessen sich Beiträge zur Geschichte der Hexenverfolgungen (Prozesse) am Niederrhein an.

[183]
Quellen archivalischer Art.

Unzweifelhaft sind im Laufe der letzten vier Jahrhunderte am Niederrhein zahlreiche Akten über Hexenprozesse der Vernichtung anheimgefallen. Sorglosigkeit bei der Aufbewahrung, Zerstörung durch Brand oder Krieg mögen hierbei mitgewirkt haben, mehr aber noch ist wohl der Grund des Untergangs auf die absichtliche Beseitigung von Schriftstücken zurückzuführen, deren Inhalt in so vielfacher Hinsicht für die Nachkommen hingemordeter Unschuldiger peinlich und in gewisser Weise entwürdigend war. Aehnliches ist anderweitig nachweisbar. So sind – ich beschränke mich auf zwei Beispiele – die Akten des Jakobinerklubs[190] beseitigt worden; ferner, in niederrheinischen Gebieten, die Akten über den Riesenprozess gegen die Bockreiterbande im vorigen Jahrhundert.[191] Bezüglich der Hexenprozesse ist ein Fall verbürgt, in dem Erzbischof Ferdinand von Köln im Jahre 1630 den Rat in Köln ersuchte, das Protokoll über die Aussagen einer hingerichteten „Hexe“ zu vernichten.[192] Minder verbürgt bleibt eine wesentlichere Angabe[193] aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts, laut welcher überall die Landesregierungen darauf bedacht gewesen seien, die Akten über Hexenprozesse einzufordern und zu beseitigen. Für das Gebiet des Niederrheins fehlen derartige Bestimmungen sowohl in der grossen Scottischen Sammlung, als in den bedeutenden Beständen des Düsseldorfer Staatsarchivs. Ob unter den im Jahre 1809 in Düsseldorf vernichteten umfangreichen Kriminalakten[194] auf Hexenprozesse bezügliche Schriftstücke sich befanden, lässt sich nicht ermitteln. Mitunter finden sich Hexenprozessakten – meist in Abschriften – in niederrheinischen Gemeinde- oder Kirchenarchiven. Kürzere Angaben liefern ferner zuweilen die geschichtlichen Notizen, welche lange vor der Fremdherrschaft fast allenthalben in die Tauf-, Trau- und Sterbebücher eingetragen wurden. Auch haben, wie Kuhl richtig bemerkt,[195] die Mitglieder der geistlichen Genossenschaften, [184] denen die Pflicht oblag, den unglücklichen Verurteilten auf dem letzten Gange geistlichen Beistand zu leisten, kaum jemals es unterlassen, in der Klosterchronik die Verbrennung der angeblichen Hexen oder Zauberer zu verzeichnen. Was die bedeutenden niederrheinischen Stadtarchive zu Aachen und Köln betrifft, so bietet Aachen[196] zum Thema fast keine Ausbeute, während das in Köln vorhandene, nicht unbedeutende Material in L. Ennen und J. Hansen Bearbeiter gefunden hat. Im Düsseldorfer Staatsarchiv finden sich ausser einigen wertvollen Aktenstücken aus älterer Zeit mehrere ziemlich wertlose[197] Hexenprozess-Abschriften aus dem 17. Jahrhundert; ferner sehr schätzenswerte Notizen in den älteren Vogtei- und Kellnereirechuungen des jülich-bergischen Landes. Als noch wichtiger zur Sache dürfen die im Düsseldorfer Staatsarchive vorhandenen umfangreichen Regiminalprotokolle bezeichnet werden. Diese beziehen sich auf das kurkölnische Gebiet und enthalten Entscheidungen der kurfürstlichen Räte in Rechts- und Verwaltungsfragen, wobei des Hexenwesens sehr oft Erwähnung geschieht. Sämtliche aus der Zeit vor 1643 vorhandenen, vielfach mit einem Register ausgestatteten Jahrgänge, sind für die Zwecke der vorliegenden Arbeit, einer Durchsicht unterzogen worden.[198]


Quellen litterarischer Art.[199]

Zur Zeit des Erscheinens des Hexenhammers waren am Niederrhein, wie überhaupt in Deutschland, die vielen auf die Realität der Zauberei bezüglichen Fragen in den Vordergrund des Interesses getreten und hielten sich bis ins 18. Jahrhundert hinein an hervorragender Stelle auf [185] der Tagesordnung. Kein Wunder daher, dass Schrift auf Schrift das Für und Wider erörterte, so dass allein das Verzeichnis der in den letzten Jahrhunderten vor der grossen französischen Staatsumwälzung über den Hexenwahn und das Zauberwesen in Deutschland erschienenen Schriften nicht einige Seiten, sondern mehrere Druckbogen füllt.[200] Aus der Fülle derartiger, durchgehends nicht eben bedeutender Druckwerke können hier nur solche kurz berührt werden, welche einst am Niederrhein bei den weltlichen und kirchlichen Behörden schwer in die Wagschale fielen. Leicht ist die Auswahl eben nicht. Die Ansichten wechselten je nach den Umständen und Zeitverhältnissen, und dabei haben mehr oder minder alle Druckschriften in den massgebenden Kreisen damals ihre Leser und Anhänger gefunden. Für das erste Jahrhundert nach dem Erscheinen des Hexenhammers ermöglicht ein zu Köln im Jahre 1594 gedrucktes Werk von Diederich Graminaeus[201] einen Ueberblick. Die Angaben des Verfassers sind sehr beachtenswert, weil derselbe als Jurist, fürstlicher bergischer Generalanwalt und Landschreiber dem Hofe in Düsseldorf nahe stand. Graminaeus sagt (S. 6) im wesentlichen Folgendes. „Der Dominikaner und Inquisitor J. Nider schrieb seinen Formicarius; die Inquisitoren Sprenger und Institoris brachten den malleus maleficarum, Jacquiers de calcatione daemonum[202] erschien zuletzt im Jahre 1517. Gegen diese Autoren wandte sich Dr. Johann Weyer,[203] dem der Franzose Bodin in seiner magorum daemonomania entgegentrat. Des Juristen Johann Georg Godelmann Buch de magis … erschien im Jahre 1591 zu [186] Frankfurt, ziemlich gleichzeitig mit der Schrift des Trierer Weihbischofs Peter Binsfeld über die Bekenntnisse der Zauberer und Hexen. Binsfelds Schrift halte ich, so ungefähr schreibt Graminaeus weiter, für ein vortreffliches Werk, das dem Hexenrichter neben der peinlichen Gerichtsordnung Karls V. fast unentbehrlich ist“.

Aus der vorstehenden Zusammenstellung ergeben sich einige bemerkenswerte Folgerungen. Zunächst liegt hier ein neuer Beweis für den oft behaupteten innern Zusammenhang zwischen dem malleus und den Schriften der Dominikaner Nider und Jacquier vor, da Graminaeus sie gleichsam als ein einheitliches Ganzes zusammenfasst. Wesentlicher ist das zu Tage tretende Ansehen der Schriften des grossen Mediziners Johann Weyer. Hat auch dieser wie K. Binz treffend behauptet, seiner Zeit hauptsächlich nur zu den Insassen eines grossen Irrenhauses gesprochen, so sind doch augenscheinlich seine tiefernsten Mahnungen nicht ganz ungehört verhallt. Denn auch in der Vorrede seiner vorliegenden Schrift deutet Graminaeus auf „etliche“ hin, „so hoher Gelahrtheit und Erfahrenheit seien … die sich der Zauberinnen mehr mit Arznei und Gebet, denn mit Feuer und Schwert annehmen möchten“. Eine Randbemerkung verzeichnet an dieser Stelle den Namen Weyer.[204] Die von Graminaeus genannten Schriftsteller P. Binsfeld und Jean Bodin stehen nach v. Waechter[205] ganz auf dem Standpunkte des malleus. J. Bodins Bedeutung für das niederrheinische Hexenwesen besteht vorwiegend nur in seinem kläglichen Gegensatze zu Weyer,[206] während, wie Graminaeus richtig hervorhebt, P. Binsfelds „Bekenntnisse der Zauberer“ ihrer Zeit sich bei uns eines ganz bedeutenden Ansehens erfreuten.

Fast verschollen ist eine zuerst im Jahre 1597 vom Pfarrer Franz Agricola zu Sittard im Jülischen herausgegebene Schrift:[207] ein trauriges Denkmal finstern [187] Aberglaubens und komischer Hexenfurcht. Der Verfasser widmet der Gefährlichkeit der Zauberer mehr als zwanzig Kapitel. In widerwärtiger Ausführlichkeit versucht er mit stets sich wiederholenden Gründen aller Art zu beweisen, dass die Zauberer schlimmer seien als Heiden, Juden, Türken, Mameluken, Gotteslästerer, Elternmörder, Hurer, Mordbrenner und dergl., ja, dass ihre Sünde über derjenigen stehe, welche den gefallenen Engeln den Himmel kostete.[208] Dass Agricola zur Ausrottung der Ungeheuer Himmel und Hölle in Bewegung zu setzen suchte, braucht wohl nicht erst versichert zu werden. Er erwähnt in der Vorrede seiner Schrift das in Köln unlängst erschienene Werk von Nicolaus Remigius de daemonolatria. Letzteres hat aber bei uns an Bedeutung hinter den Schriften des Jesuiten Delrio zurückgestanden, da Delrio nach Ausweis der Regiminalprotokolle zuweilen von den kölnischen Hofräten als Handbuch bei Hexenprozessen empfohlen wurde.[209]

Das 17. Jahrhundert war bei uns nicht eben reich an Schriften über den Hexenwahn. Nachdem vorher Weyer, Binsfeld, Delrio, Graminaeus, Agricola und Andere einen gewissen Abschluss zustande gebracht, hatten hauptsächlich unter Bezugnahme auf Karls V. peinliche Gerichtsordnung grössere Erlasse des Kölner Erzbischofs Ferdinand in den Jahren 1607 und 1628 die Führung der Hexenprozesse geregelt. Damit war eine Ruhepause eingetreten. Kleinere, in Köln meist zu Ende der zwanziger Jahre des 17. Jahrhunderts erschienene Schriften[210] über die Macht der Kirche gegenüber Besessenen und Bezauberten, über die Prozessführung gegen Zauberer nach Tanner, über das Hexenstigma, d. h. die angeblich dem Körper der Hexen vom Teufel eingedrückten Zeichen, standen an Einfluss hinter den litterarischen Erzeugnissen des vorhergegangenen [188] Jahrhunderts weit zurück. Im Jahre 1631 erschien Friedrichs von Spee Cautio criminalis,[211] eine ernste Mahnung zur Vorsicht bei der Führung der Hexenprozesse.

Über dieses unvergängliche Werk bestellt eine reiche Litteratur, so dass an dieser Stelle auf eine Besprechung verzichtet werden kann. Ein durchschlagender Erfolg war von vornherein Spee nicht beschieden. Aber trotzdem geht wohl K. Binz zu weit, wenn er schreibt:[212] „Weyer war, was praktischen Erfolg angeht, als Spee auftrat, zu den Toten geworfen, Spee folgte ihm bald dahin. Es schien in Deutschland, als ob beide Männer und das Häuflein zwischen ihnen nie gelebt und geschrieben hätten. So arbeiteten Folter und Holzstoss weiter“. Thatsächlich haben die Verteidiger des Hexenwahns am Niederrhein und in Deutschland die wuchtigen Hiebe der Cautio criminalis gegen die Ungerechtigkeit an den Gerichtsstätten[213] nie zu widerlegen vermocht, ja kaum zu widerlegen versucht. Eine eigentliche Gegenschrift ist nicht erschienen. Die verhältnismässig wenigen Siege, welche die Richtung Binsfeld-Delrio nach 1631 am Niederrhein noch verzeichnen konnte, vermochten den Zusammenbruch eines in sich haltlosen Systems, dem Spee den Stoss ins Herz versetzt hatte, nicht aufzuhalten. Etwa 60 Jahre nach Spee räumten die Schriften des Niederländers Balthasar Becker und des Professors C. R. Thomasius[214] mit den Trümmern des Hexenverfolgungswahns ziemlich gründlich auf.

Erwähnt sei noch, dass Einblattdrucke und Flugblätter zur Geschichte des Hexenwahns am Niederrhein zu den grössten Seltenheiten gehören. Derartige Flugblätter fehlen in der Kgl. Universitätsbibliothek zu Bonn, in der Kgl. Landesbibliothek zu Düsseldorf, in der Kgl. Bibliothek zu Berlin und in der Kölner Stadtbibliothek. Selten sind ferner die ehemals auch bei uns vielfach erschienenen sogen. Zauberbücher, die mit Spukgeschichten, magischen Formeln u. dergl. gefüllt waren und zur Verbreitung des Aberwitzes nur allzuviel beitrugen. Sie fanden reissenden Absatz, wurden aber von der Geistlichkeit, namentlich [189] von den Jesuiten, nach Möglichkeit beseitigt. Ein verschollenes lateinisches Gedicht Ad sagam veneficam aus dem Jahre 1509 bringt die Beilage No. 2.


Die Lehre der Kirche.

Hier braucht nur die Lehre der katholischen Kirche berücksichtigt zu werden. Wie längst erwiesen, haben nämlich beim Hexenwahn die Anschauungen der katholischen Kirche mit denen der evangelischen im wesentlichen sich gedeckt, auch überwogen im 16. und 17. Jahrhundert am Niederrhein die Katholiken die Anhänger anderer Bekenntnisse der Seelenzahl nach ganz bedeutend. Dem zur Zeit erschlossenen Material nach zu urteilen, spielten sich ehemals bei uns die Hexenverfolgungen vorwiegend in Gegenden mit fast ausschliesslich katholischer Bevölkerung ab. Vereinzelte Verfolgungen, so in Witten im Jahre 1647,[215] lassen sich indes auch für Ortschaften nachweisen, in denen das evangelische Bekenntnis festen Boden gefasst hatte.

An erster Stelle sind bezüglich der Lehre der katholischen Kirche über den Hexenwahn vor wenigen Jahrhunderten das Tridentiner Konzil nebst einigen päpstlichen Erlassen in Betracht zu ziehen. Die Beschlüsse des Tridentinum wurden bereits im 16. Jahrhundert in den Rheinlanden, teilweise durch die Bemühungen des Jesuiten Canisius, bekannt, während der auf Befehl Pius V. nach diesen Beschlüssen herausgegebene Catechismus Romanus in der Bibliothek keines Pfarrers der Kölner Erzdiözese fehlen durfte.[216] Das Konzil von Trient beschränkte sich bei der Erwähnung des Sündenfalls im Paradiese und des Sakraments der letzten Ölung auf wenige ganz allgemein gehaltene Angaben über die Gewalt und Bosheit des bösen Feindes.[217] Zauberwesen und Hexenwahn fehlen in seinen Beschlüssen. Der Catechismus Romanus spricht sich bei der siebenten Bitte des Vaterunsers gegen Zaubermittel und die Hülfe des Teufels zur Abwehr von Krankheiten und andern Übeln aus,[218] tadelt auch beim ersten Gebot[219] diejenigen, so ihr [190] Vertrauen auf Träume, Wahrsagerei und andere vergebliche eitle Dinge setzen. So kurze, ganz allgemein gehaltene Bestimmungen bestätigen Diefenbachs Angabe, dass zum Hexenwahn die Kirche bestimmte Dogmen nicht ausgesprochen habe,[220] der spekulativen Theologie also ein ziemlich freier Spielraum bleibe. Hinsichtlich päpstlicher Erlasse, so soll angeblich in nicht weniger als 103 Bullen[221] des Zauberwesens Erwähnung geschehen. Soweit es sich übersehen lässt, hat man nur einer[222] derselben, ohne durchschlagenden Erfolg, den Charakter einer Kathedralentscheidung beizulegen versucht. Vier Bullen aus dem 16. Jahrhundert waren damals bei uns für den Hexenwahn wahrscheinlich indirekt von Bedeutung. Denn man wird kaum fehlgehen bei der Annahme, dass die dem im Rhein vielverbreiteten Werke des Trierer Weihbischofs P. Binsfeld (über die Bekenntnisse der Zauberer) dem Wortlaute nach eingereihten Bullen Alexanders VI., Leos X., Adrians VI. und Sixtus V. bei Beurteilung des Zauberwesens von kirchlicher Seite besonders in Betracht gezogen wurden. In diesen päpstlichen Erlassen kommt der Standpunkt der „Summis desiderantes“ Innocenz‘ VIII. von 1484 deutlich zum Ausdruck. Desgleichen in der Bulle Omnipotentis Dei Gregors XV. vom 20. März 1623,[223] auf die sich der Kölner Erzbischof Maximilian Heinrich in den im Jahre 1667 erschienenen Beschlüssen der Kölner Provinzialsynode von 1662 ausdrücklich bezieht.[224]

Versucht man etwas näher auf die im 16. und 17. Jalrrhundert über das Hexenwesen am Niederrhein verbreiteten kirchlichen Lehren einzugehen, so ist zunächst zu unterscheiden zwischen den in lateinischer Sprache geschriebenen theologischen Handbüchern und Agenden der Kölner Kirche, und zwischen den in deutscher Sprache abgefassten Katechismen oder katechismusähnlichen Schriften. Waren erstere für Kleriker und einen kleinen Kreis von Laien bestimmt, so dienten die Katechismen zur Belehrung der grossen Menge des Volkes. Jedenfalls sind, entsprechend den kirchlichen Vorschriften, damals bei uns zuweilen auch Predigten in Sachen des Hexenwahns gehalten worden, doch mangeln hierüber nähere [191] Angaben.[225] Ganz streng genommen brauchen bei einem Blick auf die kirchliche Auffassung eigentlich nur diejenigen Bücher in Betracht zu kommen, welche die Approbation der erzbischöflichen Behörde in Köln erhielten. Da indes die Zahl solcher Schriften für die wildbewegten Zeiten der Kirchenspaltung und des dreissigjährigen Krieges nur eine kleine ist, empfiehlt es sich, den Kreis unter sorgfältiger Sonderung zwischen Behauptetem und Gelehrtem etwas zu erweitern.

Die Hauptrolle in den Hexenprozessen kam der Anklage auf das Bündnis mit dem Bösen und der mittels teuflischer Hülfe herbeigeführten Beschädigungen der Menschen- und Tierwelt zu. An der Möglichkeit eines solchen Bündnisses und derartiger Schädigungen hält die Kirche heute noch, wie seit jeher, fest;[226] hierüber bedarf es also keiner Erörterungen. Nebensächliche, aber doch schwerwiegende Momente in den Hexenprozessen sind die Luftfahrten der Zauberer, die Verwandlung eines Menschen in ein Tier, sowie das Teufelsmal (Hexenstigma), auf welches der Henker und seine Knechte den entblössten Körper der Unglücklichen in schamlosester Weise untersuchten. Endlich gehören hierher die Wasser- und die Feuerprobe.

Als fester Turm gegen die Annahme von Luftfahrten und der Verwandlung in Tiere bewies sich Jahrhunderte hindurch der Canon episcopi. Der Canon scheint bezüglich des zweiten Punktes (Tierverwandlung) niemals angegriffen worden zu sein; selbst der Malleus[227] und das Werk P. Binsfelds[228] geben zu, dass eine vom Teufel veranlasste optische Täuschung vorliege, falls ein Mensch in der Gestalt eines Tieres erscheine. Anders bezüglich der Luftfahrten, wobei lange vor dem Erscheinen des Hexenhammers der Canon episcopi heftigen Angriffen, besonders in N. Jaquiers Flagellum haereticorum, nicht entging.[229] Wohl in richtiger Erkenntnis, dass ohne den Glauben an Luftfahrten der Hexenwahn einer der festesten [192] Stützen ermangele, versucht der Malleus in manchen Erwählungen zu beweisen, Luftfahrten dämonischer Art kämen zuweilen wirklich vor. Der Canon, so heisst es daher, handele nur von in der Einbildung vorkommenden, nicht von wirklichen dämonischen Luftfahrten.[230] P. Binsfeld[231] glaubt ebensowohl an phantastische, wie an wirkliche Luftfahrten. Im Kölnischen hielt die erzbischöfliche Behörde noch im Jahre 1538 in dem von Johann Gropper verfassten Enchiridion[232] den Canon episcopi amtlich aufrecht und entzog damit dem Unwesen der Hexenverfolgungen eine Hauptstütze. Aber das Enchiridion kam längere Zeit später auf den Index der verbotenen Bücher,[233] und bei der Durchsicht der Bestimmungen des kanonischen Rechts zu Ende des 16. Jahrhunderts fanden die römischen Theologen (wohl die correctores romani), dass der Canon eine Bestimmung der Synode von Ancyra nicht sei.[234] So erklärt es sich, dass seit 1538 bis zum Erlöschen der Hexenprozesse die Kölner Kurie zur Frage dämonischer Luftfahrten nicht mehr Stellung nahm. Sehr richtig weist selbst J. von Görres[235] darauf hin, dass hinsichtlich solcher Luftfahrten durchgehends nur die Voraussetzung übrig bleibe, die Ausfahrt sei in der Vision geschehen. Ferner hat die Kölner Kurie es vermieden, die Probe des Hexenstigma[236] zu [193] verwerfen. Man liess den Henker gewähren, obschon sogar P. Binsfeld[237] die Stigmaprobe für eine wertlose erklärte. F. von Spee spricht sich ebenfalls im allgemeinen gegen diese Probe aus, scheint aber seltsamerweise an Beschwörungsformeln oder Künste zu glauben, durch welche der Henker zuweilen den Blutumlauf hemmen könne.[238] Ganz entschieden trat dagegen in Verfolg der von höchster Stelle aus ergangenen Verbote der Gottesurteile die geistliche Behörde im Kölnischen gegen die Vornahme der Wasserprobe bei Anklagen wegen Zauberei auf.[239] Die Feuerprobe war am Niederrhein ungebräuchlich.[240] Gegen die angeblich durch Zaubermittel hervorgerufene Impotenz werden in den Kölner Agenden der Jahre 1614 und 1637 zahlreiche Heilmittel kirchlicher Art angegeben, wobei wir gleichzeitig einen seltsamen, ehemals vom Niederrhein verbreiteten Aberglauben kennen lernen. Im Volke glaubte man nämlich vielfach, derartige Bezauberungen dadurch wirkungslos machen zu können, dass die Eheleute im Wege gegenseitiger Vereinbarung ihre kinderlose Ehe für gelöst erklärten, um bald nachher vor einem Priester unter Erneuerung der bei Eheabschlüssen üblichen Versprechungen zum zweiten Male als Eheleute sich kirchlich verbinden zu lassen.[241] Viele Gebete und Beschwörungen gegen Zaubereien anderer Art, die meist mit dem Hexenwahn in losem Zusammenhang standen, finden sich ebenfalls dem Wortlaute nach in den Agenden von 1614 und 1637. Ein Eingehen hierauf würde zu weit führen; gedacht sei nur noch, wegen der so oft in Hexenprozessen vorkommenden Klagen über Viehtötung und Wettermacherei, eines Exorcismus gegen Viehseuchen, und eines andern, bei welchem der Exorcist die vom Teufel zusammengezogenen Gewitterwolken beschwört, sich in waldige Orte zu verziehen, wo Schaden nicht [194] angerichtet werden könne.[242] Die kirchliche Lehre, dass man bei der Abwehr von Übeln irgend welcher Art nicht zu sogenannten Zaubermitteln greifen dürfe, entwickelte im Jahre 1510 der Kölner Inquisitor Jakob von Hochstraeten in einer jetzt sehr selten gewordenen Abhandlung.[243] Dieselbe bietet zwar zur Geschichte des Hexenwahns im Kölnischen nur wenige Anhaltspunkte, verdient aber als eins der ältesten Denkmäler aus der Zeit der niederrheinischen Hexenprozesse eine mit Erläuterungen zu versehende neue Auflage.

Auf sehr unvollständigen Auszügen aus den vorstehend genannten lateinisch geschriebenen Werken beruhen die zahlreichen, der grossen Mehrheit des Volkes zugänglich gewordenen katechismusähnlichen Schriften, die im 16. und 17. Jahrhundert am Niederrhein verbreitet waren. Wohl ausnahmslos vermeiden alle diese Katechismen ein näheres Eingehen auf das Zauberwesen,[244] oder gar auf die Hexenprozesse. Jedenfalls haben ganz richtiger Weise hierbei die höheren kirchlichen Behörden nähere Belehrungen dem Ermessen des Klerus anheimgestellt. Andeutungen über Hexenluftfahrten, Teufelsbuhlschaft, Stigma, Impotenz und so manche andere Ausgeburt der Furcht konnten unmöglich in Handbüchern Platz finden, welche der Kinderwelt nicht fremd bleiben sollten. Die Lehre der Katechismen beschränkt sich daher durchgehends auf Warnungen vor Zauberei und Aberglauben, wobei Einzelheiten fast vollständig in den Hintergrund treten. Und mit ganz besonderm Nachdruck wird häufig darauf hingewiesen, dass der Teufel oder die mit ihm verbündeten Zauberer dem Menschen nur dann Schaden zuzufügen vermöchten, wenn Gott es zulasse, weshalb man auf Gott vertrauen und ihm allein dienen müsse.[245] Die einfachen, [195] im Catechismus Romanus über Zauberei enthaltenen Lehren sind im vorstehenden bereits erwähnt worden. Nächst diesem Katechismus stand im Kölnischen der kleine Katechismus des Jesuiten Canisius länger als zwei Jahrhunderte hindurch in höchstem Ansehen. Kurz heisst es hier beim ersten Gebote: Verboten sind die magische und die Wahrsagekunst, abergläubische Gebräuche und überhaupt jede Art gottentfremdeten Dienstes.[246]

In den Hexenprozessakten findet sich mitunter die Angabe, dass vor oder nach der Folterung ein Priester den Angeklagten exorcisierte.[247] Genaueres wird nicht mitgeteilt; anscheinend handelte es sich einfach um das Verlesen[248] einiger kirchlichen Beschwörungsformeln. Im allgemeinen nahm man an, die Hexen selbst seien selten besessen.[249] Bezüglich der angeblich von ihnen Geschädigten erklärte dagegen die Kölner Kurie noch im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts, dass die Grenze zwischen Bezaubert- und Besessensein schwanke.[250]

Die von den ältern Schriftstellern über den Hexenwahn zur Begründung ihrer Ansichten angeführten Bibelstellen belaufen sich auf mindestens drei bis vier Dutzend. Zu Berichtigungen in dieser Hinsicht fand die Kölner bischöfliche Behörde verhältnismässig selten Anlass, da ihr Censurrecht[251] häufig einfach übergangen wurde.

[196]
Staatliche und kirchliche Erlasse.

Die nachstehende Übersicht bringt ausser einigen Worten über die peinliche Gerichtsordnung Karls V. die wesentlichern Erlasse der Kölner Erzbischöfe oder Diözesansynoden und der Herzöge von Jülich-Kleve-Berg auf dem Gebiete des Zauberwesens und Hexenwahns für die Zeit nach 1490. Wichtigere Entscheidungen aus den Kölner Regiminalprotokollen gehören ebenfalls hierher, weil sie entweder auf den Erzbischof von Köln zurückzuführen sind, oder doch niemals gegen dessen Willensmeinung getroffen werden konnten. Dass somit hervorragende Entscheidungen in Einzelfällen berücksichtigt sind, bedarf wohl kaum einer Rechtfertigung. Einzelentscheidungen bezeichnen häufig die Stellung der massgebenden Kreise zu Rechtsfragen, hinsichtlich deren Behandlung in den allgemeinen Erlassen jeder bestimmte Anhaltspunkt fehlt. Bestimmungen dagegen, die von kleinern Territorialherren bei uns ehemals ausgingen, sowie solche, die in Sendgerichtsordnungen, Dekanatsstatuten, Weistümern und dergl. Platz fanden, bleiben hier unberücksichtigt. Derartige Verfügungen von mehr ortsgeschichtlicher Bedeutung bieten in der Regel schon darum nichts Bemerkenswertes, weil sich in ihnen nur der Geist der ziemlich gleichzeitig von den tonangebenden Herrschern am Niederrhein ausgegangenen Erlasse wiederspiegelt. Eine genaue Sonderung zwischen staatlichen und kirchlichem Bestimmungen ist nicht streng durchführbar. Der Erzbischof vom Köln war gleichzeitig weltlicher Fürst, und der Herzog von Jülich hatte, wo das religiöse Gebiet berührt wurde, auf die Verfügungen des Kölner Diözesanbischofs Rücksicht zu nehmen. Dies erklärt die zuweilen in der Gesetzgebung zu Tage tretende Übereinstimmung zwischen Kurköln und Jülich, die aber nicht hinderte, dass namentlich in den letzten Zeiten der Hexenverfolgungen Jülich die vom Aberwitz errichteten Scheiterhaufen seinem Gebiete thunlichst fern zu halten sich bemühte.

Der Reichstag zu Regensburg erhob i. J. 1532 den Entwurf zu Karls V. peinlicher Gerichtsordnung, der Carolina, zum Gesetz. Das Beweisverfahren im Kriminalprozess wurde damit lediglich gebaut auf Zeugenaussagen und das Geständnis des Angeschuldigten; als Mittel zur Herbeiführung des Geständnisses diente die Folter. So siegte das Inquisitions- über das altgermanische Anklageverfahren. Zauberei wird in den §§ 21, 44, 52 [197] und 109 der Carolina erwähnt. Nach § 21 muss die Anzeige eines Verbrechens auf einer bessern Grundlage beruhen, als auf der trügerischen Kunst eines Wahrsagers oder Zauberers. § 44 zählt die Umstände auf, welche die Anklage auf Zauberei nebst der „peinlichen Frage“ bedingen können: Zaubern lehren, mit Zauberkünsten erfolgreich bedrohen, näher mit Zauberern verkehren und dergl., endlich „des Zauberns auch sonst berüchtigt zu sein“! Dagegen bestimmt § 52, dass der des Verbrechens der Zauberei Geständige nach den nähern Umständen befragt werden muss; nach § 109 wird schädigende Zauberei mit dem Feuertod, nichtschädigende nach „Gelegenheit der Sache“ bestraft. Wann die Carolina im Gebiet des Niederrheins die frühere Rechtspraxis in Strafsachen vollständig verdrängte, ist für unser Thema nebensächlich. Zwischen 1532 und 1592 sind nämlich Hexenprozesse bei uns kaum zu verzeichnen, dann freilich ist in den Akten immer wieder von der Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V., die sich längst eingebürgert hatte, die Rede.

Die Strafbestimmungen der Herrscher von Jülich-Kleve-Berg über den Hexenwahn decken ein oft dagewesenes Schwanken in den Anschauungen über das Zauberwesen auf. Ohne jede Datierung oder Namensnennung erzählt L. Ennen,[252] der Herzog von Jülich-Cleve-Berg habe einst den Befehl gegeben, jeden Hexenrichter, der sein Gebiet betreten würde, in einen Sack zu stecken und zu ertränken. Eine Verfügung dieser Art ist aber weder aus der Scottischen Sammlung, noch aus den Beständen des Düsseldorfer Staatsarchivs zu ermitteln. Wahrscheinlich liegt bei Ennen eine Verwechselung mit einem Erlass des Herzogs Johann von Cleve vor, nach welchem dieser im Jahre 1508 befahl,[253] die Ueberbringer geistlicher Mandate und Bannbriefe in leinene Säcke zu stecken und zu ertränken. Eine ähnliche Verfügung soll nach einer ungenauen Angabe bei J. F. Knapp[254] Herzog Wilhelm III. (V.) von Jülich bald nach 1554 erlassen haben. Bei der Polizeigesetzgebung scheinen die sonst durch Rücksichten auf den Landtag vielfach beschränkten Jülicher Herzöge ziemlich freie Hand gehabt zu haben.[255] In einem umfassenden Polizeiedikte des Herzogs Johann aus dem [198] Jahre 1525 fehlt das Hexen- und Zauberwesen ganz.[256] Derselbe Herzog befahl indes im Jahre 1533,[257] die Zauberer, Wahrsager und „Wederwicker“[258] in seinen Landen nicht zu dulden, sondern „zu peinlicher Straf‘“ zu stellen; die Geistlichkeit solle aufklärend gegen die Ausbeutung der schlichten Unterthanen durch solche Betrüger wirken. Sein Nachfolger Wilhelm III. (V.), der berühmteste der Herzöge am Niederrhein während des 16. Jahrhunderts, erliess im Jahre 1554 eine ausführliche Jülich-Bergische Polizei- und Brüchtenordnung, der vier Jahre später einige Nachträge folgten.[259] Die Ordnung von 1554 trägt an keiner Stelle dem Zauberglauben Rechnung. Der Nachtrag von 1558 dagegen überweist die Bestrafung von Wahrsagern, Zauberern und dergl. den Sendgerichten. Ein Gegensatz zu der kirchlichen Auffassung liegt in einer Entscheidung desselben Herzogs vom 24. Juli 1581 vor. Da wird angeordnet, eine der Zauberei angeklagte Person zu verhaften, sie gütlich und peinlich abzufragen, und, falls ein Bekenntnis nicht erfolge, sie der Wasserprobe zu unterziehen.[260] Lange hielt dieser Erlass nicht Stand. Etwa zwölf Jahre später verbot Herzog Johann Wilhelm, der Nachfolger Wilhelms III. (V.), die Wasserprobe bei Anklagen auf Zauberei zur Anwendung zu bringen.[261] Dann scheint die weltliche Gesetzgebung Jahrzehnte hindurch geschlummert zu haben. Bei dem auf Grundlage der Carolina längst vollständig ausgebildeten Prozessverfahren, lag ein Anlass zu besonders wichtigen ergänzenden Bestimmungen nicht recht vor. Wo die Umstände die Hexenverfolgung begünstigten, stellten die Behörden in den einzelnen Ortschaften die der Zauberei verdächtigen Personen vor das (Orts-) Schöffengericht; dann folgte auf die Untersuchung nach Teufelsmalen (Stigmata) die Folterung und Erpressung der zum Scheiterhaufen [199] führenden Geständnisse. Hierauf fiel die Zahlung der Prozess- und Exekutionskosten, wo es eben anging, den Hinterbliebenen zur Last. Ein so wahnsinniges System zu vernichten, lag nicht in der Hand der Jülicher Herzöge. Deutlich geht indes aus zwei Erlassen des Pfalzgrafen und Herzogs Wolfgang Wilhelm aus dem Jahre 1631 hervor, dass dieser durchaus nicht gewillt war, den Hexenwahn zu fördern, vielmehr nach Kräften sich bemühte, den Verfolgungen ein Ziel zu setzen. In dem Erlass[262] vom 2. Mai 1631 spricht Wolfgang Wilhelm sich gegen die Kompetenz der Unterrichter in Sachen der Hexerei aus und behält die Entscheidung in diesem Punkte für die Zukunft der landesfürstlichen Obrigkeit vor. Und als wenige Wochen nachher die Stände von Jülich-Berg sich über die Verzögerung der Exekution bei Hexenverurteilungen beschwerten, antwortete der Pfalzgraf ausweichend, hier liege eine wichtige Sache vor, die in Erwägung gezogen werden müsste.[263] Aber erst drei Jahre später zeigte sich das Ergebnis dieser Erwägungen in einer nichts Neues bringenden Verfügung vom 21. Juni 1634,[264] welche die Wahrsager aus dem Lande wies und verbot, bei ihnen Hülfe gegen Krankheiten und Viehseuchen zu suchen. Den sehr vereinzelten Hexenprozessen am Niederrhein nach dem Ende des 30jährigen Krieges standen anscheinend die Hofkreise in Düsseldorf und Cleve fern. Zu Ende des 17. Jahrhunderts erschien ein rechtsgeschichtlich bemerkenswerter Erlass des Pfalzgrafen Johann Wilhelm vom 11. Juni 1695, welcher wesentliche Bestimmungen des Prozessverfahrens nach der peinlichen Gerichtsordnung Karls V. aufhob, dabei auch eine Milderung der Tortur eintreten liess.[265] Noch gründlicher wurde 25 Jahre später im Klevischen dem Hexenwahn jeder Boden unter den Füssen entzogen. Eine preussische Gesetzesbestimmung erklärte[WS 1] nämlich Zauberei für ein Wahngebilde[266] und bewirkte so, dass [200] im Klevischen die Hexenverfolgungen nur noch in der Erinnerung fortleben konnten.

Obenan unter den kirchlichen Erlassen über das Zauberwesen und den Hexenwahn in den letzten drei Jahrhunderten vor der Fremdherrschaft stehen bei uns die Beschlüsse der Kölner Provinzial-Konzilien und Synoden, zuletzt derjenigen von 1662. Die Synode von 1536 verbot die abergläubische Anwendung geweihten Wassers, Salzes, Wachses und geweihter Kräuter bei der Heilung erkrankten Viehs. Ferner bestimmte sie, dass Kleriker weder der Wahrsagekunst noch dem Looswerfen ergeben sein dürften.[267] Auf einer Synode von 1548 wurde der bischöfliche Offizial oder Inquisitor angewiesen, gegen Kleriker und Laien, die der Häresie oder Zauberei ergeben seien, vorzugehen. Auch sollte der Klerus zur Erhaltung der Reinheit der Sitten das Volk vor dem Umgang mit solchen Personen warnen.[268] Die Synode von 1550 beauftragte die Sendgerichte, festzustellen, ob Wahrsager oder Beschwörer oder Personen, die mit dem Teufel Gemeinschaft haben,[269] sich in der Pfarre aufhielten; Häretiker und Zauberer sollten vom Empfang der Kommunion ausgeschlossen werden.[270]

Gelegentlich der Synode von 1598 erhielten die Pfarrer im Kölnischen bezüglich der Reservatfälle in der Beichte grössere Befugnisse.[271] Zu solchen Reservatfällen gehörte seit alter Zeit auch die Zauberei.[272] Hierauf erst wieder im Jahre 1662 beschäftigte sich eine Kölner Provinzial-Synode[273] mit dem Zauberwesen und dem Hexenwahn, zu einer Zeit, in der die Hexenprozesse bei uns fast nur noch den Wert einer geschichtlichen Überlieferung hatten. Liest man die langen Bestimmungen durch, so sollte man glauben, die Hexenverfolgungen hätten am Niederrhein [201] noch in vollster Blüte gestanden. Noch einmal werden verschiedene Arten des Zauberwesens angeführt, noch einmal werden Hexen und Zauberer als Verbündete des Teufels und Schädiger der Menschen- und Tierwelt an den Pranger gestellt. Ja, unter Berufung auf Gregor XV.[274] wird angeordnet, sie beim ersten Fehltritt der weltlichen Gerechtigkeit zu überliefern, damit lebenslänglicher Kerker ihr Loos werde. Aber es fällt anderseits doch auf, dass unter den vielen namhaft gemachten Fehlern, deren Rüge oder Anzeige den Pfarrern zur Pflicht gemacht wird, die Zauberei ebensowohl fehlt, wie in den Vorschriften über die Lebensweise der Kleriker.[275] So trug man den vielfach anders gewordenen Anschauungen in etwa Rechnung.

Die Erlasse der Kölner Erzbischöfe bewegen sich ähnlich denen der Regiminal-Protokolle bald auf kirchlichem, bald auf weltlichem Gebiete. Das im Jahre 1538 von Hermann von Wied herausgegebene, von J. Gropper verfasste Enchiridion wurde im vorstehenden bereits erwähnt. Das Enchiridion, dem durch die Aufrechterhaltung des Canon episcopi ein sehr grosses Verdienst um die Bekämpfung des Hexenwahns ganz entschieden zukommt, verbietet ausserdem Astrologie, Wahrsagekunst und das Befragen von Wahrsagern, erklärt es auch für unstatthaft, Zauberei durch Zauberei vertreiben zu wollen. Eine Hexen-Gerichtsordnung aus dem Jahre 1604 wird in den Regiminal-Protokollen[276] angedeutet, ist aber nicht ermittelt. Dies ist deshalb unwesentlich, weil ihre Bestimmungen durch die Prozessordnung[277] hinfällig wurden, welche der Coadiutor und Administrator des Erzstiftes Köln, Ferdinand von Bayern, am 24. Juli 1607 inbetreff des Verfahrens gegen der Zauberei angeklagte Personen erliess. Die Grundlage dieser langen Ordnung bilden die Bestimmungen der Carolina; zahlreiche, sehr dehnbare Erläuterungen, teils zur Strenge, teils zur Milde neigend, lassen dem Ermessen des Richters einen weiten Spielraum. Wenn die Erzbischöfe von Köln in den Agenden von 1614 und [202] 1637,[278] sowie später noch in einer Verfügung vom 18. März 1748[279] bezüglich der Hebammen festsetzen, dass diese vom Verdacht der Zauberei und Ketzerei frei sein müssten, so dürfte hierbei eine seit dem Erscheinen des Hexenhammers beobachtete Praxis zum Ausdruck kommen. Denn der Malleus fabelte über die Gefährlichkeit zauberkundiger Hebammen geradezu ins Blaue hinein. Von Brühl aus bedrohte unter dem 12. März 1622 eine erzbischöfliche Verordnung[280] die Wichler oder Wahrsager mit Gefängnis und Strafe an Leib und Leben. Wer bei Wahrsagern Rat erfragte oder abergläubische Mittel gebrauchte, sollte in eine Strafe von fünf und mehr Goldgulden genommen werden. Die Hexen-Gerichtsordnung von 1607 wurde durch Erzbischof Ferdinand am 27. November 1628 aufs neue für rechtsgültig erklärt; gleichzeitig wurden über die Kosten der Hexenprozesse umständliche Verfügungen getroffen.[281] Seltsam berührt auf den ersten Blick ein Erlass desselben Erzbischofs vom Jahre 1630,[282] worin der Kirchenfürst dem Amtmann in Andernach befiehlt, sich der in seinem Bezirk der Hexerei verdächtigen Personen zu bemächtigen und ihnen Salbentöpfe oder andere der Hexerei verdächtige Geräte abzunehmen. Allein auch in der Geschichte des Kölner Hexenwesens stossen wir auf Nachforschungen nach Töpfen mit irgend einer Salbe,[283] und § 44 der Carolina bestimmt, dass man im Hause des der Zauberei Angeklagten nach eingegrabenen zauberischen Dingen suchen solle. Wie bei den Bestimmungen der Provinzialsynoden, so ebenfalls bei denen der Kölner Erzbischöfe: seit dem letzten Drittel des 17. Jahrhunderts suchen wir wichtigere Verfügungen über den Hexenwahn vergebens.

Manche dunkle Punkte der niederrheinischen Hexenprozesse klären sich nach der rechtsgeschichtlichen Seite hin durch die Angaben der Kölner Regiminalprotokolle in willkommener Weise. Wiederholt empfehlen die [203] kurfürstlichen Räte den Untergerichten, bei schwierigern Fragen Rechtsgelehrte oder höhere Gerichte zu Rate zu ziehen.[284] Zur Vermeidung von Kosten, so heisst es in einem Falle, könne der Schultheiss mit den Protokollen nach Köln zum Rechtsgelehrten sich begeben, anstatt ihn zu sich zu bescheiden.[285] Die Zahl der befragten Rechtsgelehrten musste eine ungerade sein;[286] bei schwierigern Fragen theologischer Art sollte der Generalvikar mit Theologen berathen.[287] Waren der Schultheiss oder seine Verwandten der Zauberei verdächtig, so führte der älteste Schöffe den Vorsitz.[288] Die Geheimhaltung der Protokolle wird an mehrern Stellen, sogar unter Androhung des Verlustes des Schöffenamtes eingeschärft;[289] doch wünschte Erzbischof Ferdinand bei einem der berühmtesten Hexenprozesse,[290] den die Geschichte des Niederrheins kennt, dass die erbetene Herausgabe der Akten den Verwandten der Hingerichteten nicht verweigert werde. Bekanntlich war vor der Anklage auf Zauberei kein Stand, kein Alter, kein Geschlecht geschützt. Nur findet sich in einzelnen Werken die Behauptung, dass man Juden mit derartigen Anklagen verschont habe. Diese Annahme erweisen die Regiminalprotokolle als irrig, indem in zwei Fällen[291] die Räte die Einleitung des Prozessverfahrens gegen Juden anordneten. Vereinzelt wurden vor den gerichtlichen Verfahren Angeklagte gegen Kaution der Haft entlassen; einmal sogar eine ganz unbemittelte Frau ohne Kautionsstellung auf ihren Eidschwur und die Versicherung hin, eingezogen zu Hause bleiben zu wollen.[292] Recht bezeichnend sind einige Verfügungen über die Behandlung von Anklagen [204] (Denunciationen) auf Zauberei. Im Jahre 1572 heisst es ausdrücklich, dass mindestens zwei Zeugen die Anklage begründen müssten;[293] 1604 erscheint diese Bestimmutig mit dem verschärfenden Zusatze: so nur vor einer Person angezeigt, soll nichts vorgenommen werden, es sei denn, dass andere, mehr beständige Anzeichen vorlägen, oder die Angeklagten sonst stark berüchtig seien (Diffamierten).[294] Als im Jahre 1595 zwei „Hexen“ bei den gewöhnlichen Bekenntnissen zehn weibliche Personen als Tanzgenossinnen anzeigten,[295] wurde diesen die Anzeige zum Zweck der Verteidigung (ad defendendum) mitgeteilt. Diese Rechtsauffassung steht nicht ganz vereinzelt da; denn noch im Jahre 1630 besagt ein Beschluss:[296] „weil auf der Hexen denunciationes nicht so steif zu fundiren, sei wohl zu examiniren, ob die sonstigen Anzeichen genügende seien“. Denunciationen gegen Geistliche – manche Anklagen gegen der Zauberei verdächtige Geistliche sind nachweisbar – mussten vertraulich dem Erzbischof mitgeteilt werden.[297] In mehrern Verfügungen werden wesentliche Punkte der Hauptverhandlung in den Hexenprozessen berührt. So drei Anfragen bezüglich der Wasserprobe, die in einem der Vornahme dieser Probe entschieden ungünstigen Sinne Beantwortung finden.[298] Zur Beseitigung der vom Teufel bereiteten Hindernisse (teuflische obstacula) gestattete der Erzbischof im Dezember 1629 die Anwesenheit einiger Geistlichen bei der Tortur der Christina Plum.[299] Zwei Kölner Hexenrichter erbaten sich im gleichen Jahre vom Rat einen gewiegten Theologen der Hexenstigmata wegen.[300] Die Antwort lautete, der Wunsch sei dem Generalvikar mit der Bitte zugestellt worden, einen Theologen zu beauftragen, hier im Rat seine Ansicht zu äussern. Näheres verlautet nicht, doch heisst es bald nachher,[301] die Antragsteller sollten selbst bei der Untersuchung auf Stigmata fleissig zusehen und nicht alles dem Henker und seinen Knechten (Jungen) anheimstellen.

[205] Im allgemeinen endigten die Hexenprozesse nur selten mit Freisprechung. Viele Richter, so berichtet Fr. von Spee, gaben nur sehr ungern die der Zauberei Angeklagten los, weil sie auf deren Ergreifung übereifrig bedacht gewesen waren. Und der Henker glaubte, man würde seiner Kunst misstrauen, falls es ihm nicht gelänge, durch Folterungen ein Bekenntnis zu erzwingen. Ausserdem war vielfach Gewinnsucht wegen der Aussicht auf einen Anteil an der Hinterlassenschaft des Verurteilten mit im Spiele.[302] Einige Fälle, in denen die Verhandlungen zu Gunsten des Angeklagten schlossen, werden in den Regiminal-Protokollen erwähnt. In Brühl gab man im August 1617 die wegen Zauberei verhaftete Klapperhilgen, nachdem sie drei Folterungen überstanden hatte, frei. Sie wurde „ohne einige Relegation gegen gewöhnliche Urfehde“[303] entlassen, dabei indes beschlossen, ihr Treiben zu beobachten und bei neuen Anzeichen aufs neue die Untersuchung gegen sie zu eröffnen. Noch milder ging es im August 1594 in Bonn her, wo es einfach hiess: Weil die Aussagen eigentlich nichts auf Zauberei Bezügliches enthalten, sind auf gewöhnliche Urfehde hin die Weiber freizulassen. In den wenigen übrigen Füllen aber traf die Angeklagten selbst nach überstandener Tortur die harte Strafe der Landesverweisung, wobei man ihnen, je nach Umständen, die Unterhaltungskosten während der Untersuchungshaft entweder in Anrechnung brachte oder erliess.[304] Vergebens bat im April 1630 ein Bonner Bürger, dass seiner wegen Zauberei des Landes verwiesenen Frau die Rückkehr gestattet werde. Die Räte antworteten ablehnend unter Hinweis darauf, dass ein Gerichtsbeschluss vorliege und nur dem Kurfürsten das Begnadigungsrecht zustehe. Die zahllosen Fälle, in denen die der Zauberei Angeklagten das Todesurteil traf, boten zuweilen den kurfürstlichen Räten Anlass zu Entscheidungen. So fragte man aus Andernach im Jahre 1629 an, ob den Verurteilten die Kommunion gereicht werden dürfe. Die Antwort lautete, dass dies in den benachbarten Gebieten, wie auch in Westfalen gebräuchlich sei. Bussfertigen könne das Sakrament gespendet werden, sie würden dadurch vor der Verzweiflung [206] bewahrt,[305] aber die Andernacher hätten sich nach den Weisungen des Kurfürsten von Trier zu richten, dessen Jurisdiktion sie in geistlichen Sachen unterständen.

Zuweilen gestatteten die Räte, dass geständige, zum Tode verurteilte Angeklagte vor der Verbrennung erwürgt[306] (stranguliert) oder enthauptet wurden. „Denjenigen“, so hiess es in Beantwortung einer an den Kurfürsten gerichteten Eingabe aus dem Januar 1629,[307] „welche reumütig (contritae) sind, sich in ihren Bekenntnissen wohl schicken, gütlich bekennen und ihre Mitschuldigen „rundlich“ angeben, kann die Enthauptung (decollatio) zugebilligt werden. Der Amtmann muss aber unparteiisch verfahren, und die Verbrennung hat sich unmittelbar an die Hinrichtung anzuschliessen.“ Die Gnade des Schwertes gab aber durchaus nicht ein Anrecht auf einen Begräbnisplatz in geweihter Erde.[308]

Der Transport der zum Tode Verurteilten zur Richtstätte, war ehemals allenthalben durch bestimmte Vorschriften geregelt.[309] Die Verpflichtung lag, jedenfalls gegen eine ursprünglich festgesetzte Gegenleistung, genau bezeichneten Honnschaften, Höfen, Klöstern u. s. w. ob. Im Kurkölnischen empfand man während der Blütezeit der Hexenprozesse stellenweise diese Transportpflicht als eine zu drückende und kam bei den kurkölnischen Räten um Erleichterung ein. So in Lechenich und Andernach,[310] wo die Verpflichteten zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeit sich fast ausser stande sahen.

Testamente der Hexen, so lautete im Jahre 1629 ein Bescheid, seien nur dann zuzulassen, wenn sie zu frommen Zwecken errichtet würden, ohne den Rechten des Fiskus oder der Parteien etwas zu vergeben.[311] Weniger schroff ist eine ähnliche Entscheidung aus dem folgenden Jahre, laut welcher nach Abzug der Prozess- und Exekutionskosten die testamentarische Verfügung über die Hinterlassenschaft den bussfertigen[312] Verurteilten freigestellt wurde.

[207] Die Bestätigung[313] von Todesurteilen scheint man in Köln, wohl mit Rücksicht auf die Stellung des Kurfürsten als Kirchenfürst, nur selten nachgesucht zu haben. Ein solches Bestätigungsgesuch aus dem Jahre 1641[314] beweist vielleicht, dass man damals schon mancherorts über die Behandlung der seltener gewordenen Hexenprozesse sich nicht mehr recht klar war. Die Beantwortung erfolgte im Namen des Kanzlers und der weltlichen Räte.

Oft starben die zum Tode Verurteilten kurz vor der Verbrennung im Kerker an den Folgen der Folterung. In der Regel hiess es dann zur Beschönigung der tierischen Roheit des Henkers, dass der Teufel die Unglücklichen erwürgt habe. Die Regiminalprotokolle erwähnen zwei solcher Fälle. Ein für Lechenich am 11. Dezember 1604 ergangener Beschluss befiehlt, den toten Körper nochmals zu besichtigen. Ergäben sich bestimmte Anhaltspunkte für eine Erwürgung durch den bösen Feind, so sei die Leiche zu verbrennen, andernfalls müsse sie zum Galgen geschleift und unter demselben vergraben werden. Im zweiten Fall, der die Leiche der in Bonn im Kerker verstorbenen „Moselerin“ betraf, gestatteten die Räte die Begrabung unter dem Galgen, da die als Zauberin berüchtigte Moselerin weder überführt worden war, noch bekannt hatte.[315] Ueberaus häufig tritt in den Regiminalprotokollen die Kostenfrage in die Erscheinung. Die Gebühren des Scharfrichters waren, wie auch die Unterhaltungs- und Prozesskosten, recht hohe, und dabei handelte es sich bei den angeblichen Hexen durchgehends um unbemittelte, oft mit Kindern reichlich gesegnete Personen. Thunlichst suchte jeder Beteiligte die unbequemen Geldopfer andern Schultern, als den seinigen, aufzubürden. Von vornherein galt es freilich als Grundsatz, die Güter der Verurteilten zur Deckung der Kosten heranzuziehen, aber die Hinterlassenschaft reichte hierzu häufig nicht aus. Anfänglich hiess es, das Fehlende ersetze der Kurfürst[316], [208] der seinerseits die ganze Hinterlassenschaft beanspruchte, wenn keine Erben vorhanden waren.[317] Diese Bestimmungen erwiesen sich als ungenügende, man suchte daher andern Rat. Nach einem am 11. Oktober 1627 ergangenen Beschlusse sollte bei unvermögenden Verurteilten der Pfandherr, dem das Einkommen und die Jurisdiktion rechtlich zustand, an den Unkosten sich beteiligen. Als die Kapitulare in Kerpen über die ihnen hierdurch aufgebürdeten Kosten sich beschwerten,[318] verwiesen die Räte auf das Weistum und das Herkommen, erklärten aber eine Entschädigung aus den Gütern der Verurteilten für billig. Ebensowenig fruchtete in ähnlicher Sache der Einspruch des Abts von Heisterbach.[319] Dieser beanspruchte in Flerzheim die Gerichtsbarkeit, schien aber trotz eines von der kurfürstlichen Kanzlei erhaltenen Berichtes (Memorials) nicht recht geneigt, gegen eine der Zauberei Angeklagte in Flerzheim die gerichtliche Verfolgung zu eröffnen. Die Räte liessen die Angeklagte unter Vorbehalt der Rechte des Abts nach Bonn führen und dort vor das Gericht stellen. Die Kosten aber hatte der Abt von Heisterbach zu decken, weil es hiess, er hätte ja auch in Flerzheim bezahlen müssen! Das Holz zu den Hexenscheiterhaufen bezahlte man gleichfalls aus den Gütern der Verurteilten;[320] die Güter flüchtig gewordener, der Zauberei verdächtiger Personen wurden inventarisiert, aber nicht konfisziert.[321] Endlich schuf die Ordnung vom 27. November 1628[322] für manche Fälle bezüglich der Kosten feste Normen, ohne aber damit Beschwerden aller Art zu beseitigen. Fast allenthalben wurde über zu hohe Exekutionskosten geklagt. Dann forderten wohl die Räte die Rechnung ein und setzten einzelne Posten ab. So bewilligten sie keinen Wein bei den Mahlzeiten, auch kein Geld für den Ortspfarrer, da die Mönche es umsonst thäten.[323] Die für Begleitung des Henkers in Ansatz gebrachten Kosten liessen sie dagegen bestehen, weil die Henker ohne Bedeckung (convoi) nicht reisen wollten.[324] Stellenweise [209] war es übrigens so weit gekommen, dass sich für die Güter der dem Feuertod verfallenen angeblichen Hexen Käufer nicht fanden.[325] Wahrscheinlich graute es in solchen Fällen den bemittelten Bürgern vor der Bereicherung mit dem Eigentum der durch einen Justizmord hülflos gewordenen Hinterbliebenen um so mehr, als es damals auch bei den Hexenverfolgungen gegen das „heute mir, morgen dir“ einen einigermassen ausreichenden Schutz nicht gab.


Hexenverfolgungen und Hexenprozesse.

Aus dem kurzen Zeitraum, der zwischen dem Erlass der Bulle Summis desiderantes und dem Erscheinen des Hexenhammers liegt, bewahrt das Düsseldorfer Staatsarchiv anscheinend nur eine auf den Hexenwahn am Niederrhein bezügliche Urkunde. Sie datiert vom 14. August 1486.[326] In ihr verpflichtet sich unter Stellung eines Unterpfandes der der Zauberei beschuldigte Johann von Walde, auf Ersuchen der geistlichen oder weltlichen Räte, oder des Ketzermeisters, jederzeit zur nähern Verhandlung der Anklage sich zu stellen. In der unbestimmten Fassung liegt ein Beweis dafür, dass man damals über die rechtliche Behandlung der Anklagen auf Zauberei bei uns stellenweise sich nicht recht klar war. Man kannte mit Bestimmtheit nicht das Gericht, vor welchem der Angeklagte erscheinen sollte, und stellte daher neben einer geistlichen oder weltlichen Behörde auch den Inquisitor (Ketzermeister) in Aussicht. Über den Verlauf der Verhandlungen gegen Johann von Walde ist weiteres nicht bekannt.

Einige Jahre später versuchte der Hexenhammer eine Regelung des Rechtsverfahrens beim Zauberwesen. Der Malleus wollte nicht die weltlichen Gerichte von der Führung der Hexenprozesse ausschliessen, sondern befürwortete ein einträchtiges Nebeneinanderwirken der Inquisitions- und weltlichen Gerichte.[327] Am Niederrhein ist allem Anschein nach damals sofort die Führung der Hexenprozesse ausschliesslich in die Hände weltlicher Richter übergegangen. In keiner der oft ausführlichen Notizen über Hexenverfolgungen während der Zeit [210] vom Ausgang des Mittelalters bis zur Einführung der Peinlichen Gerichtsordnung Karls V. tritt bei uns ein direkter oder indirekter Einfluss der Inquisition oder anderer geistlicher Behörden auf die gerichtlichen Verhandlungen zu Tage. Allüberall sind es die Vögte oder die Schöffengerichte, welche die Entscheidung in die Hand nehmen. Selbstredend wären die Hexenverfolgungen, bei denen wesentlich Fragen theologischer Art in Betracht kamen, bei einem entschiedenen Widerspruch der geistlichen Behörden überhaupt ganz unmöglich gewesen. Einen direkten[328] Widerspruch hatten indes die Bulle Summis desiderantes und der Hexenhammer lahmzulegen versucht, ohne freilich vielerorts einen gewissen bedingten Widerstand beseitigen zu können. Das Vorhandensein eines solchen bedingten Widerstandes folgt für die letzten Jahrzehnte vor 1539 sogar für die höchste kirchliche Stelle schon aus der Thatsache, dass der Kölner Erzbischof Hermann von Wied einem hervorragenden Gegner des Hexenwahns, dem gelehrten Agrippa von Nettesheim[329], freundlich gegenüberstand, ja sogar später durch die Aufnahme des Canon episcopi in das wiederholt erwähnte Enchiridion (1538) den Verfolgungen eine Hauptstütze entzog.

Vielleicht war die Verbrennung einer Frau zu Hochkirch im Dekanat Bergheim-Erft im Jahre 1491 die erste Hexenverbrennung, welche nach dem Erscheinen des Hexenhammers am Niederrhein vor sich ging. Eine zu Hochkirch (Hoenkirch) verbrannte Frau, so berichtet der Vogt zu Bergheim im Oktober 1491,[330] hatte eine andere Frau „besagt“ (berüchtigt). Die Beschuldigte wurde zu Bergheim ins Gefängnis gesetzt und dort durch den Scharfrichter an sieben Tagen auf das schärfste gefoltert. „Die Kunst des Scharfrichters“, so heisst es weiter, „ist erschöpft, die Gesundheit der Angeklagten vollständig gebrochen, ein Bekenntnis war nicht zu erzwingen, was ist weiter zu thun?“ Wird auch in diesem Berichte des [211] Bergheimer Vogts von Zauberei nicht gesprochen, so bleibt doch die Annahme eines andern Verbrechens ungefähr ausgeschlossen.[331] Deutlicher gehalten und von grösserer Wichtigkeit ist eine ebenfalls im Düsseldorfer Staatsarchiv vorhandene Urkunde vom 21. Oktober 1499.[332] Da sendet der Amtmann von Rheinberg dem Richter von Angermund das Bekenntnis einer dem Scheiterhaufen verfallenen Zauberin. Giertken Blanckers bekennt hierin, des Zauberns seit 20 Jahren kundig zu sein und so lange mit dem Teufel gebuhlt zu haben. Sie hatte vier Hexensabbathen (Kapiteln) beigewohnt, bei denen einige namhaft gemachte Personen sich beteiligten. Hier wiederum die jedenfalls durch die Folter erzwungene Angabe von Mitschuldigen und das Hervortreten des Glaubens an Luftfahrten!

Der Wende des 15. Jahrhunderts gehören einige Aktenstücke an,[333] die zur Geschichte des Hexenwahns in Düsseldorfs nächster Nähe manchen willkommenen Aufschluss bieten. Kurz ergiebt sich aus ihnen folgendes: Der Landwirt Adolf Schlingerstock in Angermund erlitt durch das Kranksein seiner Pferde und den kargen Milchertrag seiner Kühe eine empfindliche Einbusse. Zwei um Rat befragte Geistliche gaben Mittel (jedenfalls Arzneimittel) an, die wenig fruchteten. Schlingerstock hielt nunmehr sein Vieh für bezaubert. Hierin bestärkte ihn der Meister Konrad Steinbrecher in Alpen, der, wohl durch Molkenzauberformeln,[334] ermittelt haben wollte, dass Irmgen Neckels die Zauberin sei. Schlingerstock klagte vor Gericht, musste aber nebst der Angeklagten Irmgen auf Wochen hinaus ins Gefängnis wandern, bis es ihm gelang, Bürgen zu stellen. Meister Steinbrecher gab jetzt der Irmgen einen narkotischen Trank, um während des Deliriums ein Bekenntnis der Schuld zu erhalten. Dies misslang, und ebensowenig fruchtete die Anwendung der Folter. Der Ausgang der Sache geht aus den Akten nicht hervor; wahrscheinlich endigte das Ganze mit einer Freisprechung. Rechtsgeschichtlich bemerkenswert ist die Thatsache, dass man den Kläger und die Beklagte [212] in Gewahrsam brachte, wie dies auch den Bestimmungen der 33 Jahre später erlassenen Peinlichen Gerichtsordnung Karls V. entspricht.[335] Ferner fällt es auf, dass der Wahrsager Steinbrecher trotz der vielen gegen Wahrsagerei längst erlassenen Bestimmungen sogar als Sachverständiger zugezogen wurde. Und endlich liegt hier einer der wenigen Fälle vor, in denen das Darreichen eines narkotischen Tranks zur Erzielung eines Bekenntnisses urkundlich verbürgt ist.

Von einem solchen Getränk sprechen J. Weyer und Fr. von Spee.[336] Entrüstet fragt Weyer, wie es um die Wahrheit eines Bekenntnisses stehe, das nach dem Genuss eines trunken oder wahnsinnig machenden Getränkes abgelegt worden sei? Spee kennt zwar nicht die Art des Tranks, durch welchen man den Zauber des Schweigens, das sog. maleficium taciturnitatis, brechen wolle, weiss aber, dass nach seiner Anwendung die Angeklagten ihrer eigenen Angabe nach vollständig geistesverwirrt geworden waren. Der Gedanke an narkotische Getränke liegt auch bei einer bemerkenswerten Stelle in den Kölner Regiminal-Protokollen[337] sehr nahe. Im Dezember 1629 wurde nämlich den kurkölnischen Räten gemeldet, dass „in puncto veneficii“ zu Bleisheim einige Malefiz-Personen unter der Tortur stumm blieben oder phantasierten (obmutescierten und dementierten), gleichsam als wenn sie im Schlafe seien“. Die Räte empfahlen die Inanspruchnahme frommer, in der Nähe befindlicher Pastores und Priester, sowie den Exorcismus. Jedenfalls lag also ein seltener, ihnen unerklärlicher Fall vor. F. v. Spee hält es ebenfalls für ziemlich unmöglich,[338] dass man während der Folterung einschlafen könne, doch ist ein solches Einschlafen höchst vereinzelt auch anderweitig nachweisbar.[339] Wenn, wie im Bleisheimer Falle einige Angeklagte während der Folterung wie Schlafende schwiegen oder phantasierten, so hatte wohl ein vom Henker ihnen gereichtes [213] narkotisches Mittel ihre Sinne umnachtet. Andere Erklärungsgründe, z. B. Verstellung infolge gemeinsamer Verabredung vor der Folterung, oder gleichmässige Wirkung der Tortur, haben nur wenig Wahrscheinlichkeit für sich. Für den Niederrhein bietet die obige Urkunde vom 9. Oktober 1499 vielleicht das einzige Beispiel, wobei die Darreichung eines narkotischen Tranks an der Zauberei Verdächtigte erwähnt wird. Dies braucht nicht aufzufallen. Nicht immer mag der Henker der Bereitung kundig gewesen sein, oft auch mögen die Richter die Anwendung eines so tückischen und obendrein ganz unsichern Mittels wenn nicht verboten, so doch mindestens verschwiegen haben.

Für die ersten vier Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts sind Hexen-Verfolgungen oder -Prozesse für folgende Gegenden bezw. Ortschaften am Niederrhein nachweisbar:[340] Aachen, Ahrweiler, Bergheim-Erft, Brauweiler, Düren, Elten, Emmerich, Grevenbroich, Heinsberg, Jülich, Köln, Linnich, Nideggen, Ratingen und Xanten. In den Reichsstädten Aachen und Köln kamen, soweit es sich übersehen lässt, die Angeklagten mit leichteren Strafen davon, während anderorts meist auf die Strafe des Feuertodes erkannt wurde. Hier ein bezeichnendes Beispiel einer Hexenverurteilung aus der im Düsseldorfer Staatsarchiv befindlichen Kellnereirechnung des Amtes Grevenbroich vom Jahre 1502/03. Geyrt auf dem Berge war von ihren Nachbarn als Zauberin verschrieen worden. Man schaffte sie nach Grevenbroich, wo sie länger als vierzehn Wochen im Gefängnis sass und schliesslich dort starb. Die Nachbaren waren bei ihrer Behauptung geblieben, auch hatte Geyrt selbst einiges ihr zur Last Gelegte zugegeben, so namentlich, sich dem Teufel ergeben, sowie ein Pferd und ein Schwein zu Grunde gerichtet (gedort) zu haben. Aus der Kostenaufstellung ergiebt sich der Lauf des gegen sie und zwei andere, wohl auch wegen Zauberei eingekerkerte Frauen geführten Prozesses. Zweimal musste ein Bote den viel beschäftigten Scharfrichter Meister Michel in Jülich bestellen. Als dieser mit seinem Knechte endlich in Grevenbroich erschien, folterte er die Frauen achtmal, scheint aber erst zum Ziele gekommen zu sein, als er nach kurzer Unterbrechung die Folterung wiederholte. Das Bekenntnis [214] wurde zur Bestätigung an den Jülicher Herzog nach Hambach geschickt, worauf man die beiden Frauen verbrannte. Die Rechnung weist ausser den Ansätzen für den Unterhalt und die Löhnung des Henkers mehrere Posten für Folterwerkzeuge auf: Seil, Kerzen und andere Gerätschaften, Ketten, Klammern und Haken.[341] Wein und Brot (Weggen) nebst den Schanzen und dem trocknen Holze für den Scheiterhaufen kamen ebenfalls in Ansatz. Ähnlich das Verfahren in spätern Fällen im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts, in denen die Anklagen vor den Schöffengerichten im Jülich-Bergischen erfolgten.[342] An keiner Stelle findet sich angedeutet, dass eine allgemeine herzogliche Verfügung die Anklagen auf Zauberei den Schöffenstühlen überwiesen,[343] oder dass man Zauberei als ein Ausnahmeverbrechen (crimen exceptum) betrachtet habe.[344] Von 1423 an hatten die Landesherren in Jülich-Berg in zahlreichen Urkunden sich verpflichtet, die Bürger bei Schöffenurteil zu lassen, sich aber bei verhängten hohen Strafen „Leib und Gut antreffend“ ein gewisses Bestätigungsrecht vorzubehalten.[345] So erklären sich die freie Wirksamkeit der Schöffenstühle und die Nachsuchung einer Bestätigung der gefällten Todesurteile.

Die zweite Periode der niederrheinischen Hexenverfolgungen in der neuern Zeit fällt mit der Regierung Herzog Wilhelms III. (1539–1592) von Jülich-Cleve-Berg zusammen. Dank der Wirksamkeit aufgeklärter Räte und eines ausgezeichneten Leibarztes (Weyer), blieb Wilhelm III. (V.), wenn nicht alles täuscht, bis zu seinem Lebensende ein Gegner des Hexenwahns. Die Bestätigung eines Todesurteils gegen eine sogenannte Hexe kann ihm nicht nachgewiesen werden; während seiner mehr als 52jährigen Regierung ruhten daher die Verfolgungen in seinem weiten Gebiete fast gänzlich. Weyers Wirksamkeit ist bekannt; der schöne Grundsatz der herzoglichen [215] Räte, dass es ein gottloser Unfug sei, Widerwärtigkeiten auf den Teufel oder auf Zauberer zurückzuführen,[346] mag für die Thätigkeit Weyers eine kräftige Stütze gewesen sein. Jülich-Cleve-Berg kommt daher für die zweite Periode nur wenig in Betracht. In einem Hexenprozesse in Grevenbroich (1553–1554) sandte man die Akten nach Düsseldorf, aber jede Antwort fehlt. Jedenfalls hintertrieb man am Hofe die Verbrennung der Angeschuldigten. Am Tode einer von roher Hand in Düren kurz vor 1563 zu Tode gefolterten „Wettermacherin“ ist Wilhelm III. (V.) unschuldig; die Befreiung von 16 „Molkenzauberinnen“ in der Grafschaft Mark rechnet ihm Weyer[347] mit Recht hoch an. Auf den ersten Blick fällt es auf, dass der Herzog im Jahre 1581 die Wasserprobe mit einer der Zauberei Angeklagten vorzunehmen befahl.[348] Ist der Erlass überhaupt authentisch,[349] so lagen wohl ganz besondere Gründe vor und war die bei betrugloser Anwendung ungefährliche Wasserprobe vielleicht nur gewühlt, um die Angeklagte der Verfolgung zu entziehen. Für Kaster und Bergheim-Erft sind einige Hexenprozesse in den Jahren 1590 und 1591 nachweisbar. Auch hierfür kann Wilhelm III. (V.) nicht verantwortlich gemacht werden. Es ist nicht erwiesen, dass er diese Prozesse gebilligt hat, und zudem war der Herzog damals längst ein geistig und körperlich gänzlich gebrochener Mann.[350]

Im Kölnischen hatte man ebenfalls während der letzten 50 Jahre vor 1592 durchgehends Wichtigeres zu thun, als angeblichen Zauberern nachzuspüren; auch hier feierten die Hexenrichter. 1574 verbrannte man einige Hexen in Linz a. Rh., 1583 und 1590 fürchtete man sich vor Zauberern im Amte Andernach und in Hülchrath, und zu den Jahren 1572 und 1581 liegen ein paar unbedeutende Notizen über Hexenverfolgungen im westfälischen Teil der Kölner Erzdiözese vor. Das Beispiel der Grossen, also Jülichs und Kölns, mag auf die kleinern Territorialherren am Niederrhein von Einfluss gewesen, sein, doch [216] haben die Gladbacher und die Essener Gegend im letzten Jahrzehnt vor 1592 von der Seuche der Hexenverfolgungen sich nicht freigehalten. Auch aus Druckwerken des 16. Jahrhunderts lässt sich der Nachweis führen, dass am Niederrhein während der langen Regierung Wilhelms III. (V.) Hexenverfolgungen selten waren. Weyer[351] klagt weniger über Hexenverurteilungen, die zu seiner Zeit erfolgt seien, als über die drohende Gefahr einer allgemeinen Hexenhetze. Und der Pfarrer Agricola bestätigt noch im Jahre 1597, dass an manchen Orten die Hexenverfolgungen seit vielen Jahren ganz geruht hätten,[352] während wir gleichzeitig durch Graminaeus[353] erfahren, dass Adelige oder andere Standespersonen häufig sich weigerten, bei Hexenprozessen als Beisitzer des Gerichts thätig zu sein.

Vielfach loderten in rheinischen Gegenden seit dem Beginn der letzten Jahrzehnts des 16. Jahrhunderts die Hexenscheiterhaufen wieder auf. Nicht unwesentlich mag hierzu die Verwilderung der Sitten beigetragen haben, die, ähnlich wie 40 Jahre später, inmitten des 30jährigen Krieges, als unausbleibliche Folge jahrelang fortgesetzter Verheerungen durch zügellose Kriegsscharen einen fruchtbaren Boden für abergläubische Verfolgungssucht geschaffen hatte. Einen bedeutenden Anstoss gaben die Ereignisse im Kurtrierischen. Dort hatte eine durch viele Jahre andauernde Unfruchtbarkeit, die man auf Hexen und Zauberer zurückführte, eine Hexenausrottung in grossem Stil hervorgerufen.[354] In Jülich-Cleve-Berg hatte nach dem Ableben Wilhelms III. (V.) im Januar 1592 dessen geisteskranker Sohn Johann Wilhelm die Regierung übernommen. Die Krankheitsgeschichte dieses unglücklichen Fürsten entrollt ein seltsames Bild über den Aberglauben und das Zauberwesen, die am Düsseldorfer Hofe in den höchsten Kreisen ihre Anhänger [217] fanden.[355] So wenig aber auch der Hof von abergläubischen Anschauungen freizusprechen ist: bezüglich der Hexenverfolgungen ruhte auf ihm sowohl in den Tagen Johann Wilhelms, als in denen seiner Nachfolger, der Geist Herzog Wilhelms III. (V.) und des grossen Vorkämpfers gegen den Hexenwahn, Johann Weyer. Kaum jemals, höchstens nur in sehr vereinzelten Ausnahmefällen, haben Herzog Johann Wilhelm und seine Nachfolger, die Pfalzgrafen,[356] seit 1592 eine Hexenverbrennung gestattet. Auch im Clevischen gehörten Hexenscheiterhaufen zu den grössten Seltenheiten; eine umfangreiche handschriftliche Chronik[357] im Düsseldorfer Staatsarchiv verzeichnet für die Zeit von 1609–1682 nicht einen einzigen Fall. Die kleineren Gebietsherren vom Niederrhein dagegen, denen das ius gladii zustand, haben häufiger durch Beförderung der Hexenprozesse sich ausgezeichnet, was zu den bereits erwähnten Erlassen des Pfalzgrafs Wolfgang Wilhelm im Jahre 1631 Anlass gab.[358] Forschungen über den Umfang der Hetze in diesen unbedeutenderen Gebieten führen bei der durchgehends überall vorliegenden Dürftigkeit der urkundlichen Quellen selten zum Ziel.

Wie die unten angeschlossene Übersicht ausweist, spielten sich die meisten niederrheinischen Hexenverfolgungen während der sechs Jahrzehnte von 1590 bis 1650 im Kurkölnischen ab, und zwar besonders während der langen Regierung des Kurfürsten und Erzbischofs Ferdinand von [218] Bayern (1612–1650; Coadjutor seit 1595). Dieser Kirchenfürst war in seinen Anschauungen über den Hexenwahn anscheinend noch befangener, als seine Zeitgenossen, die Bischöfe von Bamberg und Würzburg und der Trierer Weihbischof P. Binsfeld, die Haupttriebfeder[359] der Hexenverfolgungen im Trierischen. Deutlich gehen die Auffassungen des Erzbischofs Ferdinand aus seinem Verhalten in den Hexenverfolgungen zu Köln[360] und aus manchen Stellen der Kölner Regiminalprotokolle hervor. So sein Interesse an der Sache, wenn es heisst: hohe Notdurft erfordert und Kurfürstl. Durchl. haben befohlen, allenthalben im Erzstift mit Ausrottung des gräulichen Lasters der Hexerei vorzugehen[361] … K. D. befehlen, dem Hexenlaster ein schleuniges Ende zu machen;[362] oder wenn der Kurfürst wiederholt um die Zusendung der Protokolle zu eigenen Händen ersucht,[363] wobei er Geheimhaltung zusichert. Mehr noch spricht für seine rege Aufmerksamkeit gegenüber den Hexenverfolgungen die Ernennung eigener Kommissare. Als im Erzstift Köln von 1628 ab ein paar Jahre hindurch die Verfolgungssucht von Zeit zu Zeit sich steigerte, machte sich, wie so oft in der Geschichte des Hexenwahns dagewesen, wiederum eine starke Gegenströmung bemerkbar. Mancherorts verreisten die Schöffen, oder suchten sich sonstwie ihren Verpflichtungen als Richter zu entziehen.[364] Da gestattete in einem Falle Erzbischof Ferdinand durch seine Räte, dass die leeren Schöffenstühle durch Schöffen aus benachbarten Gebieten besetzt werden könnten,[365] ernannte sogar eigene Kommissare und einen eigenen Rechtsgelehrten aus Köln zur Erledigung der Hexenprozesse.[366] Hierauf teilweise beruht unter anderem die [219] unheilvolle Wirksamkeit des berüchtigten Hexenrichters Buirmann im kölnischen und des Kaspar Reinhart[367] im westfälischen Teil der Erzdiözese. Zur Charakteristik der unglaublichen Leichtgläubigkeit des Kurfürsten Ferdinand hier nur zwei Beispiele. Auf die Kunde, dass nach den Bekenntnissen hingerichteter Zauberer die Hexen bei ihrem Tanz sich vorgenommen hätten, ein Wetter zu machen und die Früchte zu verderben, liess er sofort die Protokolle einfordern.[368] In Köln legte er sogar keinen Einspruch dagegen ein, dass eine der Zauberei Angeklagte durch die Kirchen an den Beichtstühlen vorbeiging, um namentlich von den Geistlichen diejenigen zur bezeichnen, welche auch „von der Kunst seien.“[369] Und als der Dechant von St. Severin durch ein inhaltlich überaus klägliches Gedicht[370] in Köln die Hexenfurcht auf die Spitze zu treiben suchte, hatte er den Erzbischof ganz auf seiner Seite.[371] Den Hexengerichtsordnungen Ferdinands von 1607 und 1628 kann das Verdienst nicht streitig gemacht werden, in eine wenig geregelte Prozessführung und in die Kostenberechnung eine gewisse Ordnung gebracht zu haben. Einzelne Bestimmungen, so die Warnung vor den durch boshafte „Vetteln“ und leichtfertige Gesellen gemachten Anklagen, ausserdem namentlich auch das Festhalten am Grundsatze einer nur einmaligen[372] Tortur, verdienen sogar alle Anerkennung. [220] Aber im grossen Ganzen tritt doch in der teilweise auf die Carolina sich stützenden Ordnung von 1607 eine an Roheit streifende Verirrung der Auffassung zu Tage, und die salbungsvollen Phrasen, mit denen stellenweise die langen Kautschukparagraphen gewürzt sind, können den Eindruck des Widerwärtigen, den das Machwerk eines verdunkelten Geistes[373] hervorruft, nur erhöhen. Wie allbekannt, gab es niemals Gerichtsverhandlungen, in denen die Frauenwürde in schamloserer Weise mit Füssen getreten wurde, als eben die Hexenprozesse. Völlige Entblössung durch den Henker und seine Knechte, Untersuchung des Körpers auf Amulette und Stigmata in Gegenwart von Schöffen und anderen Personen, hierauf eine jeder Beschreibung spottende, überaus qualvolle Folterung – dies stand jeder der Zauberei Angeklagten in ziemlich sicherer Aussicht. Dass selbst die verkommensten weiblichen Personen einer solchen Aussicht zitternd und zagend gegenüberstehen oder in laute Klagen ausbrechen, versteht sich ganz von selbst. Die Gerichtsordnung von 1607 ist aber anderer Ansicht. Wenn, so heisst es ungefähr, die Angeklagte zittert oder verwirrt erscheint, das Haupt neigt und den Blick zur Erde senkt, so hat sie wohl ein schlechtes Gewissen,[374] und wenn gar die Angeschuldigte bei ihrer Verhaftung klagt: nun ist es mit mir vorbei und dergl., so liegt darin ein höchst sicheres Anzeichen der Schuld.[375] Empörend berührt namentlich der Schluss der genannten Ordnung. Sehr häufig wurde ein in der Folterung gemachtes Bekenntnis später widerrufen. In solchen Fällen konnte die Folterung wiederholt werden. Hatte nun der Angeklagte dreimal bekannt, dreimal widerrufen und drei Folterungen durchgemacht, so wurde er trotzdem nicht immer den Seinigen wiedergegeben. Die Akten mussten vielmehr dann dem Kurfürsten zur Entscheidung der Frage vorgelegt werden, [221] ob der Gefolterte freizulassen oder mit der Strafe der Landesverweisung zu belegen sei.[376] Selbst bei einem Ausnahmeverbrechen,[377] als welches die Zauberei im Jahre 1607 längst galt, erscheinen derartige Bestimmungen als überaus harte.

Erzbischof Ferdinand stand mit seiner Hexenfurcht im Klerus der Erzdiözese nicht allein da. Die unbedeutenden Schriften seiner auf die Verfolgung der Zauberer bedachten Zeitgenossen, des Pfarrers Agricola und des Dechanten von St. Severin in Köln, sind im vorstehenden bereits erwähnt worden. Etwas auffälliger Weise stand auch der bekannte Geschichtsfreund Generalvicar Johann Gelenius[378] auf Seiten des genannten Dechanten. Bei näheren Untersuchungen liesse sich wohl die Zahl solcher Anhänger unter den geistlichen[379] Beratern Ferdinands etwas mehren, aber unzweifelhaft hat damals die grosse Mehrheit des niederrheinischen Klerus den Hexenverfolgungen sich ferngehalten. Hierzu mag als nebensächlich angeführt werden, dass manche Kleriker selbst im Verdacht der Zauberei standen und einzelne sogar als Zauberer verbrannt wurden, während andere der verfolgten Hexen öffentlich sich annahmen. Schwerer wiegt der Umstand, dass in der Litteratur und in den niederrheinischen Hexenprozess-Akten kaum jemals von einer andern als von einer rein seelsorgerischen Thätigkeit der Geistlichen bei der traurigen Verirrung der Rechtspflege die Rede ist. Hätte durchgehends der Klerus in Sachen des Hexenwahns die Furcht des Oberhirten[380] geteilt, so hätte die Zahl der Hexenrichter und [222] der Scheiterhaufen mindestens verzehnfacht werden müssen; unmöglich wären dann grosse Gebiete, so namentlich Jülich-Kleve-Berg, von der geistigen Seuche ungefähr ganz verschont geblieben.

Manche Umstünde veranlassten, dass auch im Kölnischen die Hexenprozesse bald nach 1632 seltener wurden. Das Beispiel Kleves und Jülich-Bergs, die immer mehr sich Bahn brechende Ueberzeugung, dass die vervollkommneten Folterungsarten so ziemlich in jedem Falle ein seinem Kern nach wertloses Geständniss erzwingen könnten, wahrscheinlich auch in etwa die Mahnungen von Spees Cautio criminalis, dies Alles trug mit dazu bei, den Hexenprozessen ihr Grab zu bereiten. Freilich fällt die Wirksamkeit Buirmanns in der Sieggegend in die zweite Hälfte der dreissiger Jahre des 17. Jahrhunderts, auch lassen sich anderweitig im Niederrheinischen bis zur letzten Hexenverbrennung in Gerresheim (1738) noch einige vereinzelte Verfolgungen nachweisen, aber im allgemeinen war am Niederrhein nach 1632 die Kraft der Hexenprozesse gebrochen.

Aachen sah die letzte Verbrennung einer „Hexe“ in seinem Gebiet im Jahre 1649,[381] Köln dasselbe Schauspiel sogar noch im Jahre 1655.[382] In beiden Fällen handelte es sich um Mädchen von nur zwölf bis dreizehn Jahren. Das Kind in Köln war schon im Alter von kaum zehn Jahren infolge seines Bekenntnisses, sich am Hexentanz beteiligt zu haben, im Jahre 1653 auf den Turm gebracht worden, konnte aber nicht eher, als im Februar 1655 hingerichtet werden, weil die Schöffen sich weigerten, über dasselbe vor Erreichung des zwölften Lebensjahrs zu „judicieren“.[383] Man enthauptete es vor der Verbrennung, während man in Aachen sechs Jahre vorher das verurteilte dreizehnjährige Mädchen ohne Gewährung der Gnade des Schwertes verbrannt hatte.[384]

[223] Mit den Hexenprozessen schwand indes nicht die Furcht vor Hexen und Zauberern. Diese nahm erst ganz allmählich ab, vielleicht am meisten während der mit so vielen Ueberlieferungen des Mittelalters gründlich abrechnenden Zeit der Fremdherrschaft. Selbst heutzutage wissen die niederrheinischen Zeitungen zuweilen noch über seltsame Fälle von Hexenaberglauben zu berichten, – ich erinnere hier nur an K. Dirksens interessante Mitteilungen aus der Ruhrorter Gegend zum Jahre 1882.[385] Schliesslich seien noch einige nicht unwesentliche Einzelheiten flüchtig gestreift.

Die Folter war bei uns lange vor dem Ausgang des Mittelalters bekannt; Genaueres ist indes nicht ermittelt. Das Jülicher Landrecht[386] erwähnt sie im 55. Artikel: Verübung von Notzucht an Jungfrauen. In zwei[387] niederrheinischen Urkunden von 1379 und 1466 kommt die Folter bei Diebstahl bezw. Sodomie vor; in Köln wandte man sie im Jahre 1332 gegen einen Sektierer an, um die Namen von Mitschuldigen zu erfahren.[388] Die Grundsätze, nach denen sie gegen die auf Zauberei Angeklagte zur Anwendung kam, sind längst in zahllosen Schriften eingehend erörtert worden. Irrig ist die stellenweise vorkommende Angabe, dass solche Angeklagte der Folterung entgingen, wenn sie im Bewusstsein ihrer Widerstandsunfähigkeit von vornherein sich als Schuldige bezeichneten. Ein Bekenntnis musste vielmehr durch die Folter bestätigt (konfirmiert) werden, wie dies die Kölner Regiminal-Protokolle[389] und ein berühmter Hexenprozess aus dem Ende des 16. Jahrhunderts beweisen.[390] Nicht mit Unrecht nennt Fr. von Spee die Folter die „Allmächtige“.[391] Hauptsächlich auf ihrer grauenerregenden [224] Wirksamkeit beruht, wie von Wächter[392] mit logischer Schärfe entwickelt, die Uebereinstimmung in den von den unglücklichen Opfern abgelegten wertlosen Bekenntnissen. Derselbe Schriftsteller führt unter Berufung auf F. von Spee weiter aus, dass manche Verurteilten aus Furcht vor einer Wiederholung der Folterung vor ihrem Tode nicht wahrheitsgemäss zu beichten wagten.[393] An der Richtigkeit seiner Ausführungen ist nicht zu zweifeln. In niederrheinischen Hexenprozessen findet es sich zuweilen verzeichnet, dass man dem Verurteilten einen von ihm bezeichneten Beichtvater verweigerte.[394] Da schlummerte wohl die Furcht vor Weiterungen, die durch einen Widerruf der durch die Tortur erzwungenen Geständnisse entstehen könnten, im Hintergrunde. Und deshalb übten lieber die Hexenrichter auf ihre Opfer noch an der Schwelle der Ewigkeit einen gefühllosen seelischen Zwang aus![395]

Advokaten, welche die Rechte der wegen Zauberei Angeklagten vor Gericht vertraten, kommen in den niederrheinischen Hexenprozessen bis zum Ende des dreissigjährigen Krieges anscheinend nicht vor. Eine wackere Verteidigung hätte dem Verteidiger gar zu leicht den Scheiterhaufen als Lohn eingebracht.

Täuschung aller Art spielte bei der Feuer-[396] und Wasserprobe eine grosse Rolle. Bekanntlich erklärt das Leidenfrostsche Phänomen sehr leicht, warum man die befeuchtete Hand in glühend flüssiges Metall tauchen kann, ohne sich zu verbrennen. Gewisse Grundzüge der von Leidenfrost im 18. Jahrhundert genauer beobachteten Erscheinung waren, dem häufigen Bestehen der Feuerprobe nach zu schliessen, schon in früh mittelalterlicher Zeit bekannt. Im ältesten Beispiel eines Eintauchens des Armes in siedendes Wasser[397] wird vorher der Arm mit Öl und Salbe bestrichen. Ferner giebt Albertus Magnus Rezepte für das Gelingen von Feuerordalien an: Eibisch, Rettich, Flohkrautsamen, Eiweiss und Kalk.[398] Und nach [225] dem Hexenhammer erklären sich die der Zauberei Verdächtigten in der Regel gern zur Probe des glühenden Eisens bereit; der Teufel könne, so glaubte man, durch natürliche Mittel das glühende Metall wirkungslos machen.[399] Somit bietet die Erklärung des öftern Gelingens der Feuerprobe nur wenig Schwierigkeiten.[400] Anders mit der Wasserprobe, bezüglich welcher es bis jetzt nicht gelungen ist, das in zahllosen Fällen vorgekommene Aufschwimmen der „Hexen oder Zauberer“ ausreichend zu erklären. „Ging alles mit rechten Dingen zu“, sagt S. Riezler,[401] „so musste die Angeklagte untersinken. Mit Recht hat daher schon ein älterer Autor bemerkt, dass es von der Bosheit oder Gunst desjenigen, der den Strick hielt, abhing, die Hexe schwimmen oder versinken zu lassen.“ Letzteres ist insofern unzweifelhaft richtig, als sehr häufig der Henker, wo es an der genügenden Aufsicht mangelte, von diesem Kunstgriff Gebrauch gemacht haben mag. Aber der Kunstgriff war doch ein allbekannter, und das Aufwerfen auf das Wasser erfolgte in der Regel in Gegenwart von Gerichtspersonen und einer zahlreichen Menge. Gegen einen so plumpen Betrug wäre also sicher sehr oft Einspruch erhoben worden; es ist daher nach andern Erklärungsgründen zu suchen. Du Prel meint, dass in gewissen, mit dem Somnambulismus verwandten Zuständen die natürliche Schwerkraft des Organismus durch eine entgegenstehende, irgendwie mit Elektricität zusammenhängende Kraft überwunden werde.[402] J. v. Görres sagt: „Man weiss, wie wenig dazu gehört, den Menschen, der schon von Natur auf dem Rücken schwimmt, dazu zu bereiten, dass er in allen Lagen nicht untergeht. Der gezwungene Hunger, die Not und die Ascese alter Frauen konnte diese Bereitung nur allzu leicht hervorbringen“.[403] Du Prels und v. Görres‘ Erklärungsversuche sind Notbehelfe; eine ausreichende, naturwissenschaftlich begründete Lösung des Problems steht noch aus. Die Geschichte der Hexenverfolgungen am Niederrhein hat namentlich zwei Fälle aufzuweisen, in denen die Angeklagten flehentlich baten, der Wasserprobe [226] ausgesetzt zu werden, nach Gewährung ihrer Bitte aber in der Probe nicht bestanden.[404]

O. Snell[405] ist bei seinen ausgedehnten Untersuchungen über Hexenprozesse und Geistesstörung zu der Überzeugung gelangt, es seien Geisteskranke nur in verschwindend kleiner Zahl den Hexenprozessen zum Opfer gefallen, dagegen seien viele Prozesse durch Geisteskranke und Hysterische, welche man für Besessene hielt, hervorgerufen worden. Dies dürfte im wesentlichen auch für niederrheinische Gegenden zutreffen. Hier nur die Notiz, dass der Niederrhein, wenn man die Malmedyer Gegend hinzurechnen will, aus dem Ende des 16. Jahrhunderts einen Hexenprozess aufweist,[406] der an interessanten psychologischen Momenten: Geistesstörung [?], Hellsehen[?], Verzweiflung, Reue, Selbstanklage und Anzeige vieler Hunderte von angeblich Mitschuldigen seines Gleichen nicht hat. Es verdient dieser Prozess eine eingehende Beleuchtung aus der Feder eines Psychiaters.

Angesichts des unendlichen Jammers, den ehemals die Hexenprozesse über so manche blühende Gegend brachten, hat man in zahllosen Schriften die Gründe einer so seltsamen Erscheinung klarzulegen versucht und nach der Herkunft[407] des grausigen Gespenstes gefragt. Vieles erklärt sich aus der Geschichte der Entwicklung des Wahns, anderes haben die trefflichen Ausführungen erleuchteter Zeitgenossen, so eines Weyer und Spee,[408] längst [227] erledigt. Doch trotzdem wird manches stets dunkel bleiben. Wichtige Quellen sind ganz versiegt, Thatsachen in das Dämmerlicht der Sage zurückgetreten, und schon deshalb wird jede Untersuchung in einigen Hauptpunkten mit ungenügenden Ergebnissen abzuschliessen haben. Immer aber noch bleibt auf dem vorliegenden Gebiete der Forschung ein weites Feld. Auch für diese kulturgeschichtlichen Fragen ersten Ranges gilt Goethes berühmtes Wort: Der Welt- und Menschengeschichte gleich, enthüllt jedes aufgelöste Problem immer wieder ein neues aufzulösendes.


Übersicht über niederrheinische Hexen-Verfolgungen und Prozesse für die Zeit von 1490 bis 1738.

Auf Vollständigkeit macht die nachstehende Zusammenstellung keinen Anspruch;[409] namentlich bleiben die Städte Köln und Aachen ganz ausgeschlossen. Bezüglich Kölns und Deutz‘ verweise ich auf die ausführlichen Angaben L. Ennens[410] und auf die Jahrgänge 1616, 1617, 1618, 1626, 1627, 1628, 1629, 1630 und 1636 der Kölner Regiminalprotokolle. Auf Aachen werde ich an anderer Stelle eingehend zurückkommen. Hier sei bemerkt, dass Hexenscheiterhaufen für Aachen nur in geringer Zahl, und nur für die Zeit von 1604 bis 1648 nachweisbar sind. Urkundlich heisst es zum 25. September 1604 in den Akten über die Verbrennung der Marie Kroiseti, man erinnere sich nicht, dass jemals in Aachen eine Zauberin verbrannt worden sei. Wahrscheinlich kann also Aachen für das 16. Jahrhundert Hexenverbrennungen nicht aufweisen.

Im folgenden deutet der Ortsname häufig nur den Sitz des Schöflengerichts an, vor welchem der Hexenprozess verhandelt wurde, während die Angeklagten aus Ortschaften stammten, die zum Bezirk des genannten Schöffengerichts gehörten. Als Abkürzungen stehen: D. St. A. für Düsseldorfer Staatsarchiv, K. R. P. für Kölner Regiminal-Protokolle, A. V. N. für Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein, Z. B. G. für Zeitschrift des [228] Bergischen Geschichtsvereins. Ein der Jahreszahl vorgesetztes Sternchen * bedeutet, dass die namhaft gemachte Quelle zwar nicht ausdrücklich von Zauberei spricht, die Nebenumstände aber die Anklage auf Zauberei höchst wahrscheinlich machen.


*1491. Hochkirchen und Bergheim-Erft; vgl. oben S. 210 und die Beilage No. V.

1499. Rheinberg; vgl. oben S. 211 und die Beilage No. VI.

1499–1500. Ratingen und Angermund; vgl. oben S. 211, Beilage No. VII, und J. H. Kessel, Geschichte der Stadt Ratingen Bd. II, No. 129.

1501. Ahrweiler; Rheinischer Antiquarius, Mittelrhein 9. Band, 3. Abteilung 1862, S. 683 ff.

1502. Huckingen und Angermund; J. H. Kessel a. a. O. S. 169.

1502/03. Grevenbroich; vgl. oben S. 213.

1503/04. Bergheim; D. St. A. Vogteirechnung Bergheim.

1509/10. Königshofen bei Grevenbroich; D. St. A. Kellnereirechnung Grevenbroich.

1509/10. Bergheim-Erft; D. St. A. Vogteirechnung Bergheim.

1509/10. Düren; D. St. A. Rechnung des Amtes Düren.

*1510/11. Heinsberg; D. St. A. Vogteirechnung Heinsberg.

1511/12. Bergheim; D. St. A. Vogteirechnung Bergheim.

1511/12. Grevenbroich; D. St. A. Kellnereirechnung Grovenbroich.

1513. Nideggen; D. St. A. Jülich-Bergische Litteralien E. 11. Hier ein Anklang an Hydromantie. Die Beschuldigte hatte u. a. den Harn eines Schwerkranken in fliessendes Wasser geschüttet, um zu entscheiden, ob der Kranke genesen oder sterben würde. (Naemen sin wasser ind geingen up ein fleissen waiser ind schutten dat darin ind dae in besagen si, of he leven sulde bliven, of he sterven sulde. Wat si damit meinen, mag si wissen). Die Angeklagte berief sich zu ihrer Rechtfertigung auf den „Unterricht des Apothekers“ und sagte, dass sie den Wert der Probe auf sich beruhen lasse.

1513/14. Düren; D. St. A. Rechnung des Amtes Düren.

1513/14. Grevenbroich; D. St. A. Kellnereirechnung Grevenbroich.

*1515/16. Heinsberg; D. St. A. Vogteirechnung Heinsberg.

1515/16. Düren; D. St. A. Rechnung des Amtes Düren.

1516. Xanten; Z. B. G. IX, S. 104.

1518/19. Brauweiler Gegend; A. V. N. XX, S. 255; vgl. auch G. Eckertz Fontes.

Vor 1521. Emmerich-Marienbaum. Tod nach sechsjähriger Kerkerhaft trotz der Fürsprache Kaiser Karls V. A. Dederich, Annalen der Stadt Emmerich 1867, S. 265.

[229] Vor 1522. Eltener Gegend. J. Wieri opera omnia. Amstelodami 1660 p. 504.

*1522/23. Heinsberg; D. St. A. Vogteirechnung Heinsberg.

[1523/24. Heinsberg; D. St. A. Vogteirechnung Heinsberg. Nur kleine Strafe wegen der Beschimpfung: Zauberin.]

1524/25. Jülich; D. St. A. Vogteirechnung Jülich.

*1527/28. Heinsberg; D. St. A. Vogteirechnung Heinsberg. Zehn Folterungen einer Frau durch den Scharfrichter im Laufe von zehn Tagen; anscheinend wurde ein Bekenntnis nicht erzwungen.

*1528/29. Düren; D. St. A. Rechnung des Amtes Düren.

*1530/31. Bergheim (Dormagen, Glesch); D. St. A. Vogteirechnung Bergheim.

*1531/32. Düren; D. St. A. Rechnung des Amtes Düren.

1532/33. Bergheim; D. St. A. Vogteirechnung Bergheim.

*1534/35. Heinsberg; D. St. A. Vogteirechnung Heinsberg.

1535/36. Bergheim; D. St. A. Vogteirechnung Bergheim.

1535/36. Düren; D. St. A. Rechnung des Amtes Düren. Untersuchung eines der Zauberei verdächtigen Mannes durch „Aufschneiden“ (jedenfalls denudare et detondere) in Gegenwart des Doktors von Jülich, eines Licentiaten, zweier medici, des Bürgermeisters, der Schöffen und des Rates. Das „Aufschneiden“ erfolgte durch den Barbier.

1536. Linnich. Kuhl, Geschichte des früheren Gymnasiums zu Jülich. 1891 Bd. I, S. 251.

1553/54. Grevenbroich-Gladbach; D. St. A. Kellnereirechnung Grevenbroich; vgl. oben S. 215.

Vor 1563. Düren; Folterung und Tod einer „Wettermacherin“, J. Wier l. c. p. 503; vgl. oben S. 215.

Vor 1563. Grafschaft Mark; Herzog Wilhelm III. (V.) von Jülich-Kleve-Berg setzt 16 der Molkenzauberei Angeklagte ausser Verfolgung. J. Wier l. c. p. 506; vgl. oben S. 215.

Vor 1563. Nicht weit von Düsseldorf gelegenes ungenanntes Städtchen; wohl jedenfalls im Gebiete eines der kleineren niederrheinischen Territorialherren. Verbrennung einer durch schmeichelndes Zureden zum Bekenntnisse veranlassten Angeklagten. J. Wier, l. c. p. 504.

1572. Westfälischer Teil der Erzdiözese Köln: Dorf Aldenmelrike. K. R. P.

1574. Linz am Rhein; J. Wier l. c. p. 505.

1580. Stift Essen; Beiträge zur Geschichte von Stadt und Stift Essen. 1886, Heft 10, S. 118.

1581. Stift Essen. Quelle wie unter 1580.

1581. Vest Recklinghausen. K. R. P.

1583. Andernach (Kruft); F. E. v. Mering und E. Weyden, Geschichte der Burgen. 1835, Heft 2, S. 93.

[230] Vor 1589. Almersbach; G. Eckertz und K. Noever, die Benediktiner-Abtei Gladbach. 1853, S. 141.

1589. Stift Essen. Quelle wie unter 1580. Wasserprobe mit 18 Angeschuldigten; 12 derselben schwimmen auf; interessantes Gutachten über die Zulässigkeit und den Wert der Wasserprobe.

1589. Bedbur (Welches Bedbur?); L. Ennen, Geschichte der Stadt Köln. 1880, Bd. V, S. 762.

1590. Stift Essen (?); Kindlinger’sche Sammlungen im Staatsarchiv zu Münster, Bd. 51, Fol. 91 (Mitteilung des Herrn W. Grevel in Düsseldorf).

1590. Kaster; D. St. A. Vogteirechnung des Amtes Kaster. Vier „Zauberinnen“, die in beispiellos roher Art gefoltert wurden. Zuziehung des Ratinger Scharfrichters, nachdem der Jülicher ein Bekenntnis nicht zu erzwingen vermochte, Anwendung von Ketten, Haken, „Eisenwerk“ und einem eigens angefertigten eisernen Halsbande. Detondere: Item dem schinder Greith Kautschen und Niessen Korff, von ieder zu scheren geben 5 mr. Der Scharfrichter hat, so heisst es, „fünf ganze Wochen der Tortur an einem Stück abgewartet.“ Zwei der Angeklagten erhängten sich im Gefängnis, ihre Leichen wurden verbrannt.

1590. Hülchradt; H. H. Giersberg, Dekanat Grevenbroich, S. 303.

1591/92. Bergheim; D. St. A. Rechnung des Amtes Bergheim. Tod einer durch den Scharfrichter zwei Mal ergebnislos Gefolterten im Kerker nach einer Haft von 318 Tagen.

1594. Bonn; K. R. P.

1595. Rellinghausen bei Essen; Akten im Kgl. Staatsarchiv zu Wetzlar (Mitteilung des Herrn W. Grevel in Düsseldorf).

1595. Altenahr, Ahrweiler, Godesberg, Badorf, Brühl, Recklinghausen; K. R. P.

1595. Amt Kempen (Krefelder Gegend); A. V. N. Heft 63, S. 113.

1595/96. Geldern; Nettesheim, Geschichte der Stadt und des Amtes Geldern. 1863, I, S. 357.

1597. Zülpich; K. R. P.

1597. Malmedyer Gegend; Johannes de Vaulx, Mitglied der Abtei Stablo-Malmedy, klagt sich der Zauberei an und bezeichnet 500 Mitschuldige. Diese ausser Verfolgung gesetzt, de Vaulx hingerichtet. Vgl. oben S. 226.

1601. Kempen bei Krefeld. A. V. N. 63, 116.

1601. Linn; K. R. P.

1603. Kleve, K. Binz a. a. O. S. 168.

1604. Brühl; Rheinische Provinzialblätter 1836.

1604. Linn; K. R. P.

1604. Lechenich; Rheinische Provinzialblätter 1836, und K. R. P.

[231] 1604. Boslar; K. R. P.

1605. Linn und Recklinghausen; K. R. P.

1606. Essen; Wasserprobe und Lynchjustiz, Z. B. V. XI, S. 145.

1607. Zeltingen (Flucht ins Trierische) K. R. P.; Linn K. R. P.

1608. Zeltingen und Linn; K. R. P.

1609. Bonn, Ahrweiler, Zeltingen; K. R. P.

1611. Andernach und Kall; K. R. P.

1612. Essen (Herr zur Horst auf der Ruhr). Z. B. V. XI, S. 149.

1615. Neuburg (?) Amt, Balven, Arloff, Waldorf; K. R. P.

1616. Andernach, Arloff, Linz, Lechenich, westfälischer Teil der Erzdiözese; K. R. P.

1617. Brühl, Recklinghausen, westfälischer Teil der Erzdiözese; K. R. P.

1619. Recklinghausen; K. R. P.

1624. Recklinghausen; K. R. P.

1626. Hardt Amt; K. R. P.

1627. Hardt Amt, Vleissheim; K. R. P.

1628. Arloff, Hardt, Flerzheim, Lechenich, Impekoven; K. R. P.

1628. Wesel; Lynchjustiz, D. St. A. Chronik von Dorth.

1628. Bonn; G. H. C. Maassen, Dekanat Hersel, S. 367–369.

1629. Kastenholz, Kirchheim, Flamersheim, Palmersheim, Schweinheim; A. V. N. VI, S. 216 und IX, S. 135 ff.

     Bleisheim, Bonn, Hardt, Hülchrath, Kempen, Lechenich, Mettscheidt, Recklinghausen, Nurburg, Rhensischer Bezirk, Zülpich, Andernach, Rovenich, westfälischer Teil der Erzdiözese. K. R. P.

Im Westfälischen mussten die Pfarrer Kanzelreden gegen Zauberei halten; auch war dort ein besonderes Kirchengebet hierbei angeordnet.

1629. Ahrweiler; Rheinischer Antiquarius, Bd. IX, Abth. III, 1862, S. 693 ff.

1629–1642. Rhense; Zeitschrift für deutsche Philologie von Höpfner, 1882, XIV, S. 464.

1629/30. Hülchrath; H. H. Giersberg, Dekanat Grevenbroich, S. 303 ff.

1630. Schwarzrheindorf und Vilich. D. St. A.

Vor 1630. Odenthal im Bergischen; W. von Waldbrühl, Naturforschung und Hexenglaube. Sammlung R. Virchow und F. v. Holtzendorff, II. Serie, Heft 46, S. 32.

1630. Beginn der Hexenprozesse im Ländchen Drachenfels (1630–1645). Forschungen zur deutschen Geschichte, Bd. XXI.

1630. Mayschoss (Dernau); G. Eckertz (Fontes): Chronik Mayschoss.

1630. M.-Gladbach; W.Hesse, Rheinische Geschichtsblätter 1897, No. 8.

[232] 1630. Aw (?), Ahrweiler, Andernach, Bonn, Lechenich, Rhense, Hülchrath, Nurburg, Altenahr, Britzenheim, Schmittheim, Zülpich, Junkerstorf, Drolshagen, westfälischer Teil der Erzdiözese. K. R. P.

In Schmittheim, Junkerstorf, Aw (?) und in Westfalen Geistliche als Zauberer angeklagt; in Schmittheim drei Geistliche als solche hingerichtet: Peter Hillebrandt, Michael Kampen, Pastor in Ahr, Mathias Hennes, Pastor in Weissbaum.

1631. Linz; Pohl, Bonner Archiv 1893, No. 5.

1631. Rheinbach; J. Katzfey, Münstereifel. 1855, II, S. 180 f. Vgl. Zeitschr. f. Philos u. kath. Theol. Neue Folge VII, S. 63 f.

1632. Andernach; Niederrheinischer Geschichtsfreund 1883, No. 23. Aberglaube: Wer eine Todsünde begangen hat, oder wer seine Kleider nachts auf dem Tische liegen lässt, kann auf dem Hexentanzplatze gesehen werden.

1634. Kaldenborn; Mering a. a. O. V, S. 104. Kölner Kurfürst bestätigt das Todesurteil nicht.

1634. Ahrweiler; K. R. P.

1635. Neuss; Tücking, Gesch. Neuss 1891, S. 134 ff.

1635. Hülchrad Amt; K. R. P.

1636 u. flgde. Jahre. Siegburg; D. St. A.; in lokalgeschichtlichen Schriften (Schwaben, Heinekamp) und in A. V. N. wiederholt behandelt.

1636. Rheinbach; K. R. P. J. Katzfey a. a. O.

1636/37. Heimerzheim; D. St. A. Kriminalprotokolle des Gerichts Heimerzheim.

1637. Eil bei Porz; Z. B. G. XXXI, S. 82.

1637.Gleuel; Pfarrer Wollersheim. Vgl. L. Ennen a. a. O. S. 795, Rosellen, Dekanat Brühl 1887, S. 302 und K. R. P.

1638. Andernach; K. R. P.

1641. Ahrweiler, Höningen, Altenahr; K. R. P.

1641. Gladbacher Gegend; G. Eckertz u. K. Noever a. a. O. S. 131 ff.

1647. Witten a. d. Ruhr; D. St. A. S. oben. S. 189 und S. 226.

1649. Altenahr und Pützfeld an der Ahr; Materialien zur geistl. und weltl. Statistik des niederrhein-westf. Kreises. 1781/83, Jahrg. 1, S. 448 ff.

1551. Andernach; Niederrhein. Geschichtsfreund. 1883. No. 24.

1677. Neuss; Tücking a. a. O. S. 156.

1679 u. 80. Malmedyer Gegend; Archives de l’état à Liège coté Stavelot No. 15 (remise Joris). Mitteilung des Herrn. Dr. J. Halkin in Lüttich.

1701. Witten a. d. Ruhr; Haren-Nitsch, Geschichte der Stadt Witten. Arnsberg 1881, S. 18.

1737/38. Gerresheim bei Düsseldorf. Z. B. V. XIV, S. 211 ff. Im Märkischen sind ex principiis des Prof. Thomasius die Hexenprozesse generaliter abgestellt. – Anwendung der Hexenwage. (S. 215.)


[233]
Beilagen.


I.
Die bezüglich des Aberglaubens und Hexenwahns in der Beichtpraxis dem Bischof vorbehaltenen Fälle. Gültig für die Erzdiöcese Köln.
[411]
Kgl. Landesbibliothek in Düsseldorf B 108. Handschrift des 15. Jahrhunderts.
Sequuntur casus sortilegorum.[412]

Notandum, quod isti qui sequuntur propter peccatum sortilegii sunt ad episcorum mittendi. Primo divini sortilegi, augures, magi, incantatores, coniuratores cum observantiis perfidis; qui notas sive caracteres, breves (sic!) sive litteras vel alias res pendunt vel ligant iuxta se. Nullus debet hiis fidem adhibere neque tales querere, (neque ducat ad se) neque in domum suam recipere propter quamcumque rem inquirendam vel superventuram, neque propter vitam servandum neque propter mortem precavendam neque propter morbum fugiendum, neque propter rem perditam, aut grandinem aut tempestatem vitandem vel consequendam; nec per sortes quascunque psalterii, apostolorum sanctorum, scripture in tabulis, in codicibus, in astrolabiis, sprevinacione vel inspectione predictorum nullus promittat aliqua futura vel quelibet maleficia, neque illa attendat.[413] Similiter nulla mulier aut vir aliquis profitcatur vel credat de nocte equitare cum Dyana aut mulierum ac virorum multitudine. (26 q. v. Episcopi).[414] In collectione herbarum Pater noster, Ave Maria vel Credo dici potest causa devocionis sine incantacionibus, caminibus aut observanciis vanis facti vel temporis. Similiter in brevibus aut litteris portandis vel ligandis nichil aliud quam Pater noster, Ave Maria aut Credo scribatur sine observanciis perfidis. Qui aut patitur demonium vel aliquem morbum potest bene uti herbis vel lapidibus contra hec valentibus secundem diversas naturas herbarum vel lapidum, dummodo hiis non sit admixtum aliquid incantacionis sive male observacionis [234] sive perfidie. Etiam non credatur, quod in diebus Egyptiacis,[415] in constellacionibus, in calendis Januarii et initiis mensium, in mensibus, in diebus, in cursu solis, lune, stellarum seu syderum nichil teneatur superstitiosum, quod aliquod divinum opus vel dominum ex istis sequatur, quasi ex necessitate. Sed quod secundum Augustinum et Ptholomeum, qui per suam sapientiam superaverant in se et precaverunt in multis astrorum influenciam, sic nec istis diebus vel aliis festis etc. mense laute parande sunt occulte cum perfida spe vel observacione neque cum cantu in plateis aut locis occultis sunt chori aut choree ducende cum tali perfidia vel observacione; neque credendum quod aliqua tempora sint fausta vel infausta, fortuita vel infortuita: quia nullus debet propter hoc timere aliquam rem incipere, parare vel facere aut etiam omittere huius modi timore aut spe. Nec ad garritus vel cantus avium, cuculi, corvi, noctue vel aliorum animalium, neque ad volatus avium secundum beatum Thomam,[416] nec ad motum sive motionem alicuius membri cuiuscumque, nec ad aspectum animalis occurentis, monachi[417] aut leporis et huiusmodi: ex omnibus hiis et ex aliis multis diversis, supersticiosis nichil predicatur vel prenosticetur futuri nisi in quantum naturaliter illud sit notum vel divinitus revelatum. Nullus presumat per duodecim signa celi dicere futura de moribus sive actibus, eventibus etiam effectibus alicuius nascentis in illis signis, neque pro domo edificanda neque coniugio sociando neque alio agendo sunt ista observanda neque in omnibus illis que sunt sub imperio et iudicio racionis, aut in quibus quilibet discrete noscere et intelligere quod secundum racionem debet agere. Nec sompnia serves scilicet dubia ad predicandum futura vel occulta videlicet Deuteronomio XVIII.

Nec inspicies elementa per pyromanciam, ydromanciam etc. neque manus per cyromanciam, neque in altaribus neque in phitonibus et (?) in arrepticiis neque in nigromancia et in mortuis neque quocumque modo consulantur demones nec conquerantur eorum consilia vel auxilia; nec credas prestigiis et sensuum illusionibus arte demonum. Nec biviis et auguriis in locis ubi due vie concurrunt, videlicet secundum beatum Thomam;[418] nec in visceribus nec in spatulis animalium nec in mensuris, quibus carminatrices mensurant. Nec in fusis positis in libris vel manibus, nec in punctis protactis vel in talis proiectis, nec in figuris, in cedulis scriptis vel non scriptis et hinc inde receptis; nec credas ferro candenti nec aque bulienti ut quando ordinatur ad iudicandum occulta que divino iudicio sunt reservata. (Es folgt der Hinweis auf zwei Citate, darunter eins des hl. Thomas von Aquin.) [235] Nec credas coniurato gladio ne scindat contra naturam extra necessitatem (Hinweis auf ein Citat in der Summa des hl. Thomas v. Aquino). Nec te committe duello pro iudicio divino experiendo (Hinweis auf ein Citat). Omen spernatur; omen est augurium sumptum ex verbis vel factis aliter interpretatum (Hinweis auf Thomas v. Aquino). Nec te arte notoria occupes; hec est ars qua queritur per demones scientam; nec crucem sanctam spinis tege, quia qui cruci vel ymagini alicuius sancti sic vel aliter irreverenciam facit tam odii vel vindicte vel causa iudicii die occulti exquirendi debet deponi si clericus est, nisi legittime peniteat. Nec ewangeliis est abutendum utputa (?) sancti Johannis: in principio etc.

Nota quod omnes isti sortilegi et plures alii inumerati secundum Johannem Cardinalem sunt ad episcopum mittendi … Von Teufelsbündnis ist hier keine Rede; wohl aber folgt später eine indirekte Andeutung: Si ydolatriam committit, ut bona temporalia acquirat, videlicet ydolis vel demonibus servitum seu honorem exhibendo pro bono temporali acquirendo vel pro eodem creatori creaturam preponendo.

Von Malefizien in der Ehe heisst es:

(30¹) Si quis impedivit concipi vel nasci fetum per sumpcionem herbarum vel specierum … (31) … aut per maleficia dyabolica aliquid egerit vel fieri procuraverit contra legitima coniugia vel coniuges; item si per sortilegia quaecumque alia fiat aliqua talis malicia.


Aus der Handschrift B 184 der Kgl. Landesbibliothek in Düsseldorf Versus super causas et condiciones decreti (Anfang des 16. Jahrhunderts) seien hier folgende Verse angeschlossen:

Divinatores pro sortilegis reputantur
Omnis sortilegus fidei decernitur hostis.
Noscitur hic error a Persis esse repertus
Absint ariolus, horoscopus, augur, aruspex
Talibus concedens, nisi desinat, est anathema
Vindex antistes vindiciam non revocabit
Reddet extremis promptus pro tempore penas.


II.
Ein lateinisches Gedicht: Die Zauberin (1508). Aus Magistri Laurentii Corvini compendiosa et facilis diversorum carminum structura. Colonie 1508.
(Kgl. Landesbibliothek in Düsseldorf.)

 Ad Sagam veneficam mulierem.
Apro saga ferocior
Setoso et hirceo et sue
Quid: noctis quotiens dee
Celo cornua fulserint:
In quernum veniens nemus

[236]

Sacris gramina falcibus
Colchorum resecas: modo
Cantata ossa recolligis
Humana: ad tumuli rogum:
Et nigrum magico chaos
Ditis carmine convocans
Cogis tela cupidinis
Ire in corda studentium
Ledis discipulos dee
Compte: gorgoneum caput.
Hec tibi: sceptrifera manu
Irati imperio patris
Tristes cogit ad inferos:
Eternis ubi legibus
Manes Tesiphone tuos
Squamosis premet anguibus.


III.
a) Die Städte von Jülich-Berg beschweren sich beim Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm in Düsseldorf über die seitens der pfalzgräfischen Kanzlei in Hexenprozess-Sachen veranlassten Verzögerungen. 1631 Juni.

Düsseldorfer Staatsarchiv: Gravamina der Stände von Jülich-Berg im Jahre 1631.

16. Demnach bei dem im ertzstift Collen und anderen benachparten graf- und herschaften vorhergehenden hexenexecutionen und sonsten aus den prothocollen der urgichten sich befindt, dass in diesen landen das vor gott und der welt abschewlich laster der zauberei zumahl eingerissen und uberhand genommen, als hat man an etlichen orteren zu dessen ausrottung zwar einen anfang gemacht, aber damit schleunig nit vortfahren konen, sintemalen vor eroffenung des urtheils hieselbst bei der cantzeleien erst abscheid muss eingeholt und die boten oftmals gar langsamb oder auch zu zeiten allein mit einem recepisse abgefertiget werden; dahero die einhaftirten mit schweren unkosten 2, 3 und mehr monaten sitzen pleiben, underdessen villerhand vacillationes und viele, so uf vorhergangene gute bekentnuss und bericht mit ruhe und leid ihre recht begierlich erwarten, auch darumb flehentllich bitten, darzu nit gelangen konnen, sondern inmittels widderumb abfallen und mit dem bösen geist sich dergestalt verbinden, dass sie schwerlich oder auch gar nicht zur bekenntnuss gebracht werden konnen. Weilen nun dis ein gewisses werk, auch zu besorgen, dafern hierin nit schleuniger als bishero (welches doch wegen eingelegenen kriegsvolk ungezweifelt nit geschehen konnen) verfahren werden solle, gott das gantze land strafen mochte, als pitten die stende umb anderweite gnedigste verordnung und dass hierin gleich im erzstift Collen und anderen benachparten graf- und herrschaften geschicht, nach beschribenen rechten am schleunigsten procedirt und verfahren werden muege.


[237]
b) Antwort des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm auf die Beschwerde über zu langsame Erledigung der bei der pfalzgräflichen Kanzlei eingegangenen Hexenprozess-Sachen. (Nach einem Vermerk): Düsseldorf, 1631 Juni 28; communicata 4. Juli 1631.
Düsseldorfer Staatsarchiv: Prothocollum des Düsseldorfer Landtags vom Jahre 1631.

„Ihre Furst.-Dchlt. haben nit underlassen uber diesen punct dero stäthalter und rathe zu vernehmen; welche diesen bericht gethan, dass gegen die unholden allemahl der gebühr verfahren. Wan nue redliche und im rechten bestendige anzeig vorhanden gewesen, und weil die sach altioris indaginis, weme und welcher gestalt man die commission geben sollte, so sein Ihr F. Dchlt. desswegen und sonsten in nachdenken, wie ein bestendiger modus gefunden werden muege, etwan schleuniger zu verfahren“.


IV.
Johann von Walde genannt Kranhus, der der Zauberei beschuldigt ist, verpflichtet sich, auf Ersuchen der geistlichen oder weltlichen Räte (des Herzogs von Jülich) oder des Ketzermeisters jederzeit vor Gericht sich zu stellen. Zur Sicherung dieser Verpflichtung, die seine Ehefrau mit anerkennt, setzt er Unterpfand in Ländereien. 1486 August 14.
Düsseldorfer Staatsarchiv. Jülich-Berg. Litteralien D II, 1. Or. Papier.

Ich Johan van Walde genant Kranhus doin kunt ind bekennen overmitz dese mine eigene hantschrift, so ich beruchtiget bin mit eitzliger negramancien ind wischelien: wanne ind wair mir m. g. l. h. doet bescheiden vur s. g. rede geistlich of werentlich of vur dem ketzmeister, dat ich willichlichen dar volgen ind komen sall ind genoech doin na iren erkentnissen sunder verzoch ind sunder wederreide. Ind daer vur hain ich mime g. h. vur ein wiss underpant gesat dit herna geschreven min erve ind gout, as mit namen dat vaitzlant 34 morgen, item dat rosenlant, dat heilt 16½ morgen, noch ein clein kempgen heilt 2½ morgen, item Joithofs gilt zo schatze umbrint 9 ort geldes; en maten of sache wer, ich deser vurschr. bescheidungen ind genoechdoin ungehoirsam wer, sall dis vurschr. min erve ind gout dem egenanten mime g. l. h. erflich zo erve ervallen sin ind ich ind mine erven ewentlich daran enterft sin. Dit vursch. alsamen ich Styna des vurschr. Johantz elige huissvrauwe mir geloven, stede vaste ind unverbruchlich zo halden. Geschreven up unser liever vrauwen avent assumptionis anno 86.


V.
Zwei Berichte des Vogts Winrich zu Bergheim über eine zu Bergheim (Erft) im Gefängnis sitzende, wiederholt gefolterte Frau.
Düsseldorfer Staatsarchiv. Jülich-Berg. Litteralien D II. No. 5.
A.

An Junker Gerhard von Berg, den man nennt Blens.

1491 Oktober 8.     

„Ouch han ich ein frau zo Bercheym seitzen, de besaid was van der frauwen, de zo Hoynkirchen verbrand ward, so han ich [238] den scharprichter 7 dag alda gehaid ind scharp versoid mit koisten ind pinnen, ind is zo versein, dat si noimmer meintz en wird noch up de bin numer komen koein, wand si sich doit pingen liss, ee si ein word kend; so dat ich neid me da in wis zo doin noch ouch der meister. Wie id min gnedege heer da mit gehalden wild han, laist mich wissen, wand si en doich neid langer da geliegen.“ … Geschriven up maindaich na sent Reymeyss daich. Anno etc. 91.


B.

An den Herzog zu Jülich, zu dem Berge, Graf zu Ravensberg etc. …

1491 Oktober 11.     

„Ouch, gnedige lieve herre, ich han eine fraue zo Berchem ligen ind is die selve frauwe, die beruchtiget wart van der frauwen zo Honkyrgen, die da verbrant wart. So han ich der scharprichter bi ir gehait echt daige lanck, ind hait si scharp versoicht mit vil kunsten, so en kent si niet ind bid, dat man si doede, ind is doch zo schanden gemacht, so dat si balder sterft, dan si geneist, ind der scharprichter en wiss ir ouch niet forder zo raeden, ind si en doch niet langer so gelegen …“ Geschreven zo Berchem up dinxstach nae sent Geyrgoen daige anno etc. 91.

Wynrich, uren gnaden vaid zo Berchem.     


VI.
Hans von Boemelsberg, genannt von Hoensteyn, Amtmann zu Rheinberg, sendet dem Richter zu Angermund Wilhelm von Hammerstein das Bekenntnis der als Zauberin verbrannten Giertken Blanckers.
1499 Oktober 21.     
Düsseldorfer Staatsarchiv. Jülich-Berg. Litteralien E 11. Or. Papier.

Mine fruntlige groiss ind wes ich guitz vermach. Eirsame, besonder gude frunt. As ir mir geschreven hait begerende uch zo schriven ind wissen laissen dat bekentenisse der frouwen, alhir durch ire zoiferie verbrant si etc. mit fordern uwer schrifte inhelt hain ich verstanden ind senden uch dairumb der frouwen, die ich hain laissen birnen duir ire zoferie, bekentenisse hirinnen besloissen ind dairop si gestoirven is, uch darna wissen zo richten. Ind wuste ich uch wes zo willen gedoin, sullet ir mich gutwillich inne finden, kent Got der uch bewaer. Geschreven upten XIm meght dage anno 99.

Hanss van Boemelsbergh genant van Hoensteyn;     
amptmann zo Berck.     

Ein aufgeklebter Zettel enthält folgende Zeilen (Bekenntnis):

Item heft Giertken Blanckers bekant, dat si dat toiveren 20 jair gekunt heft ind so lange mittem duvel geboilt, ind si heb ver capittel gehalden in der Woithessel (?), mit naimen Fye Kaldeway ind Lyse opter Laeck ind meer anderen, as des pastoirs maight van Alpen etc. Item op dit vurss. is si gestorven.


[239]
VII.
Vor Heinrich Sobbe und Jakob Wever, Schöffen zu Kaiserswerth, erklärt Meister Konrad Steynbrecher, er habe einer der zu Ratingen und Angermund unter der Anklage auf Zauberei gefänglich eingezogenen Frauen, der Irmgen Neckels, einen (narkotischen) Trank gegeben, worauf er sie „nach der ihm von Gott verliehenen Kunst“ ausgefragt habe; er halte Irmgen für nicht schuldig an dem ihr zur Last gelegten Verbrechen und ebensowenig deren Mutter.
1499 Oktober. 9.     
Düsseldorfer Staatsarchiv: Jülich-Berg. Gesetzgebung und Landesverwaltung. No. 5 Or. Pergament; kleinere Bruchstücke zweier Siegel erhalten.

Wir Hinrich Sobbe ind Jacob Weuer, scheffen zo Keysserswerde doin kunt alle den gienen, den dis breeve vurkomende wirt zo sein of horen zo lesen, ofenbeirlich zugende ind bekennende, dat vur uns komen ind erschenen is meister Conrait Steynbrecher ind hait bekant ind ergiet ind dat na mit sinen waren worden behalden, as sich zo rechte geburt, dat he durch bevel des edelen juncheren Gumbrichtz greve zo Nuwenair ete. ind ouch umb beden wille des festen Wilhelmen vam Hamersteyn, richter zo Ratingen, binnen Ratingen ind Angermont, komen is, umb zo versoichen etzlige frauwen lude, die binnen Ratingen ind Angermont in sloissen des hogeboren fursten ind heren hartzouch zo Guylch ind Bergh etc. gefenklich sitzen umb saichen willen, dat sie beheft ind beruchtiget soelden sin, dat sie toveren konnen, der dan na besagen Oelloff Slyngerstock, Yrme Neckels ein sin soelde. So haet de obgenante meister Conrat sinre künste, eme van Gode verlint is, an den selven frauwen gebruicht sunderlinchs mit eime dranke, so wanner si den gedrunken haven, so wes sie dun van bosheit ind toverien gedain ind begangen haven, moissen sie bekennen werden, wilche sine künste ind dranke, he ouch an Yrmen Neckels in biwesens des richters vurg. versoicht ind zo drinken gegeven hait, ind an ir nit befonden, anders dan men an einre eirberen frauwen befinden sal, ind hait die selve Yrme also untschuldiget, dat sie der saichen der toverien halver nie geweten, gedain noch gekunt en hait ind des ganz ind all unschuldich is. Onch hait der selve meister Conrat erkant, so dat die fame were, dat Bilien Neckels der vurg. Yrmen moder, Yrmen irre dochter die kunste der toverien geleirt sulle haven, so hait he in der selven vurwerden as vurg. die vurg. Bilien der saichen ouch ganz ind all untschuldiget ind gesprochen, dat sie der vurg. künste nie geweten, gedain noch der dochter vurg. nie geleirt en hait. Ind hait uns scheffen vurg. gebeden des van sinre wegen as vur die selven frauwen moder ind dochter vurg. gezuichenisse zo geven, dat men sie halden ind achten sal, as vur eirber frauwen, want sie des toverens ganz ind all unschuldich sint. Ind of des vorder van noiden were zo bewisen, will he bi sinre eren die vurg. frauwen moder ind dochter der saichen entschuldigen vur allen fursten, heren, amptluden, richteren, steden ind an allen enden, dare un des van noiden zo doin were sunder [240] alle argeliste. In urkunde der wairheit, so haven wir Hinrich ind Jacob scheffen vurg. umme beden wille des obgenante meister Conraitz ein iclich van uns sin ingesiegel aller vurg. saichen zer konden an dissen breif gehangen. Im jare unss heren duisent vier hondert nuinindnuintzich up sint Dionisius dach.

1) In demselben Aktenbündel: (Papier; zwei aufgedrückte Siegel) die Erklärung der beiden Ratinger Schöffen Heinrich von Wynkelhuyss und Johann van Berck, dass Meister Konrad vor ihnen seine in Sachen der Unschuld Yrmgen Neckels vor den beiden Schöffen in Kaiserswerth abgegebene Erklärung aufrecht erhalte.


1500 auf Sonntag Esto mihi; März 1.     

2) vom selben Datum (Papier; ein aufgedrucktes Siegel) 1500 März 1 die Erklärung des Richters Wilhelm Hammerstein zu Angermund, dass Irmgen Neckels zu Angermund im herzoglichen Gefängnisse gesessen habe. Auf Befehl des Landdrosten habe in seiner (des Richters) und der Schöffen zu Angermund Anwesenheit der Scharfrichter Irmgen „auf Zauberei versucht[419]“, ohne zu finden, dass sie des Zauberns kundig sei. Ferner sei der Richter mit Meister Konrad allein bei Irmgen im Gefängnisse gewesen; Meister Konrad habe ihr ein Getränk gegeben und ihr dann mit Fragen scharf zugesetzt[420], habe indess wiederum nicht finden können, dass sie zu zaubern verstehe.

3) vom Datum 1500 März 2. Bericht des Kellners Wolter van Plettenberg zu Angermund und des Richters Wilhelm von Hammerstein zu Ratingen an den Herzog von Jülich in Sachen der Klage Adolfs (Alfs) Slyngerstocks gegen Yrmgen Neckels. Inhalt: Sie hätten die von A. Slyngerstock dem Herzog übergebene und ihnen (vom Herzog) zugestellte Bittschrift erhalten. Adolf sei bei Meister Konrad in Alpen gewesen, worauf sich nach seiner Heimkehr infolge Adolfs eigener Angaben das Gerücht verbreitete, nach Aussage des gen. Meisters Konrad habe Irmgen Adolf bezaubert. Der Richter (Hammerstein) hätte hierauf die Parteien vor sich beschieden, beide verbürgt und Gelöbnis von ihnen genommen.[421] Adolf sei nochmals nach Alpen gegangen, habe einen Brief Meister Konrads mitgebracht und gleichzeitig auch die Bittschrift übergeben. Auf Befehl des Landdrosten seien beide Parteien gefänglich eingezogen worden; späte hatte Meister Konrad vor ihnen (Kellner und Richter) bekundet, dass er an Irmgens Schuld nimmer glauben könne.


[241]
Undatierte Bittschrift Adolfs (Alfs) Slyngerstock an den Herzog von Jülich-Berg.
Düsseldorfer Staatsarchiv. Jülich-Berg. Gesetzgebung etc. No. 5. Or. Papier.

(Inhalt.) Der Bittsteller Ailff Slyngerstock zu Angermund hatte an seinen Pferden „grosse Kränke gehabt“, während den Kühen an der Milch (Molken) viel Schadens geschah. Der Ortsgeistliche Herr Jan Schopen (meines Kirchspiels Herr), den er befragt, erteilte ihm Rat, worauf die Krankheit etwas nachliess. Als er „des Raths abliess“, wurde es mit dem Zustande des Viehs schlimmer. Alf fragte hierauf den Pastor Jan zu Huckingen um Rat, der ihm Rat erteilte, worauf aber ebenfalls der Zustand später nur noch schlimmer sich gestaltete.[422] Alf befragte hierauf in Alpen den Meister Konrad Steinbrecher, der die Milch besah, sie als bezauberte erklärte, auch die Zauberin mit Namen nannte. Meister Konrad gab dem Bittsteller hierüber einen Brief an Kellner v. Plettenberg und Richter Wilhelm v. Hammerstein in Angermund-Ratingen mit. Dieser Brief beginnt mit der Anrufung der Namen Jesus und der Mutter der Gnaden, und in der Fortsetzung wird erklärt, dass Meister Konrad die Milch (Molken), die keine Butter gebe, als bezaubert erkannt und dass Irmgen Neckels zur Rechten gesessen habe. Irmgen sei also die Zauberin. Meister Konrad stellte sich zur Erbringung weiterer Beweise zur Verfügung der Richter. –

Nachher ist Meister Konrad selbst in Angermund gewesen und hat der Irmgen Neckels ins Gesicht gesagt, dass sie eine Zauberin sei. Darauf ist Irmgen nach Alpen zu Meister Konrad gegangen und hat ihm ein reisiges Pferd geboten, dass er sie nicht weiter öffentlich beschäme (verscheme), sondern sie ihre Dinge thun lasse. Dies hat Meister Konrad zwei Leuten zu Angermund gesagt.

Als ich, so etwa fährt A. Slyngerstock fort, den Brief des Meisters Konrad in Angermund-Ratingen übergab, sind Irmgens Freunde und Parteien jämmerlich über mich armen Mann hergefallen. Man hat Irmgen und mich ins Gefängnis gesetzt. Ich habe fünf Wochen müssen sitzen und um aus dem Gefängnisse befreit zu werden, Bürgen stellen müssen, obschon ich Irmgen nur insoweit zu nahe getreten bin, als es den Inhalt des Briefes des Meisters Konrad betrifft. … Es folgt die Bitte um Anordnung weiterer Untersuchung in dieser Sache.

Ebenfalls undatiert, jedenfalls auch der Zeit 1499–1500 angehörig, ist der Entwurf einer beiliegenden Bittschrift, in welcher Trinchen von Alpen dem Herzog von Jülich-Berg klagt, ihre arme Mutter Mettel aus Alpen sitze unter der Anklage der Zauberei zu Ratingen im Gefängnis. Verschiedene Male habe sie der dortige Scharfrichter mit „unmeisliger pinen“ versucht. Darauf habe auch der Wahrsager Meister Konrad von Alpen seine Kunst im [242] selben Gefängnis an ihrer Mutter wiederholt versucht. Beide hätten sie nicht als Zauberin befunden, auch die Schöffen hätten keine Ursache gehabt, sie zum Tode zu verurteilen. Die Mutter sei also unschuldig. Die Bittstellerin erklärt, trotz ihrer Kindesliebe würde sie nur ungern für die Mutter bitten, falls sie dieselbe für schuldig hielte. Sie bittet um Entlassung der Mutter, da diese ihrer Leibesschwäche halber nicht länger gefangen sitzen könne und im Gefängnis durch Kummer und ausgestandene Tortur mit der Krankheit zweier Heiligen schwer behaftet sei.[423]

Anmerkungen der Vorlage

  1. Die Anregung zu der Ausarbeitung des vorliegenden Aufsatzes gab mir Herr Archivar Dr. O. Redlich in Düsseldorf, dem ich für zahlreiche Beiträge und mannigfache Unterstützung zu wärmstem Danke verpflichtet bin. Verbindlicher Dank gebührt ferner den Herren Geh. Archivrat Dr. Harless und Archivar Dr. Küch für ihre stets bereitwillige, wertvolle Förderung meiner Arbeit durch Mittheilungen aus den reichen Beständen des hiesigen Staatsarchivs; ferner Herrn W. Grevel in Düsseldorf für gütigst gestattete Benutzung seiner nach Umfang und Inhalt bedeutenden Sammlungen. Seltenere Druckwerke überliessen mir in sehr entgegenkommender Weise auf längere Zeit die Kgl. Landesbibliothek in Düsseldorf, die Kgl. Universitätsbibliothek in Bonn und die Stadtbibliothek in Köln.
  2. H. Brunner, deutsche Rechtsgeschichte. Leipzig 1887–1892, Bd. II, S. 400 ff.
  3. L. Ennen, Geschichte der Stadt Köln. Düsseldorf 1880, Bd. V, S. 749.
  4. Grenzgebiete des Niederrheins sind in den beiden letzten Abschnitten dieses Aufsatzes fast gar nicht berührt, konnten aber bei der Darstellung der geschichtlichen Entwicklung des Zauber- und Hexenwesens für die Zeit vor 1200 nicht unberücksichtigt bleiben.
  5. Tacitum pactum cum daemone. In neuester Zeit wird in grössern Handbüchern magia et maleficium oft unter „Aberglaube“ eingereiht. So heisst es in dem berühmten Compendium Theologiae moralis von J. P. Gury 1857, S. 73: Superstitio fit praecipue … divinatione, magia et maleficio.
  6. Vgl. S. Riezler, Geschichte der Hexenprozesse in Bayern. 1896, S. 45.
  7. Für die Rheinlande vollständig zusammengestellt in: A. Riese, das rheinische Germanien in der antiken Litteratur. Leipzig 1892.
  8. J. J. Honegger, Allgemeine Kulturgeschichte 1882 Bd. I, S. 103: „Der Glaube an den bösen Blick und die Massnahmen, um sich vor den Folgen desselben zu bewahren, gehen in gleich merkwürdiger [137] Übereinstimmung über den ganzen Erdboden und durch den Lauf aller Jahrhunderte. Andree meint, dass dieser Glaube seinen Ursprung an den Gestaden des Mittelmeers habe, von wo aus er sich konzentrisch über die angrenzenden Erdteile ausgebreitet habe“.
  9. Gute Zusammenstellung der auf Zauberei und Aberglauben bezüglichen Stellen in römischen Schriftstellern bei A. Forbiger, Hellas und Rom; Rom im Zeitalter der Antonine Bd. I, S. 270 ff., Bd. II, S. 192 ff. Nach Forbiger (Bd. II, S. 210) hat die Magie bei den Römern namentlich durch orientalische Einflüsse einen so ausgearteten Charakter angenommen. Über St. Augustins Anschauungen über Magie vgl. Soldan-Heppe, Geschichte der Hexenprozesse 1880, Bd. I, S. 96 ff.
  10. S. Riezler a. a. O. S. 22 f.
  11. K. Simrock, Deutsche Mythologie. Bonn 1878, S. 473.
  12. A. Forbiger a. a. O. Bd. II, S. 210.
  13. G. Roskoff, Geschichte des Teufels. Leipzig 1879, Bd. II, S. 211.
  14. Mehrere Belegstellen für diese Sitte bei A. Riese a. a. O. S. 394.
  15. J. Diefenbach, Der Hexenwahn. Mainz 1886, S. 196.
  16. Näheres bei Soldan-Heppe a. a. O. Bd. I, S. 99 ff. Der Wortlaut dieser Bestimmungen bei: P. Krueger, Codex Justinianus (volum. II corp. iur. civil.) Berolini 1892 pag. 379 sqt.
  17. M. G. Scr. rer. Merov. t. I. p. 275.
  18. Sortes sanctorum, der Gebrauch, aus dem Inhalt einer auf gut Glück hin aufgeschlagenen Seite in der Bibel zu prophezeien.
  19. M. G. Scr. rer. Merov. t. I. p. 90.
  20. M. G. Scr. rer. Merov. t. I. p. 78, die Stelle selbst bei Jeremias 14. 22.
  21. M. G. Scr. rer. Merov. t. I. p. 165.
  22. M. G. Scr. rer. Merov. t. I. p. 363. Vgl. ferner Soldan-Heppe a. a. O. Bd. I, S. 125 ff.
  23. H. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte. Leipzig 1887–1892. Bd. II, S. 609 ff. und S. 679 ff.
  24. Jedenfalls stammt daher das für das Mittelalter und die neuere Zeit nachweisbare häufige Schwanken im Gebrauch der Wörter maleficium und veneficium als Übersetzung des deutschen Wortes „Zauberei“.
  25. Ahd. Hagazussa, ags. Haegtesse; Grimm, Wörterbuch Bd. IV 2, S. 1229; Grimm, Mythologie S. 992. Ausführlicher bei S. Riezler a. a. O. S. 15 f.
  26. Lex salica 19, 1; lex Ribuar. 83.
  27. Malleus maleficarum (Frankfurter Ausgabe von 1588 S. 236): quae contra humanae naturae inclinationem, imo omnium ferarum, propriae speciei infantes vorant et comedere solent … Infantes, quos non devorant, daemonibus offerunt, aut alias occidunt. Sed hoc circa infantes non renatos fonte baptismatis … Sciunt et infantes prope aquas ambulantes, in ipsas nullo vidente in aspectu parentum proiicere. Ferner p. 257: Unguentum ex membris puerorum, praecipue interemptorum ab eis ante baptismum, conficere habent ad daemonis instructionem …
  28. Soldan-Heppe a. a. O. Bd. I, S. 128.
  29. Wortlaut nach M. G. Cap. reg. Franc. ed. Boret. p. 68: Si quis a diabolo deceptus crediderit secundum morem paganorum virum aliquem aut feminam strigam esse et homines comedere, et propter hoc ipsam incenderit vel carnem eius ad comedendum dederit vel ipsam comederit, capitali sententiae punietur.
  30. Soldan-Heppe a. a. O. S. 120 und S. 130 ff.
  31. Der berühmte Canon episcopi. Vgl. die unten folgenden Ausführungen.
  32. Eine Stelle des Briefes des Apostels Paulus an die Galater (5, 20 Zauberei) ist seit frühmittelalterlicher Zeit unzählige Male mit dem „Hexen-Thema“ in Verbindung gebracht worden.
  33. So auch S. Riezler a. a. O. S. 9 und S. 26. Ferner: F. Kayser im historischen Jahrbuche der Görres Gesellschaft Bd. VII, S. 326 ff.
  34. J. Diefenbach, Besessenheit, Zauberei und Hexenfabeln. Frankfurter zeitgemässe Broschüren; woselbst ferner die Angabe, dass diese Auffassung in Deutschland von J. Grimm, Mone, Jarke, Schreiber, Schneider, Schindler, Simson und Horst geteilt werde.
  35. Im allgemeinen ist bei der Volksbelehrung das Eingehen auf gewisse, das Verständnis für die vorgetragene Lehre erschwerende Ausnahmefälle nicht immer nötig.
  36. F. von Liszt, Lehrbuch des deutschen Strafrechts. 1892, S. 61.
  37. K. Simrock, Die Edda. Stuttgart 1888, S. 337 f.
  38. B. Simson, Jahrbücher der deutschen Geschichte: Ludwig der Fromme. Leipzig 1874, Bd. I, S. 39.
  39. M. G. Scr. II. Mon. Sangall. p. 741.
  40. M. G. ibid. p. 740.
  41. M. G. ibid. p. 758.
  42. Koelhoff’sche Chronik. Köln 1499: … tzoich durch vremde lande und leirde tzouveren … ind ergaf sich zum lesten dem bosen geist, up dat he mochte Keyser werden. Vgl. auch Städtechroniken Köln Bd. XIII, S. 348.
  43. H. Schrörs, Hinkmar, Erzbischof von Rheims. Freiburg 1884, S. 201 f.
  44. Ich beschränke mich auf diese wenigen Angaben aus dem seiner Zeit viel verbreiteten Werke „De universo“ von Rhabanus Maurus, Erzbischof von Mainz. Das Werk ist eine Art Encyklopädie; vgl. St. Fellner, Kompendium der Naturwissenschaften an der Schule zu Fulda im neunten Jahrhundert. Berlin 1879, S. 84 und S. 215.
  45. Zu den nachstehenden Angaben ist die Ausgabe: „F. Wasserschleben, Reginonis abbatis Prumiensis libri duo de synodalibus causis et disciplinis ecclesiasticis. Lipsiae 1840“ benutzt worden.
  46. Vgl. F. W. H. Wasserschleben, die Bussordnungen der abendländischen Kirche, Halle 1851; E. Friedberg, Aus deutschen Beichtbüchern, Halle 1868; F. H. Vering, zur Geschichte der Pönitentialbücher in Verings Archiv für katholisches Kirchenrecht Bd. XXX, S. 204 ff; H. J. Schmitz, das Pönitentiale Romanum in demselben Archiv Bd. XXXIII, S. 3 ff. und Bd. XXXIV, S. 233 ff.; Verings in demselben Archiv (Bd. XIV) erschienene Zusammenstellung der in den ältern Beichtbüchern vorkommenden Bestimmungen über den Aberglauben.
  47. Pag. 180: Laici, qui excubias funeris observant, cum timore et tremore et reverentia hoc faciant. Nullus ibi praesumat diabolica carmina cantare, non ioca et saltationes facere, quae pagani diabolo docente adinvenerunt.
  48. Pag. 145: Bibisti ullum maleficium id est herbas vel alias causas, ut non potuisses infantes habere, aut alii donasti … aut de semine viri gustasti, ut in amorem tuum exardesceret? … An anderer Stelle bei Regino (cap. 369) in der erweiterten Fassung: [148] Illa femina, quae menstruum sanguinem suum immiscuit cibo vel potui et dedit viro suo ut comederet, et de illa, quae semen viri sui in potu bibit, et de ea, quae testam hominis combussit igni et viro suo dedit pro infirmitate vitanda … Zu vgl. Rhabani Canones IX saec. in Hartzheim-Schannat Concil. German. tom. II. p. 209.
  49. Häufig vorkommende Bestimmung in den von F. W. H. Wasserschleben veröffentlichten Bussordnungen; das Tier wird zuweilen cervula genannt; ferner auch wird die Vermummung in die Gestalt einer Person des andern Geschlechts verboten.
  50. Letzteres scheint als ein den Dämonen dargebrachtes Feueropfer gegolten zu haben. Vgl. Wasserschleben, Bussordnungen S. 313, S. 482 und S. 517.
  51. Cap. 43 und Cap. 366.
  52. Cap. 51: Si quis in Kalend. Januarii aliquid facit, quod a paganis inventum est, et dies observat et lunam et menses, et horum effectiva potentia aliquid sperat in melius aut in deterius verti? Ausführlicher noch in Cap. 372 und 373.
  53. Cap. 44.
  54. Cap 52 und 374.
  55. Cap. 50.
  56. Cap. 360, 361, 362.
  57. Cap. 365.
  58. Andere Strafen als kirchliche: Busse und Ausschluss aus der Kirchengemeinschaft kennt das vorwiegend für die seelsorgerische Praxis bestimmte Werk Reginos kaum. Eine Ausnahme kommt beim Canon Episcopi vor: Vertreibung aus der Pfarrei. Wo Regino (c. 360 ff.) von der Todesstrafe spricht, citiert er einfach den Codex Theodosianus.
  59. Vgl. Soldan-Heppe a. a. O. Bd. I S. 131 ff. Die dem hl. Augustin untergeschobene Schrift De spiritu et anima gehört nach Friedberg dem 12. Jahrhundert an. Gegen die Nachtfahrten finden [150] sich zwar dem Canon Episcopi ähnliche Bestimmungen aus älterer Zeit als der Reginos, doch berücksichtigen die wesentlichsten Schriften über den Hexenwahn ausschliesslich den Canon Epicopi. Vgl. Soldan-Heppe a. a. O. Bd. I, S. 110.
  60. Brief an Titus Kap. 3, V. 10 und 11. Es ist sehr bemerkenswert, dass durch Citierung dieser Stelle eine gewisse Gleichstellung zwischen Häresie und Zauberei erzielt wird.
  61. Quisquis ergo aliquid credit posse fieri, aut aliquam creaturam in melius aut in deterius immutari, aut transformari in aliam speciem vel similtudinem, nisi ad ipso creatore, qui omnia fecit et per quem omnia facta sunt, procul dubio infidelis est [et pagano deterior]. Die letzten drei Wörter sind späterer Zusatz.
  62. Solche Nachtfahrten erwähnt Regino ausser im Can. Episcopi auch in lib. II Cap. 5 No. 45.
  63. Mit viel grösserer Schärfe als Regino sprach sich im 11. Jahrhundert (vgl. unten) Burkhard von Worms über die im Canon Episcopi als abergläubisch erklärten Luftfahrten aus, was aber ebenfalls nicht verhindern konnte, dass einige Jahrhunderte später dem Wahnglauben an Hexen-Luftfahrten zahllose Menschenleben zum Opfer fielen.
  64. Malleus malefic. l. c. p. II quaest. I Cap. III pag. 253 sqt.
  65. Malleus l. c. p. II quaest. I Cap. VIII pag. 297 sqt.
  66. H. Siegel, Deutsche Rechtsgeschichte. Berlin 1889 S. 41 f.
  67. Von ältern Kölner Diözesan-Verordnungen sind, soweit ich es übersehen kann, nur wenige Bruchstücke veröffentlicht.
  68. Vering, Archiv für katholisches Kirchenrecht, Bd. XXX, S. 220, woselbst auch Erörterung der Gründe des Eingehens.
  69. Bekannt unter dem Namen Corrector Burchardi, vgl. F. W. H. Wasserschleben, Die Bussordnungen der abendländischen Kirchen. Halle 1851, S. 89 ff.
  70. W. Wattenbach, Deutschlands Geschichtsquellen. Berlin 1877, Bd. I, S. 314. Burkhard (vgl. Soldan-Heppe a. a. O. Bd. I, S. 130) ist vielleicht bei dem Text seines Corrector nicht mit der nötigen Genauigkeit zu Werke gegangen.
  71. Ich beschränke mich auf Angaben, die bei Regino fehlen und citiere nach der gen. Ausgabe von F. W. H. Wasserschleben.
  72. Cap. 53, S. 643. Ein auch für niederrheinische Gegenden nachweisbarer Aberglaube!
  73. Cap. 53a, S. 643 f.
  74. Cap. 55, S. 644: Mulieres in suis lanificiis.
  75. Cap. 92, S. 650. Ea nocte sancta filant nec consuunt … diabolo instigante. Hier das Spinnen des altdeutschen Nothemds in der Weihnachtsnacht unter Anrufung des Teufels!
  76. Cap. 90, S. 650. Prophezeien über den Ausgang der Krankheit, nachdem vor dem Hause des Kranken ein Stein aufgehoben und das unter demselben befindliche Erdreich nach Tieren durchsucht worden war.
  77. Cap. 79, S. 648, Cap. 81, S. 649, Cap. 83, S. 649; teilweise wie bei Regino.
  78. Cap. 166, S. 662. Das bekannte Durchpfählen der Leiche … instinctu diaboli.
  79. Cap 85, S. 649. Das Mitgeben von Salbe ins Grab zur Heilung der Wunde.
  80. Cap. 90, S. 648.
  81. Cap. 91, S. 650 satyri et pilosi; c. 139, S. 657: quae a vulgo parce dicantur; Cap. 140, S. 658: agrestes femine, quas silvaticas vocant; Cap. 141, S. 658: tres ille sorores.
  82. Cap. 156 und 157, S. 660.
  83. Cap. 60, S. 645, Cap. 158, S. 661, Cap. 159, S. 661.
  84. P. Fredericq, Corpus document. inquisitionis. Gent 1889, Vol. II No. 22 pag. 41.
  85. J. Diefenbach, Der Hexenwahn. Mainz 1886 S. 242.
  86. Caesarii Heisterbac. Homil. III, 57: Populus iste a diabolo seductus et missus … diabolus enim cum hominibus istis est … ipsi in perversitatibus Baal et in aliis pravis operibus inventii. (Vgl. K. Unkel in Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein Heft 34 S. 52 ff.)
  87. P. Fredericq l. c. Vol. I No. 43 pag. 43.
  88. A. Kaufmann, Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein. Heft 47, S. 24. Das Einwickeln von Hostien in ein Tuch nach dem Empfange der Kommunion kommt in den Hexenprozessen des 16. und 17. Jahrhunderts sehr häufig vor.
  89. A. Kaufmann a. a. O. S. 166. Derselbe Fall im Hamburgischen: Soldan-Heppe a. a. O. Bd. I, S. 261.
  90. Bibisti chrisma ad subvertendum dei iudicium? F. W. H. Wasserschleben a. a. O. S. 660. Cap. 155.
  91. J. Nider, Exposit. Decalogi. I praeceptum ad 19. Eine Verordnung des Bischofs von Dornik gegen Zaubereien unter Missbrauch der Eucharistie, des Chrisma und anderer Sakramente bei P. Fredericq a. a. O. Vol. I, No. 158 pag. 149.
  92. Annales Brunwilrenses bei Böhmer Fontes III, 387: Hisdem temporibus tanta portenta falsorum signorum per haereticos facta sunt, ut plurimis obstupescentibus iam omnino instare perditi hominis adventus apud plerosque fideles creditum sit.
  93. M. G. Scr. V p. 213 ad annum 1074 April. (Colonienses) mulierem etiam quandam de summitate murorum praecipitant fractisque cervicibus interficiunt; hoc ei crimini dantes, quod homines plerumque magicis artibus dementare infamata fuisset.
  94. M. G. Leg. t. I p. 20: … Foeminae lunam comendent, quod possint corda hominum tollere. – Vita s. Elegii: Deus ad hoc lunam fecit, ut tempora designet et noctium tenebras temperet, non ut … dementem hominem faciat, sicut stulti putant, quia daemonibus invasos a luna pati arbitrantur. Vgl. A. J. Binterim, … Denkwürdigkeiten der christ. katholischen Kirche. Mainz 1826, Bd. 2 Teil 2, S. 581 ff.
  95. Soldan-Heppe a. a. O. Bd. I, S. 185.
  96. In der Regel aber nach dem Volksglauben mit irgend einer körperlichen Missbildung ausgestattet. In einer Paderborner Synodal-Bestimmung (Schannat-Hartzheim l. c. tom. X, p. 144) ist die Rede von Teufelserscheinungen in forma Aethiopis, canis, hirci, serpentis, bufonis aut similis animalis … vel etiam si appareat in forma humana sed monstrosa cum pedibus corneis, bovis aut equi … Vix enim existimandum est, daemonem in humana forma divino permissu apparere, nisi cum notabili signo alicuius deformitatis.
  97. Homilien 3, 46.
  98. A. Kaufmann, Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein. Heft 47, S. 10.
  99. Liebeszauber: in Dialog. XI, 59 und XII, 27.
  100. A. a. O. Bd. I, S. 165 ff. Theophilus schwur, um eine durch Verleumdung verlorene Anstellung wieder zu erhalten, Gott und den Heiligen ab. Er schloss mit dem Teufel einen Vertrag, den er durch seine Handschrift bestätigte, versöhnte sich aber nach langer Busse später mit Gott.
  101. M. G. Scr. II, 742: Diabolus … cuidam pauperculo in humana se obviam tulit specie, pollicitus, non mediocriter illum esse ditandum, si societatis vinculo in perpetuum sibi delegisset adnecti.
  102. J. Diefenbach, der Hexenwahn. Mainz, 1886. S. 220.
  103. Etwas abweichend: Soldan-Heppe a. a. O. Bd. I, S. 188.
  104. Homagium: Dialogus I, 32, V, 4 und V, 18; Abrenunciatio: Dialogus II, 12 und XII, 23; Chartula proprio cruore conscripta: Homil. 3, 58.
  105. Soldan-Heppe a. a. O. Bd. I, S. 188.
  106. Bonum universale de proprietatibus apum. Ich citiere im Nachstehenden nach einer Incunabel der Kgl. Landesbibliothek in Düsseldorf.
  107. Albertus Magnus. Festschrift. Köln (J. P. Bachem) 1880, S. 168.
  108. Wortlaut in lib. II cap. LVI: In partibus Theutonie plenissima fratrum predicatorum et minorum attestatione percepi puellam nobilissimam esse filiam comitis de Schwanenborg in claustro monialium enutritam, quae per aliquas horas a demonibus nocte rapitur et in ipso raptu invisibilis et incontrectabilis conprobatur. Et hoc cum quidam frater eius carnalis de ordine fratrum minorum experiri certius voluisset accepit dictam puellam sororem suam in gremio et cum brachiis eam fortissime strinxit et tenuit; et tamen vieniente hora raptus de manibus tenentis invisibiliter et incontrectabiliter tollebatur.
  109. Lib. II cap. 56. Quasi in agone mortis positas mulieres subito rapi et eorum loco a demonibus figmenta deponi et ipsa figmenta simillima raptis corporibus quasi mortua sepeliri, visas vero feminas et inter homines conversatas.
  110. Cum vero voluntate divina vel hominum diligencia ita capti a demonibus hominibus restituuntur, et mentis nunquam tamen sic restituuntur in integrum sanitati, quasi semper eorum cor suspensum sit et pronum ad reditum; sicut illi, qui semel amenciam passi sunt facillima occasione ad amenciam relabuntur. Quando quidam referunt qui viderunt facies sic raptarum que pallida super macie et livida et oculi magis instabiles quam in non raptis.
  111. Non hinc audeo aliquid definire.
  112. J. Nider Expos. Decalogi Cap. 1 ad 22 auf St. Augustin und Thomas von Aquin. J. Nider Formicarius lib. V cap. X auf Thomas von Aquin; Malleus maleficarum p. 46, 48 und 50 auf St. Augustin, Beda und besonders auf Thomas von Aquin; P. Binsfeld in Confession. Maleficorum (Köln 1623) S. 179 wirft dem berühmten Vorkämpfer gegen den Hexenwahn Dr. Joh. Weyer vor, dass nicht einzig Thomas von Aquin die Incubus-Generations-Theorie aufgestellt habe. Thomas von Aquin galt also vielfach im 16. Jahrhundert als Hauptvertreter dieser Theorie.
  113. Soldan-Heppe a. a. O. Bd. I, S. 181. – Kurz lautet die Theorie nach R. Jaquiers Flagellum haereticorum (Frankfurt 1581) S. 35: Potest igitur daemon in forma corporis muliebris se supponere viro lubrico, qui credit esse veraciter mulierem, et tunc daemon receptum semen viri illius in suo vigore aliquamdiu asservare potest; et post hoc potest daemon ipse formare et assumere corpus in forma corporis virilis et sic aliquam mulierem lubricam aptam conceptui sibi supponere, quae putat illum esse realiter virum et permittit se ab eo supponi; et tunc daemon acceptum et conservatum semen a viro infundit corpori mulieris suppositae, et fit conceptio et generatio hominis. Infans tamen sic generatus non est filius diaboli, qui fuit mediator generationis illius viri, a quo fuit semen decisum, ut dicit S. Thomas.
  114. Thomas von Aquin und Albertus Magnus waren bekanntlich zu ihrer Zeit die hervorragendsten Kenner der Philosophie und der Schriften von Aristoteles.
  115. Vollständiger Wortlaut bei Soldan-Heppe a. a. O. Bd. I, S. 143. Dort auch der Nachweis, dass Thomas von Aquin an die Macht der Dämonen, dem Zweck der Ehe schaden zu können, glaubte. P. Binsfeld l. c. p. 202 weist bezüglich der Entstehung von Wind und Wetter auf Aristoteles (libri meteorologici) und auf den auch von Thomas von Aquin scharf hervorgehobenen motus localis hin.
  116. P. Binsfeld l. c. p. 171: Thomas von Aquin und andere, nebst der Lehre des Aristoteles citiert. Ich übergehe die vielfach verbreitete Theorie, dass die Teufel Keime (semina) lebender Wesen aus allen Teilen der Welt sammeln, um gegebenen Falls, ohne einen ihnen unmöglichen Schöpfungsakt, durch Hülfsmittel natürlicher Art aus den Keimen lebende Wesen zu entwickeln.
  117. Aus den niederrheinischen Hexenprozessen ist mir kein Fall bekannt, in dem von Incubus-Kindern, deren Vorkommen auch der Hexenhammer erwähnt, die Rede gewesen wäre. Dass man stellenweise Martin Luther für einen Sohn des Satans hielt, folgt aus J. Wieri, opera omnia p. 240: De Martini Lutheri ortu daemoniaco. Vielleicht haben die bei Geburten zuweilen in die Erscheinung tretenden Missbildungen den Glauben an Elbenerzeugungen gestützt. Über einen fabelhalten Geburtsfall (Zauberei) in Heinsberg im April 1598 vgl. Materialien zur geistl. und weltl. Statistik des niederrh.-westf. Kreises. 1781/83. Jahrg. 1, S. 347 ff. Vgl. auch O. Snell, Hexenprozesse und Geistesstörung 1891, S. 103 f.
  118. Thomas à Chantimpré l. c. cap. 56: Magister Albertus … narravit mihi, quod Parisiis illi demon in specie cuiusdam fratris apparuit, ut eum a studio revocaret, sed mox crucis virtute discessit. (Hier und an den folgenden Stellen nehme ich aus dem Zusammenhang an, dass unter magister Albertus Albert der Grosse gemeint ist.)
  119. Thomas à Chantimpré l. c. cap. 56: Dissimulavit et noluit aliquid diffinire.
  120. Thomas à Chantimpré l. c.
  121. Die grosse Mühe, Alberts des Grossen umfangreiche Werke gründlich nach Auslassungen über Zauberwesen und Dämonismus durchzusehen, dürfte sich kaum lohnen. Nennenswerte Abweichungen von der Lehre des hl. Thomas von Aquin würden sich schwerlich ergeben.
  122. Malleus maleficarum (1588), S. 297. Der Hexenhammer nennt als vollkommene Kreaturen hier den Menschen und den – Esel; als unvollkommene: Frösche, Schlangen, Mäuse u. s. w.
  123. Albertus Magnus. Festschrift. Köln 1880. S. 152. Dieser Festschrift sind auch die hier folgenden Sagen entnommen.
  124. Vgl. oben Seite 154 und G. Roskoff a. a. O. Bd. II, S. 137.
  125. Soldan-Heppe a. a. O. Bd. I, S. 220. Das Vorhandensein einer solchen Gegenströmung folgt auch aus der Einleitung zur Bulle Summis desiderantes vom Jahre 1484. Und selbst der Malleus malefic. l. c. p. 475 sqts. giebt einen gewissen Unterschied zwischen Häresie und Zauberei zu.
  126. Gütige Mitteilung des Herrn Dr. R. Knipping.
  127. P. Fredericq l. c. vol. I, XXXV s., vol. II, XX s.
  128. K. A. Ley, Kölnische Kirchengeschichte. Köln 1882. S. 289 und 421 f.; ferner einige Angaben in P. Fredericqs Corpus document. Inquisitionis haereticae pravitatis Neerlandicae. Gent 1889 et 1896.
  129. J. Hansen, Rhein. Akten zur Geschichte des Jesuiten-Ordens. Bonn 1896, S. 563 ff.
  130. Heretici, incantatores, malefici quilibet de veritate convicti et deprehensi ad arbitrium iudicis poena debita punientur. (M. G. Leg. II, 267 sqt.)
  131. Statuta s. eccles. Coloniensis … Coloniae apud Quentel 1554; p. 45: excommunicari omnes illos et illas, qui vel quae contra matrimonium iam contractum vel etiam contrahendum sortilegia, incantationes vel maleficia faciunt, vel fieri procurant. Pag. 42: Praecipimus, ut sacerdotes … maiora peccata et iniunctionem poenitentiae pro iisdem nobis reservent, ut sunt … sortilegia, venificia.
  132. Bonum universal. l. II cap. 56: In Theutonia … fuerunt qui dicerent, demones se vidisse quasi bestias diversas in aere sibi invicem ex ventis contrariis occurisse.
  133. J. Strange, Caesarii Heisterbacensis dialogus miraculorum 1851 vol. I pag. 270.
  134. Caesarius sagt nur „non est diu“, spricht also auch von seiner Zeit. Dass die Erzählung zur Zeit des hl. Engelbert spielt, folgt aus Egid. Gelenius. Vgl. die folgende Anmerkung.
  135. Aeg. Gelenius, S. Engelbertus archiepisc. Coloniensis. Coloniae 1633 pag. 75.
  136. A. Kaufmann, Cäsarius von Heisterbach. Köln 1862, S. 10, 109, 124, 125.
  137. Per nomen mirabile atque ineffabile
    Dei tetragrammaton,
    Ut expaveatis et perhorreatis:
    Vos exorcizo Larve, Fauni, Manes,
    Nymphe, Sirene, Hamadriades,
    Satyri, Incubi, Penates,
    Ut cito abeatis, chaos incolatis,
    Ne vas corrumpatis christianitatis.

    (Carmina Burana in Bibliothek des litter. Vereins in Stuttgart. 1847 Bd. 16, S. 36.)
  138. Statuta l. c. p. 82: Prohibemus, ne in aliqua ecclesiarum nobis subiectarum imprecationes fiant, nec decantetur Media vita contra aliquas personas, nisi de nostra licentia speciali, cum nostra sit discutere, quando sint talia facienda.
  139. Namentlich am Niederrhein. Vgl. den Artikel über Notker in der ersten Auflage des Kirchen-Lexikons von Wetzer-Welte.
  140. Die Hs. C 58 (13. Jahrhundert) der Kgl. Landesbibliothek in Düsseldorf verzeichnet auf dem 4. Blatte folgende Gebete: Domine exaudi, Media vita, Pater noster, In manus tuas.
  141. De sepulturis. Laudabilis consuetudo … canteturque canticum Media Vita … (Düsseldorfer Staatsarchiv. Jülich-Berg-Geistl. Sachen Ms. a. 297. Reformations-Verhandlungen 1545–1568.)
  142. „Senkmessen“ sollten ruhelos umher irrende Geister (Spukgeister) der Hölle weihen, oder für Lebende in der Absicht gehalten werden, deren baldigen Tod herbeizuführen: Vgl. J. Wieri opera omnia, Amstelodami 1660 pag. 421, und Bl. 26 der in der vorigen Anmerkung genannten Quelle: De missa … Horribilis est abominatio, quod quidam missas pro vivis habent tamquam defunctis eos sic litantes, ut moriantur. Vel ut spectra mortuorum per missam abigant atque demergant (vulgo vocantur Senckmissen).
  143. Statuta l. c. pag. 177.
  144. Th. J. Lacomblet, Archiv für die Geschichte des Niederrheins. 1832 Bd. I, S. 30 ff.
  145. Gute Zusammenstellung bei P. Fredericq l. c.
  146. v. Achenbach, Geschichte der Stadt Siegen. 1. Band, Abschnitt 3, S. 33; Janssen-Pastor, Geschichte des Deutschen Volkes 1894, Bd. VIII, S. 503.
  147. J. Hansen, Westdeutsche Zeitschrift Jahrg. 17, S. 159.
  148. J. Nider, Formicar. lib. V. in der dem Frankfurter Malleus malefic. von 1588 beigedruckten Ausgabe S. 754 und 803. Ueber die falsche Jungfrau von Orleans, vgl. R. Pick, Monatsschrift Jahrg. 1, S. 103 f. und Jahrg. 4, S. 306 und J. Hansen a. a. O.
  149. Vgl. W. Seelmann im Jahrbuch des Vereins für Niederdeutsche Sprachforschung Bd. VI S. 32 f. Ich citiere nach der in der Kgl. Landes-Bibliothek in Düsseldorf vorhandenen Handschrift.
  150. Vgl. P. Bahlmann, Deutschlands katholische Katechismen bis zum Ende des 16. Jahrhunderts 1894, S. 3 ff.
  151. Fast alle von P. Bahlmann genannten Katechismen sind mir zugänglich geworden. Einige der nachstehenden Citate entnehme ich aus Ch. Moufang, Katholische Katechismen des 16. Jahrhunderts. Mainz 1881.
  152. … hospitari maleficos et eos defendere. Dem Zusammenhang nach zu schliessen, bedeutet hier „maleficus“ Zauberer.
  153. Ich citiere nach der in der Kölner Stadtbibliothek vorhandenen Ausgabe von 1489.
  154. Im 16. Jahrhundert bezeichnete man ihn als zusammengesetzt ex trivialibus nugis et fabulis. Vgl. Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung Bd. VI, S. 37 ff.
  155. Findet sich auch in den Act. Sanct. Bolland; scheint, nach andern Quellen zu schliessen, erst im 14. Jahrhundert entstanden zu sein.
  156. Ezliche lude sprechen also: Ein minsch leve wie he leve: Is im wat gudes geschaffen in dem hemelrich, he kummet dair. Is im die hell geschaiffen, dat he viel guets dede, nochtant moeste he dair in vaeren. Vergl. Caesar. Heisterbacens. Homil. II, 65: Si praedestinatus sum salvabor, si praescitus damnabor.
  157. Vgl. K. Simrock, Deutsche Mythologie 5, 1878 S. 165.
  158. Vgl. Beilage 1.
  159. Nulla mulier se nocturnis horis equitare cum Diana dea paganorum vel cum Herodiana innumera mulierum multitudine profiteatur. Haec enim daemoniaca est illusio. (Provinzial-Synode).
  160. Der folgende Überblick über den Inhalt der Bulle (Regest) hier nach Janssen-Pastor a. a. O. S. 506.
  161. P. Hinschius, Das Kirchenrecht der Katholiken und Protestanten in Deutschland. Berlin 1897, Bd. VI, S. 402: „Zu weit geht allerdings Döllinger (Die spanische u. römische Inquisition, kleinere [176] Schriften, her. von Reusch. Stuttgart 1890. S. 387), wenn er anscheinend die Bulle als ex cathedra erlassen bezeichnet, denn so schwankend auch dieser Begriff ist, s. Bd. IV, S. 437, so ergiebt weder ihr Inhalt noch der Anlass, aus welchem sie ergangen ist, dass der Papst eine Definition inbetreff des Glaubens hat erlassen und zur Verbindlichmachung der Kirche durch diese seine Erklärung von seiner obersten Gesetzgebungsgewalt hat Gebrauch machen wollen, da er nur den Inquisitoren die ihnen bestrittene Kompetenz inbetreff der von diesen bezeichneten, den Thatbestand der Hexerei erfüllenden Vorgehen beilegt“.
  162. P. Hinschius a. a. O., S. 403.
  163. J. Görres, Christliche Mystik, 1842, Bd. IV Abt. II, S. 585, nennt den Malleus in seinen Intentionen rein und untadelhaft, aber in unzureichendem Grade thatsächlicher Erfahrung aufgesetzt.
  164. J. Diefenbach, Der Hexenwahn, 1886, S. 224: Im ganzen genommen ist der Inhalt des Malleus nicht so schlimm als sein Ruf.
  165. Malleus malefic. l. c. p. 151.
  166. Ibidem p. 237: infantes in utero matris solum exteriori tactu interimere.
  167. Ibidem p. 252 et p. 471.
  168. A. a. O. S. 112 ff.
  169. P. Hinschius a. a. O. S. 403: Das verruchteste und zugleich läppischste, das verrückteste und dennoch unheilvollste Buch der Weltlitteratur.
  170. K. Binz, Doktor Johann Weyer, Berlin 1896, S. 9: Das Ganze ist ein Buch so wahnwitzig, roh, grausam und folgenschwer, wie es in solcher Vereinigung der Eigenschaften niemals weder vorher noch nachher aus eines Menschen Feder geflossen sein mag.
  171. A. a. O., S. 32.
  172. Th. Kirchhoff, Grundriss einer Geschichte der deutschen Irrenpflege, Berlin 1890, S. 45.
  173. A. a. O., S. 121.
  174. A. a. O., S. 122 ff. Vielleicht sind noch drei andere Ausgaben des Malleus von 1620, 1660 und 1666 hinzuzurechnen. Vgl. Th. Grässe, Bibliotheca magica et pneumat. Leipzig 1843, S. 32 und K. Kiesewetter, Geschichte des Occultismus Teil II, die Geheimwissenschaften. Leipzig 1895, S. 479. K. Kiesewetter will auch eine deutsche Uebersetzung des Malleus kennen, die in „Joh. Reichens unterschiedliche Schriften vom Unfug des Hexenprozesses“, Halle 1703 erschienen sei. Diese Uebersetzung ist mir nicht zugänglich geworden; wahrscheinlich handelt es sich nur um einen Auszug.
  175. Nach mir gemachter gütiger Privatmitteilung kennt auch Herr Prof. Ulmann in Greifswald, Verfasser einer Biographie Maximilians I., für den gen. Empfehlungsbrief keine andere Quelle als den Hexenhammer.
  176. J. Hansen a. a. O., S. 124 und S. 156.
  177. J. Hansen a. a. O., S. 167.
  178. Breve Sixtus IV, in welchem die Kölner theologische Fakultät wegen ihres gegen Ketzer und Zauberer an den Tag gelegten Eifers belobt wird; Hexenverfolgungen zu Köln im 15. Jahrhundert; Ersuchen der Kölner theologischen Fakultät an den Herzog von Jülich, die in seinem Gebiete hervorgetretene Hydromantie zu bekämpfen. J. Hansen a. a. O., S. 159–161.
  179. Janssen-Pastor a. a. O., Bd. VIII, S. 510.
  180. A. a. O., S. 403.
  181. Pars I quaest. XIV (Frankfurter Ausgabe von 1588 p. 173): Nam omnia mala in bonis naturae et formae procurare possunt, deo permittente, ut ex bulla papae deducitur.
  182. So wörtlich Janssen-Pastor a. a. O., Bd. VIII, S. 507.
  183. Er hätte z. B. nicht versichern können, dass nach ihm zugegangenen Berichten in der Diözese Köln der Erlöser der Welt geboren oder gestorben sei, oder dass am Rhein die Zauberer allmächtig seien.
  184. A. a. O., Bd. VIII, S. 508.
  185. Ueber die Zustände in der Erzdiözese Köln vgl. K. A. Ley, die Kölnische Kirchengeschichte 1882, S. 433 ff.; sehr bemerkenswert ist ferner die Urkunde d. J. 1489 in Lacomblets Urkundenbuch Bd. IV, No 446 S. 552. Treffende Schilderung der damaligen europäischen Verhältnisse in J. v. Görres, Christliche Mystik (1842) Bd. IV Abteilung II, S. 579 f.
  186. Ausführliche Nachweise in F. Piper, Karls des Grossen Kalendarium und Ostertafeln. Berlin 1858, S. 149–157. Der Glaube hing damit zusammen, dass die am weitesten reichenden Ostertafeln mit 1492 abschlossen.
  187. Frankfurter Ausgabe von 1588 in der vorgedruckten Apologia auctoris und S. 27: Jam mundi vespere ad occasum declinante.
  188. Graminaeus und Agricola in ihren im folgenden namhaft gemachten Schriften. Die Zahl der Beweise für den bald nach dem Ausgang des Mittelaltres am Niederrhein verbreitet gewesenen Glauben an das bevorstehende Weltende liesse sich leicht vermehren.
  189. Eine Ausnahme liegt bei Siegburg und dem Ländchen Drachenfels vor.
  190. A. Schumm, Maximilian Robespierre. Freiburg 1885, S. 316.
  191. Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins. Bd. V, S. 295, Anm. 3.
  192. L. Ennen a. a. O., S. 793.
  193. Materialien zur geistlichen und weltlichen Statistik des niederrheinisch-westfälischen Kreises. Erlangen 1781/83, 1. Jahrgang S. 486.
  194. Vgl. Mitteilungen aus den Aktenresten der Bergischen Obergerichte. Düsseldorf 1897 S. 7 ff.
  195. Geschichte des früheren Gymnasiums zu Jülich. Jülich 1891, I, S. 250.
  196. Gütige Privatmitteilung des Herrn Stadtarchivars Pick.
  197. Alle in der Art der von G. Eckertz im 9. Bande der Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein veröffentlichten Hexenprozesse. Neue Momente suchte ich in den Düsseldorfer Abschriften vergebens; sie bieten nur das bekannte Einerlei: Tortur, Bekenntniss, Angabe Mitschuldiger, Verurteilung!
  198. Aus dem 16. Jahrhundert die Jahrgänge: *52, *55, *57, *60, 72, *79, *80, 81, *82, *85, *86, *87, *88, *89, 94, 95 und 97. Aus dem 17. Jahrhundert die Jahrgänge: 01, *02, *03, 04, 05, *06, 07, 08, 09, 11, *14, 15, 16, 17, 18, 19, *20, *21, *23, 24, *25, 26, 27, 28, 29, 30, 33, 34, 35, 36, 37, 38, *39, *40, 41, *42. Auf eine Durchsicht der Jahrgänge nach 1642 verzichtete ich, da sie zu wenig lohnend schien. Die vorstehend mit einem Stern bezeichneten Jahrgänge bieten zur Geschichte des Hexenwahns im Kurkölnischen keine Ausbeute. Bedauerlich bleibt, dass so viele Jahrgänge uns nicht erhalten geblieben sind.
  199. Ueber Druckwerke rein theologischen oder katechetischen Inhalts vergl. den folgenden Abschnitt.
  200. Vgl. J. G. Th. Grässe, Bibliotheca magica et pneumatica. Leipzig 1843. Grässes Zusammenstellung ist wertvoll, wenn auch nichts weniger als lückenlos; so hat der Verfasser augenscheinlich J. Hartzheims bekannte Bibliotheca Coloniensis, die ihm viele Ergänzugen liefern konnte, nicht benutzt.
  201. Inductio sive directorium … Anleitung … wie ein Richter in Criminal- und peinlichen Sachen der Zauberer und Hexen … sich zu verhalten … Durch Diederichen Graminaeum … Köln 1594. Diese Schrift scheint Soldan-Heppe, Diefenbach, Grässe und Binz unbekannt geblieben zu sein.
  202. Unter diesem Titel mir unbekannt; vielleicht identische mit N. Jacquiers viel verbreitetem „Flagellum Haereticorum“, das an Dämonen-Geschichten überreich ist.
  203. So schreibt Graminaeus den Namen des Mannes, über den K. Binz und H. Eschenbach vortreffliche Monographieen veröffentlicht haben. Vgl. K. Binz: Doctor J. Weyer², Berlin 1896, und H. Eschenbach: J. Wier … Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Bd. I, S. 57–174.
  204. Handschriftlich in dem mir vorliegenden Exemplar; stammt den Schriftzügen nach nebst zahlreichen ähnlichen Randbemerkungen aus der Zeit des Erscheinens des Buches.
  205. K. G. v. Wächter, Beiträge zur deutschen Geschichte, insbesondere zur Geschichte des deutschen Strafrechts. Tübingen 1845, S. 281. v. Wächters Urteil ist etwas zu hart, indem sowohl Bodin als auch Binsfeld in einigen wesentlichen Punkten vom Malleus abweichen.
  206. K. Binz a. a. O. S. 87.
  207. „Gründlicher Bericht, ob Zauberey die argste und greulichste Sünd auf Erden sey … etc. Köln bei Henricus Falkenburg 1597. 261 S. 8°“. Soldan-Heppe und Grässe citieren diese Schrift unrichtig; K. Binz und Diefenbach scheinen sie nicht näher zu kennen.
  208. Am Schluss des ersten Traktats. Damit geht F. Agricola selbst über den Malleus hinaus, der (pag. 176) sagt: post peccatum Luciferi omnia alia peccata maleficorum opera excedunt. In kirchlichen massgebenden Kreisen scheint man anderer Ansicht gewesen zu sein, sonst hätten wohl mindestens einige Fälle, die in das Gebiet des Zauberwesens fallen, zu den in der Beichtpraxis dem Papste reservierten Fällen gehört.
  209. Kölner Regiminal-Protokolle 1617 Januar 24.
  210. Im Sammelband „Kulturgeschichte 280“ der Kgl. Landesbibliothek in Düsseldorf vorhanden. Hier folgende gekürzte Titel. De potestate ecclesiastica coercendi daemones circa energumenos et maleficiatos; de potentia ac viribus daemonum; de modo procedendi adversus crimina excepta, praecipue contra sagas et maleficos. Coloniae Agripp. 1629. Commentarius iuridicus ad … stigmata … authore P. Ostermanno. Coloniae Agripp. 1629.
  211. Im Nachfolgenden citiere ich nach der Ausgabe „Cautio criminalis seu de processibus contra sagas. Francofurti 1632.“
  212. A. a. O. S. 126. Es ist freilich bemerkenswert, dass noch im Jahre 1747 der Jesuit J. Hartzheim in seiner Bibliothec. Coloniensis kein Wort des Lobes für die Verdienste der Cautio criminalis Fr. von Spees fand.
  213. Der Cautio criminalis ist folgende Bibelstelle vorgedruckt: Vidi sub sole in loco iudicii impietatem et in loco iustitiae iniquitatem.
  214. v. Wächter a. a. O. s. 285.
  215. Vgl. Bädeker-Heppe, Geschichte der evangelischen Gemeinden der Grafschaft Mark. Iserlohn 1870, S. 323, wo es unter Witten heisst, dass im Jahre 1647 der dortige lutherische Pfarrer viele Hexen auf den Tod vorbereitet und zum Richtplatz begleitet habe.
  216. Agenda s. Coloniensis eccles. Coloniae Agripp. 1614, pag. 1.
  217. J. Diefenbach, Der Hexenwahn. 1886, S. 250 f.
  218. J. Diefenbach a. a. O. S. 253.
  219. Ich citiere nach zwei mir vorliegenden Ausgaben des Katechismus von 1576 und 1674.
  220. A. a. O. S. 270. Ähnlich Janssen-Pastor a. a. O. Bd. VIII, S. 494, Anm. 2.
  221. Vgl. K. Binz, Doktor Johann Weyer, Berlin 1896, S. 127.
  222. Der oben besprochenen Bulle Summis desiderantes von 1484.
  223. Vgl. K. Binz a. a. O., S. 80 f.
  224. Decreta et statuta Dioecesanae Synodi Coloniens. Coloniae apud J. Busaeum. 1667, pag. 25. Vgl. unten S. 201.
  225. Dies verschlägt wenig, da der Hexenwahn seines unsittlichen Beigeschmacks wegen auf der Kanzel ebenso wie in den Katechismen nur oberflächlich berührt werden konnte.
  226. Ist nach Diefenbach (a. a. O. S. 270) allgemein rezipierte Lehre, in der aber, nach den beigebrachten Erläuterungen zu schliessen, ein näheres Eingehen auf die Art und die Grenzen des Bündnisses und der Schädigungen vermieden wird.
  227. L. c. pag. 141 sqt.
  228. P. Binsfeldius, tractatus de confessionibus maleficorum et sagarum. Coloniae 1623 pag. 162 sqt.
  229. Vgl. Soldan-Heppe a. a. O. Bd. I, S. 248.
  230. L. c. pag. 251 und pag. 12 sqt. Der Malleus bleibt sich gegenüber dem ihm sehr unbequemen Canon episc. nicht ganz konsequent. So giebt er S. 261 zu, dass der Canon am Ende vielleicht doch „nude absque omni declaratione intelligendus sit“.
  231. L. c. pag. 202 sqt. et pag. 219. Die gleiche Auffassung noch im Jahre 1692 in Philippi Limborch Historia Inquisitionis pag. 231.
  232. Enchiridion christianae institutionis. Coloniae 1538. Meist zusammen mit Canones concil. provinc. Coloniens. a. 1536. Herausgeber ist der Kölner Erzbischof Hermann von Wied; Verfasser J. Gropper. Vgl. Allgemeine deutsche Biographie Bd. IX, S. 735 f.
  233. Vielleicht wegen der darin fehlenden Lehre vom Fegfeuer. Vgl. K. A. Ley, Kölnische Kirchengeschichte. 1882, S. 469.
  234. Kurz vor 1587, was aus der 1587 erschienenen Ausgabe des Director. Inquisit. F. Nicolai Eymerici (pag. 345) folgt; vgl. auch P. Binsfeld l. c. p. 318. F. Agricola, der diese Entscheidung nicht kannte, sagte (7. Traktat 2. Kap. 7) noch im Jahre 1597 einfach, der Canon spreche vom Reiten mit der Diana oder Herodias, nicht vom Reiten mit dem Teufel!
  235. Christliche Mystik, Bd. IV, Abt. 2, S. 244.
  236. Vgl. Soldan-Heppe a. a. O., Bd. I, S. 166. (Tertullian). – N. Jaquier (15. Jahrhundert) erwähnt, vielleicht als der erste, in seinem Flagellum haereticorum das Hexenstigma. Ueber die Anschauung der kurkölnischen Räte inbetreff der Stigmaprobe vergl. unten S. 204. Eine medizinische Erklärung bei O. Snell a. a. O. S. 101.
  237. De confessionibus maleficorum 1623 pag. 607.
  238. Cautio criminalis 1632, pag. 336: Ne lictor sciat verba incantatoria aut artes, quibus sanguinem sistat, ac huiusmodi carnis stuporem inducat, ut quosdam coniurationes scire intelligo. – Ältere „Blutsegen“ finden sich in. K. Müllenhoff und W. Scherer, Denkmäler deutscher Poesie und Prosa 1892 Bd. I, S. 18 und S. 180.
  239. Von P. Binsfeld l. c. pag. 288 sqt., ebenfalls scharf verurteilt; im Hexenhammer nicht erwähnt.
  240. Wird zwar im Hexenhammer besprochen, doch dürfte es schwer halten, ein Beispiel ihrer Anwendung zur Zeit der Hexenprozesse für den Niederrhein nachzuweisen.
  241. Vgl. Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein, Heft LXIII, S. 36.
  242. Agende von 1614, S. 321: Vobis praecipio, immundissimi spiritus, qui has nubes sen nebulas concitatis … ut exeatis ab eis et eas dispergatis in locis silvestribus et incultis, quatenus nocere non possint hominibus, animalibus, fructibus …
  243. Tractatus magistralis declarans quam graviter peccant querentes auxilium a maleficis … ab magistro Jacobo Hoechstrassen. Coloniae 1510. Ich benutze das in der Kölner Stadtbibliothek vorhandene Exemplar.
  244. Wäre schon deshalb unausführbar gewesen, weil das Zauberwesen in hunderterlei Farben schillerte.
  245. Vgl. Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins, Bd. XXXIII 1897, S. 52 f., und zahlreiche Stellen in Ch. Moufang, katholische Katechismen des 16. Jahrhunderts. Mainz 1881. Am ausführlichsten wohl im Katechismus Friderici Nauseae episcopi, der im Kölnischen sehr verbreitet und von der erzbischöflichen Behörde (Agende von 1614, S. 233) empfohlen war.
  246. „Prohibet et damnat artem magicam vel divinatoriam, observationes superstitiosas, omnem denique cultum impium“. Canisius vermeidet auch in seinem Hauptwerke „Opuscatechisticum“ jedes nähere Eingehen auf den Hexenwahn oder das Zauberwesen.
  247. Mehrere Fälle in einigen Hexenprozessakten des Düsseldorfer Staatsarchivs. Zwei Fälle in Pützfeld und Altenahr (1649), wo der Pfarrer „more solito“ exorcisierte in: Materialien zur geistlichen und weltlichen Statistik des niederrheinisch-westfälischen Kreises. Erlangen 1781/83 Jahrg. 1, Stück 5, S. 448 ff. Auch Fr. v. Spee spricht beim Folterwesen (Caut. criminal. 1632 p. 153) von exorcisare und detondere.
  248. „Die Gefangene ward cito citissime exorcisiert.“ So in Rheinbach im Jahre 1641. (Vgl. Zeitschrift für Philosophie und kath. Theologie. Neue Folge Jahrg. VII 1846, S. 79.)
  249. Findet sich mehrfach angedeutet. In der Diözese Paderborn erklärte der Exorcist P. Loeper gelegentlich einer Besessensein-Epidemie im 17. Jahrhundert, dass Hexen und Zauberer in allgemeinen nicht vom Teufel besessen seien, dies komme bei ihnen nur vereinzelt vor. (Vgl. Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Altertumskunde. Münster 1893, Bd. 51, Teil 2, S. 50.)
  250. Evidenter cognosci non potest, quando homo a daemone obsessus vel maleficio sit intoxicatus. (Decr. Synod. Coloniens. Coloniae 1667 pars I. tit. V.)
  251. Vgl. J. Hansen a. a. O. S. 139 f.
  252. Geschichte der Stadt Köln. 1880 Bd. V, S. 758.
  253. J. Scotti, Gesetze und Verordnungen … Cleve-Mark Teil I, S. 39.
  254. Regenten- u. Volksgeschichte von Cleve-Mark etc. Bd. III, S. 164.
  255. G. v. Below, Landtagsakten von Jülich-Berg. Bd. I, S. 139.
  256. J. Scotti, Gesetze und Verordnungen Jülich-Cleve-Berg. Teil I, S. 19 ff.
  257. J. Scotti, Gesetze und Verordnungen … Cleve-Mark Teil I, S. 627.
  258. Totenbeschwörer? Wettermacher?
  259. Ich citiere nach der i. J. 1696 bei J. Ch. Schleuter in Düsseldorf erschienenen Ausgabe.
  260. Wigand, Archiv für Geschichte und Altertumskunde Westfalens. Bd. VI, S. 417.
  261. Wortlaut nicht ermittelt. Folgt aus der 1594 erschienenen, oben bezeichneten Schrift von Graminaeus S. 71: weil in den Rechten kein Grund und ein verboten ungewiss Werk … noch neulich durch unseres gn. Herrn und Fürsten Mandat … verboten.
  262. J. Diefenbach, der Hexenwahn 1886, S. 119; ohne Angabe des Druckorts. Nach der Abschrift im Düsseldorfer Staatsarchiv (Jülich-Bergische Gesetzgebung No. 16½) stützt sich der Erlass auf die Behauptung, dass das ius gladii nur dann das Recht auf die Vollstreckung der Todesstrafe durch Verbrennen gebe, wenn besondere Privilegien vorlägen. Dies wird in einem kurzen Memorial entwickelt.
  263. Vgl. Beilage No. 3.
  264. J. Scotti, … Jülich-Cleve-Berg, Teil I, S. 93.
  265. J. Scotti, … Jülich-Cleve-Berg, Teil I, S. 226.
  266. Im Landrecht von 1721; F. von Liszt, Deutsches Strafrecht. 1892, S. 61. Vgl. oben S. 144.
  267. Statuta s. eccles. Coloniensis … Coloniae J. Quentel 1554 pag. 393 et 356.
  268. Statuta l. c. p. 417.
  269. … qui cum daemone commercium habent.
  270. Statuta l. c. p. 499, 465, 487 et 488.
  271. Schannat-Hartzheim, Concil. German. tom. X p. 517–522. Auf diese Milderung wird unter Nennung von Zauberei in der Kölner Agende von 1614 (pag. 73 sq.) hingewiesen. Die Provizialsynode von 1662 führt Zauberei ebenfalls unter den Reservatfällen in der Beichtpraxis auf.
  272. Die Praxis schwankte. Schon J. Nider schreibt in seinem Manuale confessorum: Videtur quibusdam, quod … curati de aliis sortilegiis levibus et muliercularum variis et vanis observanciis possunt absolvere.
  273. Decreta et statuta Dioecesanae Synodi Coloniensis. Coloniae apud d. Busaeum. 1667, p. 22 sqt.
  274. Bulle „Omnipotentis Dei.“ Vgl. oben S. 190.
  275. Decreta l. c. p. 150 et p. 123 sqt. In früheren Jahrhunderten warnte die Behörde die Kleriker vor der Ausübung der Zauberei. Vgl. oben S. 143 und S. 200.
  276. Jahrgang 1604, November 25. In den folgenden Anmerkungen für „Kölner Regiminal-Protokolle“: K. R. P.
  277. Konzept im Düsseldorfer Staatsarchiv. Gedruckt: J. Scotti, Gesetze … im Kurfürstentum Köln. Düsseldorf 1831, Abt. 2, Teil 2, Anhang A. Dass der Coadiutor Ferdinand diese Ordnung erlassen hat, folgt aus Scotti a. a. O. Anhang B, S. 14.
  278. Die nach 1637 erschienenen Agenden fehlen in der Kölner Stadtbibliothek, in der hiesigen Kgl. Landesbibliothek und in der Bonner Universitäts-Bibliothek.
  279. J. Scotti … Gesetze (Kurfürstentum Köln) a. a. O., Abt. 1, Teil 2, S. 759.
  280. Düsseldorfer Staatsarchiv. Sammelband: Kurkölnische Verordnungen II, No. 254.
  281. J. Scotti a. a. O. Abt. 2, Anhang B. Vgl. auch zu dieser Ordnung die K. R. P.: 1628 November 27.
  282. F. E. von Mering, Geschichte der Burgen und Rittergüter … Bonn 1835. II, S. 176.
  283. L. Ennen a. a. O., S. 766.
  284. Aldenmelrike 1572 Dezember 4, Amt Hardt 1626 Dezember 22, Ahrweiler 1595 Juli 4. K. R. P.
  285. Lechenich 1628 August 30. K. R. P.
  286. Amt Hardt 1626 Oktober 20: Rechtsgelehrte dürfen jederzeit nicht zweie sein. Vielleicht ist „zweie“ mit „uneinig“ zu lösen. K. R. P.
  287. Bleisheim 1629 Dezember 17. K. R. P.
  288. Ein Fall in Andernach (1629 Fol. 182), der aber bald auch die Anstellung eines neuen Schultheissen zur Folge hatte. K. R. P.
  289. Deutz 1617 März 13; Adenau 1629 September, Oktober und November betreffend Verschwiegenheit des Gerichtsschreibers; Bonn 1629 April 7. K. R. P.
  290. Katharina Henot in Köln. Vgl. L. Ennen a. a. O., S. 775 ff. In den K. Regim.-Prot. 1627 August 5 heisst es: der Kurfürst zweifle nicht, dass die Schöffen ihre Urteile wohl zu verantworten wüssten, und um so weniger sich scheuen würden, die Akten zu edieren … etc.
  291. Deutz 1629 Juni und Juli; Ahrweiler 1630 März 16. K. R. P.
  292. Hülchrath 1630 November 16, Recklinghausen 1595 September 23. K. R. P.
  293. Aldenmelrike Dezember 4. K. R. P.
  294. Lechenich 1604 Dezember 11. K. R. P.
  295. Altenahr 1595 Juli 4. K. R. P.
  296. Westfälischer Teil der Erzdiözese Köln 1630 August 27. K. R. P.
  297. Westfälischer Teil der Erzdiözese Köln. 1630 Fol. 3. K. R. P.
  298. Brühl 1595 August 23, Recklinghausen 1605 Juli 6, Recklinghausen 1624 November 12. K. R. P.
  299. Köln 1629 Dezember 17. K. R. P. Ueber Christina Plum vgl. L. Ennen a. a. O., S. 786 ff.
  300. Köln 1629 Dezember 11
  301. Bleisheim 1629 Dezember 17. K. R. P.
  302. F. von Spee, Cautio criminal. p. 163 sqts.
  303. Urfehde war die eidliche Bekräftigung der Sühne zwischen dem Urheber einer Verletzung und dem Verletzten.
  304. Linn 1605 Juni 10, Ahrweiler 1609 September ff.; Andernach 1616 Februar 8 ein Fall von Landesverweisung nach Widerruf des in der Folterung gemachten Bekenntnisses. K. R. P.
  305. 1629 Fol. 110 K. R. P.: quia tendit ad conservationem animarum, ne incidant in desperationem, et tantum concedendum penitentibus …
  306. Amt Hardt 1628 Oktober 25. K. R. P.
  307. Lechenich 1629 Januar 23. K. R. P.
  308. Lechenich 1620 Januar 29. K. R. P.
  309. Vgl. Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins. Bd. 33, S. 56.
  310. K. R. P. 1628 Dezember 30, 1629 Januar 16, 1630 April, Fol. 113.
  311. Amt Nurburg 1629 Juli 24: K. R. P.: keine zuzulassen, als die ad causas pias zeloque pio gemacht und nit in praeiudicium fisci et partium vergiren.
  312. Westfälischer Teil der Erzdiözese 1630 April 17: wan die Condemnirten sich zur Buess veranlassen wurden … K. R. P.
  313. Eine solche Bestätigung war vielfach schon deshalb überflüssig, weil zur Blütezeit der Hexenprozesse diese mancherorts unter dem Vorsitz eines von der kurfürstlichen Kanzlei angestellten Kommissars, der besondere Vollmachten hatte, geführt wurden.
  314. Honingen im Amt Altenahr 1641 Mai 7: … Zu beantworten im Namen des Kanzlers und der weltlichen Räte, weil darab erschiene, dass näherem kurfürstlichen Befehl gemäss procedirt, so hätte er nomine Serenissimi zu befördern, dass solchen verurteilten zwei Hexen ihr verdienter Lohn widerfahre und rechtlicher Gebühr gegen dieselbe exequirt würde. K. R. P.
  315. Bonn 1609 Juli 9. K. R. P.
  316. [208] Brühl 1595 September 7. K. R. P.
  317. Boslar 1604 November 25. K. R. P.
  318. 1628 September Fol. 216. K. R. P.
  319. 1628 Februar 28 und März Fol. 80. K. R. P.
  320. Deutz 1629 Juli 3 K. R. P.
  321. Westfälischer Teil der Erzdiözese Köln 1629 Juni 13. K. R. P.
  322. Vgl. oben S. 202.
  323. Amt Hardt. 1627 Oktober 8: … Mahlzeiten werden passirt absque vino … vom Pastor loci soll nicht passiren, die Mönche nehmen kein Geld. K. R. P.
  324. 1627 Oktober 11. K. R. P.
  325. Lechenich 1629 Januar 16. Der ergangene Beschluss lautete, dass der kurfürstliche dortige Beamte (Kellner) die Güter selbst so lange behalten solle, bis sich Käufer meldeten. K. R. P.
  326. Vgl. die Beilage No. IV.
  327. Vgl. die Ausführungen bei S. Riezler a. a. O. S. 105 ff.
  328. Der direkte Widerspruch behauptete „maleficas non esse, aut quod nichil in nocumentum creaturarum quacunque operatione efficere possent“. (Malleus l. c. p. 686). Der bedingte Widerstand dagegen leugnete nicht die Möglichkeit von Beschädigungen durch Teufelsbund und Teufelskunst, hielt aber dafür, dass man das überaus dunkle Gebiet dämonischer Einflüsse nur mit grösster Vorsicht berühren dürfe, indem die ungeheure Mehrheit der umlaufenden Erzählungen oder der durch die Folter erpressten Geständnisse auf Zuverlässigkeit keinen Anspruch erheben dürfte.
  329. Vgl. K. Binz a. a. O. S. 18.
  330. Vgl. die Beilage No. V.
  331. Dies ergiebt sich aus den Nebenumständen und daraus, dass an andere mit dem Feuertode bestrafte Verbrechen (vergl. J. Grimm, Deutsche Rechtsalterthümer. Göttingen 1881, S. 699) bei einer weiblichen Person kaum zu denken ist.
  332. Vgl. die Beilage No. VI.
  333. Vgl. die Beilage No. VII.
  334. Solche Beschwörungsformeln liefen darauf hinaus, die Molkenzauberin zum Erscheinen als Schattenbild zu zwingen. Vgl. Zeitschrift für Kulturgeschichte von G. Steinhausen. 1898, S. 305 ff.
  335. § 14 der Carolina; auch übergegangen in die oben erwähnte Gerichtsordnung des Kölner Coadjutors Ferdinand vom 24. Juli 1607.
  336. J. Wieri, Opera omnia. Amstelodami 1660, p. 482 et 729; Fr. v. Spee, Caut. crimin. p. 191. Weyer geht auf die Art des Narkoticums an diesen Stellen nicht ein; ziemlich unzweifelhaft handelt es sich um das Gift der Tollkirsche (Belladonna.) Vgl. K. Binz a. a. O. S. 36.
  337. Bleisheim 1629, Dezember 17.
  338. Cautio crimin. p. 188: Aiunt quosdam obmutescere et obdormiscere … Obmutescere quidem possunt, sed obdormiscere non credo, ni iurati testes affirment.
  339. O. Snell a. a. O. S. 99.
  340. Nähere Nachweise über die Quellen und Daten der Verfolgungen in diesen und den für die späteren Perioden in Betracht kommenden Ortschaften in der angeschlossenen Übersicht.
  341. Ähnlich anderwärts. Zuweilen wurde auch Pulver (Donnerkraut), wohl zur Anzündung des Scheiterhaufens, in Rechnung gesetzt.
  342. Oft in den Rechnungen auch Ansätze für die Bewirtung der Schöffen am Tage der Verbrennung der Angeklagten.
  343. Eine solche Verfügung ist höchst wahrscheinlich niemals ergangen; es würden sich sonst wohl Hinweise auf dieselbe finden.
  344. Nach v. Wächter, Beiträge … insbesondere zur Geschichte des deutschen Strafrechts, Tübingen 1845, S. 99, rechnete man schon im 15. Jahrhundert Zauberei zu den delicta excepta, bei welchen der Richter die beschränkenden Vorschriften der Gesetze übertreten dürfe.
  345. G. von Below, Landtagsaken Jülich-Berg Bd. I, S. 117, S. 157 und S. 163.
  346. Abusus est impius, quod afflictiones et cruces a diabolo putentur imponi aut incantationibus a malis hominibus immitti. (Düsseldorfer Staatsarchiv; Jülich-Berg. Geistliche Sachen. Generalia No. 11c. 1545–1568).
  347. J. Wieri Opera omnia l. c. p. 503 et p. 506.
  348. Vgl. oben S. 198.
  349. Eine Stelle in der Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins Bd. 14, S. 211 scheint für die Echtheit des auffälligen Erlasses zu sprechen.
  350. Vgl. Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins Bd. 13, S. 146.
  351. Er bestätigt im Jahre 1563, dass längere Zeit hindurch gesunde kirchliche Lehren (wohl das Enchiridion!) den Hexenverfolgungen keinen Raum gelassen hätten. (Vgl. die Widmung seines Hauptwerkes an Herzog Wilhelm.) Auch in den im Düsseldorfer Staatsarchiv vorhandenen kulturgeschichtlich wichtigen Erkundigungsbüchern über die Pfarreien im Jülich-Bergischen (16. Jahrhundert) sind Hexenverfolgungen nicht erwähnt. Nur findet sich häufiger die Angabe, dass weder Wahrsager noch Teufelsbeschwörer in der Pfarre seien.
  352. A. a. O. in der Vorrede.
  353. A. a. O. S. 4.
  354. Es sollen nur unter den elf Jahren von 1581 bis 1592 nur zwei fruchtbare gewesen sein. Vgl. A. Hecking, Geschichte der Stadt St. Vith, 1875, S. 154; K. Binz a. a. O. S. 112 ff.
  355. Vgl. Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins Bd. 33, S. 7 ff. und S. 39 ff.
  356. Der geisteskranke Gemahl Jakobes von Baden fürchtete sich zwar in seinen Tobsuchtsanfällen vor Hexen (Zeitschr. des Berg. Gesch.-Vereins Bd. 33, S. 21), scheint aber niemals ein Todesurteil in Hexenprozessen bestätigt zu haben. Von seinen Nachfolgern im Jülich-Bergischen kommt hier nur der Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm (1614–1653) in Betracht. Herrn Archivsekretär Dr. J. Breitenbach in Neuburg verdanke ich über die Stellung dieses Pfalzgrafen zum Hexenwahn in seinem Stammlande folgenden interessanten Aufschluss. „Dem bis jetzt veröffentlichten archivarischen Material nach zu schliessen, scheint Wolfgang Wilhelm das ganze Hexenwesen in seinem Stammlande in der Hauptsache den Neuburger Regierungsbeamten überlassen zu haben: eine merkwürdige Ausnahme von der Regel, wonach der Pfalzgraf um alle Regierungsangelegenheiten bis ins kleinste sich bekümmerte. Ein von ihm eigenhändig unterzeichnetes, an den Neuburger Hofkammerdirektor Dr. iur. Franz Gise gerichtetes Schreiben von Düsseldorf den 23. Januar 1632 enthält nur eine Anfrage nach dem Verbleib eines Berichtes über die Behandlung des Nachlasses einiger zu Reichertshofen „Hexerei halb“ hingerichteter Personen“.
  357. Historia Clivo-Markana von 1609–1682 in fünf Bänden. Ein vereinzelter Fall einer Hexentötung in Cleve: K. Binz a. a. O. S. 168.
  358. Vgl. oben S. 199.
  359. So nennt ihn treffend J. Diefenbach in „Besessenheit … Frankfurt 1893, S. 123“.
  360. L. Ennen a. a. O. In den K. R. P. 1629 Fol. 345 bezeichnen die kurkölnischen Räte indirekt den Kölner Rat als patronus veneficarum.
  361. K. R. P. 1629 Oktober 5.
  362. K. R. P. 1641 Juni 3.
  363. K. R. P. 1628 November 29 und mehrfach an andern Stellen der K. R. P.
  364. K. R. P. 1629 Juli 24 und andere Stellen. Vgl. oben S. 216.
  365. K. R. P. 1628 August 30.
  366. K. R. P. 1629 Juli 24, 1628 November 29, 1629 Januar 22. 1629 Juni 16 heisst es: Kurf. D. hat befohlen, einen Kölner Rechtsgelehrten willig zu machen, der von einem Amt ins andere ziehe, um diesen wichtigen Sachen (Hexenwesen) beizuwohnen. Zuweilen mussten die Schöffen, welche bei Hexenprozessen verreisten, für die Besoldung der Kommissare aufkommen. K. R. P.: 1629 März 10.
  367. Gegen Buirmann sowohl wie gegen Reinhart liefen verschiedene Klagen ein. K. R. P.: 1630, 1635 April 25, 1637 Nov. 17, 1639, 1640, 1642; gegen Reinhart, der den armen Sündern gräuliche Tortur anthue und schon über 800 Personen habe verbrennen lassen: 1630 November 14 und 28. Kaspar Reinhart scheint in Westfalen verschollen zu sein. Nach gütiger Mitteilung des Herrn Archivvorstehers Dr. Kohlmann in Münster bewahrt das dortige Staatsarchiv über Reinharts Wirksamkeit kein Material und fehlt sein Name anscheinend auch in Druckwerken zur westfälischen Geschichte. – Nach den K. R. P. 1630 November 28 reichte Kaspar Reinhart in Erwiderung der gegen ihn erhobenen schweren Beschuldigungen einen Gegenbericht ein; von diesem mangelt heute jede Spur.
  368. K. R. P. 1617 März 10.
  369. L. Ennen a. a. O. S. 788. Nach Ennen hatte der Rundgang u. a. auch zur Folge, dass der Erzbischof selbst nicht unverdächtigt blieb.
  370. L. Ennen a. a. O. S. 789. Abschrift des Gedichts im Düsseldorfer Staatsarchiv. (Kurköln-Stadt Köln, Hohes Gericht ad No. 6, Fascic. II.)
  371. Folgt aus den gen. Akten des hiesigen Staatsarchivs und den Kölner Reg.-Protokollen.
  372. Im Sinne, dass gegen einen Angeklagten, dem die Folterung ein Schuldbekenntnis nicht erpresste, nur in dem Falle wiederum mit der Tortur vorgegangen werden durfte, dass neue Schuld-Indicien hinzukamen.
  373. Infolge der bislang wenig bekannten Thätigkeit Ferdinands in Hexensachen dürfte das günstige Urteil, welches manche Schriftsteller über ihn gefällt haben, wesentlich eingeschränkt werden. In seiner unglaublichen Verblendung auf dem Gebiete des Hexenwahns liess Ferdinand sich vielfach durch die Anschauungen P. Binsfelds und des französischen Rechtsgelehrten J. Bodin leiten.
  374. Damit war also eine Prämie auf die Frechheit gesetzt! F. v. Spee (l. c. p. 437) berichtet übrigens, dass zwar Furcht und Zittern als Schuldbewusstsein ausgelegt wurden, aber auch das Gegenteil nichts half. Dann heisse es: Sagas innocentissimas iactare se, frontemque porrigere.
  375. Certissimum enim indicium est maleficii cum quis se ante condemnat quam accusatur.
  376. Die beigegebene Begründung: quia satius est nuentem absolvi quam innocentem damnari klingt fast wie Hohn.
  377. Nach F. v. Spee (l. c. p. 9) gab es folgende crimina excepta: laesae maiestatis, haereseos, sagarum, proditionis, coniurationis, falsae monetae, latrocinii. Wie K. Binz (a. a. O. S. 97) ausführt, hatte schon bald nach 1584 J. G. Gödelmann die herrschende Ansicht, dass Zauberei ein crimen exceptum sei, entschieden bekämpft.
  378. Ein eigenhändiger Brief von ihm an den Erzbischof Ferdinand vom 9. November 1629 befindet sich im Düsseldorfer Staatsarchiv. (Kurköln–Stadt Köln, Hohes Gericht ad No. 6 Fasc. II.) Da berichtet Gelen, dass ein gelehrter und frommer Mann (gemeint ist der Dechant von St. Severin) zu ihm gekommen sei: qui lamentationem quandam exhibebat animae suspirantis ad deum pro exstirpatione magiae. Ego examinavi rem et aliud in illo contineri quam mera suspiria non reperi.
  379. Unter den kurkölnischen weltlichen Hofräten gab es ebenfalls mehrere Anhänger des Hexenwahns.
  380. Nach K. Ley, Kölnische Kirchengeschichte 1882, S. 531 war Ferdinands Oheim und Vorgänger auf dem erzbischöflichen Throne, [222] Ernst von Bayern, in seiner Jugend der Magie ergeben gewesen. Vielleicht haben somit auch Familien-Erinnerungen die Anschauungen des Kurfürsten Ferdinand ungünstig beeinflusst.
  381. Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins Bd. V, S. 295 ff.
  382. L. Ennen a. a. O. S. 801 f. und Düsseldorfer Staatsarchiv. Kurköln-Stadt Köln, Hohes Gericht ad No. 6 Fascic. II.
  383. Düsseldorfer Staatsarchiv in den in der vorigen Anmerkung gen. Akten.
  384. Selbst P. Binsfeld hatte in seinem Commentarius pag. 524 (beigefügt der Kölner Ausgabe von 1623 des Tractatus de confession. maleficor.) dringend davor gewarnt, die Todesstrafe bei Anklagen wegen Zauberei gegen Personen zu verhängen, die das 16. Lebensjahr nicht erreicht hätten: Non auderem unquam consulere iudici [223] in conscientia, ut in hoc enormissimo crimine arbitrium extenderet ad ultimum supplicium, ante decimum sextum annum competum, nisi maximae circumstantiae accederent.
  385. Rheinische Geschichtsblätter 1894, No. 11, S. 348.
  386. Th. J. Lacomblet, Archiv für die Geschichte des Niederrheins. 1831 Bd. I, S. 62.
  387. Th. J. Lacomblet, Urkundenbuch Bd. 3, No. 829, S. 726 und Bd. IV, No. 331, S. 412.
  388. P. Fredericq, Corpus document. Inquisit. Bd. I, No. 177, p. 172.
  389. Lechenich 1629 Januar 29: habs mit der gutlichen confession anders kein meinung gehabt, als dass dieselbe, wan sie gelten solten, per subsequentem torturam muste confirmirt werden, wie die zugezogene rechtsgelerten wissen werden.
  390. Malmedy-Stabloer Gegend. J. v. Görres a. a. O. S. 555 und 557.
  391. Cautio criminal. p. 452: torturam appellabat Omnipotentem.
  392. A. a. O. S. 317 ff.
  393. A. a. O. S. 319.
  394. Vgl. F. v. Spee, Caut. crimin. p. 113.
  395. Vgl. § 103 der Carolina, nach welchem die Beichtväter die „armen bekanter warheit zu leugnen nit weisen sollen.“
  396. Obschon die Feuerprobe am Niederrhein, wie oben bereits erwähnt, ungebräuchlich war, darf ihre Erwähnung an dieser Stelle des Zusammenhangs wegen nicht unterbleiben.
  397. Gregor von Tours. Miracul. lib. I, cap. 81. Hier citiert nach J. Grimm, Deutsche Rechtsaltertümer Göttingen 1881, S. 920.
  398. Hier citiert nach H. Brunner a. a. O. Bd. II, S. 439.
  399. Malleus malefic. l. c. p. 575.
  400. Interessanter Aufsatz über das Tauchen der Hände in geschmolzenes Metall, Gehen über glühendes Eisen etc. in Mercure du département de Röer 1812 tom. III. p. 149.
  401. A. a. O. S. 80 f.
  402. S. Riezler a. a. O. S. 81.
  403. J. v. Görres a. a. O. S. 547.
  404. Amt Linn bei Ürdingen, vgl. J. v. Görres a. a. O. S. 545. Weitaus interessanter ist der zweite Fall, dessen Akten im Düsseldorfer Staatsarchiv beruhen. (Acta betr. den letzten Hexenprozess zu Witten.) Da hatte der Angeklagte im Jahre 1647 sich dreimal auf das Wasser werfen lassen und gab zu, „oben auf dem Wasser“ geblieben zu sein.
  405. A. a. O. im Vorwort.
  406. Aus Chapeaville Gest. pontific. Leodiens. t. III übergegangen in J. v. Görres, Christliche Mystik Bd. IV, Abt. II, S. 551 ff.
  407. J. Hansen a. a. O. S. 167 sagt hierüber zutreffend: Der zur Epidemie anschwellende Hexenwahn des ausgehenden Mittelalters und im Zusammenhang damit die systematische Hexenverfolgung haben sich überhaupt von den Alpenländern aus über Oberdeutschland erst gegen Ende des 15. Jahrhundert nach dem nördlichen Deutschland hin ausgebreitet, und in diesem Ausbreitungsprozess hat der Hexenhammer ein wichtiges Verbindungsglied gebildet.
  408. Weyer und Spee sind unsterbliche Repräsentanten des direkten bzw. bedingten Widerspruchs (vgl. oben S. 210) gegen die Thorheit ihres Jahrhunderts. Während Weyer den Glauben an Schädigungen durch Hexen als eine Albernheit bezeichnet, sagt Spee (l. c. p. 2): Id omnino tenendum existimo, re vera in mundo aliquos maleficos esse. Spee sagt indes (l. c. p. 240) weiter: Ego id cum iuramento depono, me quidem nullam hactenus ad rogum duxisse, [227] de qua omnibus consideratis prudenter statuere potuerim, fuisse ream. So der Mann, welcher mehr als 200 „Hexen“ auf den Tod vorbereitet hatte. Eine Schuldige war ihm nicht vorgekommen.
  409. Vgl. oben S. 182.
  410. Geschichte der Stadt Köln. Düsseldorf 1880 Bd. V, S. 749 ff.
  411. Ausdrücklich geht aus verschiedenen Stellen der als Speculum confessorum bezeichneten Handschrift hervor, dass der Inhalt auf die Praxis in der Kölner Erzdiöcese sich bezieht. Über die Quellen sagt der Verfasser: Hunc libellum ex multis sancte ecclesie auctenticis et ex dictis doctorum approbatis collegi non sine labore.
  412. Die Hs. ist nicht foliiert. Das Folgende findet sich auf dem 15. Blatte; zwei Blätter vorher werden unter den dem Bischof vorbehaltenen Reservatfällen genannt: … omnis incantator, augur, aruspex … maleficus, demonum invocator.
  413. Hs: attende.
  414. Ist Hinweis auf den berühmten frühmittelalterlichen Canon Episcopi.
  415. „Unglückstage , den dies atri der Römer gleichwertig, in Kalendern oftmals nur durch ein D oder ein durchgestrichenes D bezeichnet“. (Grotefend, Zeitrechnung des Deutschen Mittelalters etc. I. S. 36.)
  416. Es folgt der Hinweis auf auf eine Stelle bei Thomas (v. Aquin).
  417. Monachus neben solitarius gebraucht zur Bezeichnung des Maulwurfs.
  418. Es folgt der Hinweis auf eine Stelle bei Thomas (v. Aquin).
  419. seir scherplich up zoverie hain versoichen laissen.
  420. seir scherplich mit worden angeraet.
  421. Jedenfalls sich Bürgschaft stellen und geloben lassen, auf Ersuchen sofort vor Gericht zu erscheinen. Bemerkenswert ist folgende Angabe über einen Vorfall beim ersten Verhör seitens des Richters: Ist Yrmgen an Ailff gesprongen ind sich an ien gehalden.
  422. Auch hier wieder die Wendung: „Sobald Adolf des Raths affliesse, do wart id arger“.
  423. Hs: durch drock ind angedainde pine mit plaegen zweier hilligen sweirlich besuchtiget ist.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: erkärte