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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

führenden Geständnisse. Hierauf fiel die Zahlung der Prozess- und Exekutionskosten, wo es eben anging, den Hinterbliebenen zur Last. Ein so wahnsinniges System zu vernichten, lag nicht in der Hand der Jülicher Herzöge. Deutlich geht indes aus zwei Erlassen des Pfalzgrafen und Herzogs Wolfgang Wilhelm aus dem Jahre 1631 hervor, dass dieser durchaus nicht gewillt war, den Hexenwahn zu fördern, vielmehr nach Kräften sich bemühte, den Verfolgungen ein Ziel zu setzen. In dem Erlass[1] vom 2. Mai 1631 spricht Wolfgang Wilhelm sich gegen die Kompetenz der Unterrichter in Sachen der Hexerei aus und behält die Entscheidung in diesem Punkte für die Zukunft der landesfürstlichen Obrigkeit vor. Und als wenige Wochen nachher die Stände von Jülich-Berg sich über die Verzögerung der Exekution bei Hexenverurteilungen beschwerten, antwortete der Pfalzgraf ausweichend, hier liege eine wichtige Sache vor, die in Erwägung gezogen werden müsste.[2] Aber erst drei Jahre später zeigte sich das Ergebnis dieser Erwägungen in einer nichts Neues bringenden Verfügung vom 21. Juni 1634,[3] welche die Wahrsager aus dem Lande wies und verbot, bei ihnen Hülfe gegen Krankheiten und Viehseuchen zu suchen. Den sehr vereinzelten Hexenprozessen am Niederrhein nach dem Ende des 30jährigen Krieges standen anscheinend die Hofkreise in Düsseldorf und Cleve fern. Zu Ende des 17. Jahrhunderts erschien ein rechtsgeschichtlich bemerkenswerter Erlass des Pfalzgrafen Johann Wilhelm vom 11. Juni 1695, welcher wesentliche Bestimmungen des Prozessverfahrens nach der peinlichen Gerichtsordnung Karls V. aufhob, dabei auch eine Milderung der Tortur eintreten liess.[4] Noch gründlicher wurde 25 Jahre später im Klevischen dem Hexenwahn jeder Boden unter den Füssen entzogen. Eine preussische Gesetzesbestimmung erklärte[WS 1] nämlich Zauberei für ein Wahngebilde[5] und bewirkte so, dass


  1. J. Diefenbach, der Hexenwahn 1886, S. 119; ohne Angabe des Druckorts. Nach der Abschrift im Düsseldorfer Staatsarchiv (Jülich-Bergische Gesetzgebung No. 16½) stützt sich der Erlass auf die Behauptung, dass das ius gladii nur dann das Recht auf die Vollstreckung der Todesstrafe durch Verbrennen gebe, wenn besondere Privilegien vorlägen. Dies wird in einem kurzen Memorial entwickelt.
  2. Vgl. Beilage No. 3.
  3. J. Scotti, … Jülich-Cleve-Berg, Teil I, S. 93.
  4. J. Scotti, … Jülich-Cleve-Berg, Teil I, S. 226.
  5. Im Landrecht von 1721; F. von Liszt, Deutsches Strafrecht. 1892, S. 61. Vgl. oben S. 144.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: erkärte
Empfohlene Zitierweise:
Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/66&oldid=- (Version vom 30.4.2018)