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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

krausen Bäumen wohnen, gewidmet. Von Teufelsbund, Luftfahrten und dergl. wird nichts gemeldet.

Ein Fehlschluss wäre es aber, aus dem Mangel kirchlicher und weltlicher Erlasse folgern zu wollen, dass der Glaube an Zauberwesen oder der Aberglaube am Niederrhein im 15. Jahrhundert fast erloschen gewesen seien. Ein Blick auf die damals bei uns zum Gebrauch für Klerus und Volk bestimmten kirchlichen Lehrbücher, die mehrfach den später üblich gewordenen Katechismen[1] ähneln, zeigt gar bald den wirklichen Sachverhalt. Des Dominikaners J. Nider viel verbreitetes grosses Werk über die zehn Gebote (expositio decalogi) bietet vollständiger noch als dessen Schrift de lepra morali eine umfangreiche, kulturgeschichtlich sehr beachtenswerte Zusammenstellung der inbetreff des Aberglaubens und der Zauberei von der Kirche bekämpften Anschauungen. Als den Katechismen ähnliche Handbücher, die im 15. Jahrhundert in Deutschland und besonders auch am Niederrhein gebräuchlich waren (fast alle sind schon vor 1500 auch in Köln verlegt worden) nennt P. Bahlmann[2] hauptsächlich: Gerson, opusculum tripartitum, Joh. Herolt, Discipulus de eruditione Christi fidelium, ferner das Fundamentum aeternae felicitatis, Dietrich Koeldes Christenspiegel und den Seelentrost. Besonders Gerson wendet sich gegen das Befragen von Wahrsagern bei Krankheiten und Bedrängnissen, sowie gegen das Tragen von Amuletten. Herolts discipulus ist ähnlich Niders Werk über die zehn Gebote fast als eine Encyklopädie der Bekämpfung des Aberglaubens und Zauberwesens zu bezeichnen. Das fundamentum verbietet bei der Erwähnung der fremden Sünden das Beherbergen und in Schutznehmen von Zauberern.[3] Während diese drei Schriften ihrer lateinisch gehaltenen Fassung wegen vorwiegend beim Klerus verbreitet gewesen sein mögen, gehörten der Christenspiegel und der Seelentrost damals bei uns zu den beliebtesten Volksbüchern.


  1. Vgl. P. Bahlmann, Deutschlands katholische Katechismen bis zum Ende des 16. Jahrhunderts 1894, S. 3 ff.
  2. Fast alle von P. Bahlmann genannten Katechismen sind mir zugänglich geworden. Einige der nachstehenden Citate entnehme ich aus Ch. Moufang, Katholische Katechismen des 16. Jahrhunderts. Mainz 1881.
  3. … hospitari maleficos et eos defendere. Dem Zusammenhang nach zu schliessen, bedeutet hier „maleficus“ Zauberer.
Empfohlene Zitierweise:
Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/39&oldid=- (Version vom 1.8.2018)