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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

Bergheimer Vogts von Zauberei nicht gesprochen, so bleibt doch die Annahme eines andern Verbrechens ungefähr ausgeschlossen.[1] Deutlicher gehalten und von grösserer Wichtigkeit ist eine ebenfalls im Düsseldorfer Staatsarchiv vorhandene Urkunde vom 21. Oktober 1499.[2] Da sendet der Amtmann von Rheinberg dem Richter von Angermund das Bekenntnis einer dem Scheiterhaufen verfallenen Zauberin. Giertken Blanckers bekennt hierin, des Zauberns seit 20 Jahren kundig zu sein und so lange mit dem Teufel gebuhlt zu haben. Sie hatte vier Hexensabbathen (Kapiteln) beigewohnt, bei denen einige namhaft gemachte Personen sich beteiligten. Hier wiederum die jedenfalls durch die Folter erzwungene Angabe von Mitschuldigen und das Hervortreten des Glaubens an Luftfahrten!

Der Wende des 15. Jahrhunderts gehören einige Aktenstücke an,[3] die zur Geschichte des Hexenwahns in Düsseldorfs nächster Nähe manchen willkommenen Aufschluss bieten. Kurz ergiebt sich aus ihnen folgendes: Der Landwirt Adolf Schlingerstock in Angermund erlitt durch das Kranksein seiner Pferde und den kargen Milchertrag seiner Kühe eine empfindliche Einbusse. Zwei um Rat befragte Geistliche gaben Mittel (jedenfalls Arzneimittel) an, die wenig fruchteten. Schlingerstock hielt nunmehr sein Vieh für bezaubert. Hierin bestärkte ihn der Meister Konrad Steinbrecher in Alpen, der, wohl durch Molkenzauberformeln,[4] ermittelt haben wollte, dass Irmgen Neckels die Zauberin sei. Schlingerstock klagte vor Gericht, musste aber nebst der Angeklagten Irmgen auf Wochen hinaus ins Gefängnis wandern, bis es ihm gelang, Bürgen zu stellen. Meister Steinbrecher gab jetzt der Irmgen einen narkotischen Trank, um während des Deliriums ein Bekenntnis der Schuld zu erhalten. Dies misslang, und ebensowenig fruchtete die Anwendung der Folter. Der Ausgang der Sache geht aus den Akten nicht hervor; wahrscheinlich endigte das Ganze mit einer Freisprechung. Rechtsgeschichtlich bemerkenswert ist die Thatsache, dass man den Kläger und die Beklagte


  1. Dies ergiebt sich aus den Nebenumständen und daraus, dass an andere mit dem Feuertode bestrafte Verbrechen (vergl. J. Grimm, Deutsche Rechtsalterthümer. Göttingen 1881, S. 699) bei einer weiblichen Person kaum zu denken ist.
  2. Vgl. die Beilage No. VI.
  3. Vgl. die Beilage No. VII.
  4. Solche Beschwörungsformeln liefen darauf hinaus, die Molkenzauberin zum Erscheinen als Schattenbild zu zwingen. Vgl. Zeitschrift für Kulturgeschichte von G. Steinhausen. 1898, S. 305 ff.
Empfohlene Zitierweise:
Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 211. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/78&oldid=- (Version vom 1.8.2018)