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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

VIII. selbst daran geglaubt hat.“[1] Aber damit wird an der Thatsache nichts geändert, dass der Papst im Text doch nur das anführen konnte, was er für möglich und für nicht mit den kirchlichen Lehren in Widerspruch stehend erachtete.[2] Wenn Innocenz VIII. den Berichten über durch Zauberei unter teuflischer Mitwirkung angerichteten Schaden im allgemeinen Glauben entgegenbrachte, so darf dies nicht auffallen. Die Möglichkeit solcher Schädigungen leugnet ja die katholische Kirche auch heutzutage nicht. Wenn aber der Papst in der Bulle Summis desiderantes nicht in lehrender, sondern gleichsam in erzählender Art in der Ausführung von trüben Einzelheiten sich ergeht, zu denen die kirchliche Lehre niemals bestimmte Stellung genommen hat, die also in gewissem Sinne nebensächlich sind, so musste dies zu Ungunsten der der Zauberei Verdächtigen schwer ins Gewicht fallen. Schon die Ehrfurcht vor dem Oberhaupt der Christenheit und dem apostolischen Hirtenamt liess einen Widerspruch oder Erörterungen über den Unterschied zwischen kirchlicher Lehre und persönlicher Auffassung des Papstes nicht recht aufkommen. Ferner förderte, wie Janssen-Pastor bemerkt,[3] die Bulle die Hexenverfolgung insofern, als sie die Inquisitoren zu ernstem Vorgehen ermunterte. Die interessante Frage, ob das Erscheinen des Hexenhammers möglich oder wahrscheinlich gewesen, wenn die Bulle Innocenz‘ VIII. nie erschienen wäre, entzieht sich, solange nicht eingehendere Studien über den Malleus vorliegen, der Erörterung. Jedenfalls schoss der Hexenhammer weit über das Ziel hinaus und trifft ihn die Hauptverantwortlichkeit. In schändlicher Weise missbrauchten seine Verfasser einen päpstlichen Erlass, indem sie dessen nebensächliche Einzelheiten beim Aufbau eines Fabelwerks verwerteten, wie die Weltgeschichte ein zweites nicht kennt. Sie trugen so die Gespensterfurcht in die weitesten Kreise und machten dem Henker zur Verfolgung sog. Hexen freie Bahn. Einem Gewitter gleich kam der Malleus auch am Niederrhein über die vielerorts zauberschwüle Luft; nur war es leider nicht ein Gewitter voll wohlthuender Kraft.


  1. So wörtlich Janssen-Pastor a. a. O., Bd. VIII, S. 507.
  2. Er hätte z. B. nicht versichern können, dass nach ihm zugegangenen Berichten in der Diözese Köln der Erlöser der Welt geboren oder gestorben sei, oder dass am Rhein die Zauberer allmächtig seien.
  3. A. a. O., Bd. VIII, S. 508.
Empfohlene Zitierweise:
Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 180. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/47&oldid=- (Version vom 14.12.2022)