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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

narkotisches Mittel ihre Sinne umnachtet. Andere Erklärungsgründe, z. B. Verstellung infolge gemeinsamer Verabredung vor der Folterung, oder gleichmässige Wirkung der Tortur, haben nur wenig Wahrscheinlichkeit für sich. Für den Niederrhein bietet die obige Urkunde vom 9. Oktober 1499 vielleicht das einzige Beispiel, wobei die Darreichung eines narkotischen Tranks an der Zauberei Verdächtigte erwähnt wird. Dies braucht nicht aufzufallen. Nicht immer mag der Henker der Bereitung kundig gewesen sein, oft auch mögen die Richter die Anwendung eines so tückischen und obendrein ganz unsichern Mittels wenn nicht verboten, so doch mindestens verschwiegen haben.

Für die ersten vier Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts sind Hexen-Verfolgungen oder -Prozesse für folgende Gegenden bezw. Ortschaften am Niederrhein nachweisbar:[1] Aachen, Ahrweiler, Bergheim-Erft, Brauweiler, Düren, Elten, Emmerich, Grevenbroich, Heinsberg, Jülich, Köln, Linnich, Nideggen, Ratingen und Xanten. In den Reichsstädten Aachen und Köln kamen, soweit es sich übersehen lässt, die Angeklagten mit leichteren Strafen davon, während anderorts meist auf die Strafe des Feuertodes erkannt wurde. Hier ein bezeichnendes Beispiel einer Hexenverurteilung aus der im Düsseldorfer Staatsarchiv befindlichen Kellnereirechnung des Amtes Grevenbroich vom Jahre 1502/03. Geyrt auf dem Berge war von ihren Nachbarn als Zauberin verschrieen worden. Man schaffte sie nach Grevenbroich, wo sie länger als vierzehn Wochen im Gefängnis sass und schliesslich dort starb. Die Nachbaren waren bei ihrer Behauptung geblieben, auch hatte Geyrt selbst einiges ihr zur Last Gelegte zugegeben, so namentlich, sich dem Teufel ergeben, sowie ein Pferd und ein Schwein zu Grunde gerichtet (gedort) zu haben. Aus der Kostenaufstellung ergiebt sich der Lauf des gegen sie und zwei andere, wohl auch wegen Zauberei eingekerkerte Frauen geführten Prozesses. Zweimal musste ein Bote den viel beschäftigten Scharfrichter Meister Michel in Jülich bestellen. Als dieser mit seinem Knechte endlich in Grevenbroich erschien, folterte er die Frauen achtmal, scheint aber erst zum Ziele gekommen zu sein, als er nach kurzer Unterbrechung die Folterung wiederholte. Das Bekenntnis


  1. Nähere Nachweise über die Quellen und Daten der Verfolgungen in diesen und den für die späteren Perioden in Betracht kommenden Ortschaften in der angeschlossenen Übersicht.
Empfohlene Zitierweise:
Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 213. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/80&oldid=- (Version vom 1.8.2018)