genugsam belohnt und schickte mich an, den Sieg des Königs zu singen. Wobersnov schrieb gleich nach dem Treffen an den Prediger und ermahnte ihn, mir Nachricht davon zu geben. Ich machte 2 Gesänge wegen dieses Sieges. Sie wissen die noch folgenden Begebenheiten und das Gedränge der allgemeinen Rache vor dem Siege bei Roßbach. Dieser Sieg allein blieb ungesungen von mir, denn eben, als ich mit meiner Hand die Leier ergriff, kam das zerstreute beverische Corps durch Glogau. Die Noth trieb mich zu einer Reise zu meinen polnischen Freunden; ich feierte bei ihnen meinen Geburtstag voll Hoffnung besserer Zeiten, und sie waren schon da; ich kam zurück und mit mir die wichtige Nachricht des Sieges bei Leuthen. Diesen Augenblick gebot ich meiner Muse zu singen, denn es waren nur 24 Stunden bis zum Dankfest. Ich schickte die erste Strophe des Gesangs zum Setzer; ehe der fertig ward, brachte man die zweite, und so fuhr ich fort bis zum Schluß des Lieds; es ward gedruckt und man vertheilte es unter die jubelnde Menge der Rechtlichgesinnten. Alle sagten, ich müßte den Gesang gezaubert haben, Alle wollten mich sehen. O, diese Bewunderung brachte mir Nutzen, aber sie brachte mir zugleich größern Zorn Desjenigen, der als Herr über mich herrschen wollte, von meinen Händen Brot nahm und mit der Vorsehung zankte, daß sie dieses Brot nicht in seine Hand fallen ließ. Ich verschweige die Raserei, zu welcher ein niederträchtiger Stolz den Menschen bringen kann; im zweiten Theil der „Moralischen Briefe“ findet man ein Beispiel dieser Art. Ich glaube Alles gesagt zu haben, sowie mein Herz Alles zu vergeben wußte und auf die Gelübde eines bessern Vorsatzes stolz ward. Meine durch Schrecken und Verdruß hinfällig gewordene Gesundheit zwang mich zu einer Reise in das berühmte Bad bei Hirschberg. Verwundern Sie sich nicht, daß ich eine so kostbare Unternehmung wagte ohne reich zu sein; mir ward schon der Tisch eines unbekannten Freundes gedeckt, und schon war mein Zimmer bereit, als ich ankam. Der Pastor zu Warmbrunn war es, dem ich die Möglichkeit dieser Reise verdankte; sie machte mich in einigen hirschbergischen Häusern bekannt. Ich erhielt ein Paar liebenswürdige Schwestern zu Freundinnen, und was mir unschätzbar ist, ich erlangte die Ehre eines Briefwechsels mit Generallieutenant v. Seidlitz; ohne mich gesehen zu haben, ward er mein Freund; mein gutes Glück hat ihn mir zu erhalten gewußt, er ist es noch; ich lebte 2 Monate wie im Elysium. Die stürmenden Briefe meines Mannes und das Verlangen nach meinen Kindern trieben mich zurück. Ich genoß 4 Wochen einer häuslichen Ruhe, gleich einer drohenden Meeresstille, die von lauernden Orkanen unterbrochen wird. Meine 2 jüngsten Töchter wurden vom Arme des Todes dahingerissen, gleich Zwillingsrosen, die, an Einem Stengel aufgewachsen, von Einem tödtenden Wurme zernagt, sterben müssen, ehe sie noch Dem Freude zuduften konnten, der die Ursach ihres Daseins war. Ich erkühnte mich, den Himmel zu fragen, warum er dicht aneinander meine Kinder zu sich nahm? Ich Unwissende sollte ihm Dank sagen, aber mir entfuhren Wünsche, nachzusterben; mein Zustand ward von dieser Zeit an unerträglich, 4 Monate, mit allen Martern einer unglücklichen Ehe durchwebt, empfand ich nur noch mein Dasein in dem Schmerz und in der Furcht, die mich zittern machte. Der 21. Jan. des Jahres 1760 war bestimmt, diese tragische Rolle zu verändern; man holte mitten unter meinen Klagen Den, der sie mir auspreßte, zu den Fahnen des Krieges. Eine andere als diese Stunde würde mich
Anna Louisa Karsch: Leben der A. L. Karschin, geb. Dürbach. F. A. Brockhaus, Leipzig 1831, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitgnossen_3_3_Karsch.djvu/024&oldid=- (Version vom 1.8.2018)