Seite:Zeitschrift fuer deutsche Mythologie und Sittenkunde - Band III Seite 077.png

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und ortsnamen wie Holstenau, Holsteniendorf, Holstengraben zum mindesten beweisen, daß man hier ein besonderes gewicht auf die stammeigenthümlichkeit legte. schon in heidnischen zeiten mag streit und fehde zwischen Holsten und Ditmarschen gewaltet haben. letztere sind weder Friesen noch Sachsen, sondern beiden Völkern ebenso nah verwandt, als durch kräftig ausgebildete nationalität von ihnen geschieden[1]. Jacob Grimm sucht in ihnen die Teutonen, in den Holsten die Charuden (Vithonen) in den Stormarn die Kimbern der ältesten berichte über Deutschlands völker[2]. kam es zwischen jenen kriegerischen stämmen zu sreitigkeiten, so mußte der natur des landes gemäß vorzugsweise dieselbe landschaft schauplatz sein, welche im späteren mittelalter zum ausgangspunkt der Holsteinischen kriegszüge diente. denn im norden und süden war Ditmarschen durch unausgetrocknete sümpfe noch mehr als nachmals gesichert. die erdbücher des gutes Hanerau ergeben nun eine so bedeutende fülle von ortsnamen, die auf die heidnischen gottheiten des krieges und todes zurück zu leiten scheinen, daß an dem dasein fortgesetzter kämpfe in jener landschaft vor Karl dem großen kaum gezweifelt werden kann.

     Schon mit der Eider, welche die nordgrenze des landes, wie des gutes bildet, schließt sich die reihe mythischer begriffe auf. ihr altn. name Oegisdŷr, ihr deutscher Egidora, Aegidora, Egdora bei Fränkischen chronisten führt auf den meergott altn. Oegir abd. Aki, Uoki zurück und bedeutet die thüre durch welche man zum palast oder reich desselben gelangt. ein anderer name dieser gottheit war Fisel und daher ist der strom Fiseldor (bei Ditmer von Merseburg entstellt Wieglesdor) genannt. Fiselcynnes eard sagt Bêov. 208 das land der meergeister aus, zu dem die Eider den zugang öffnet[3]. freilich gehört der name Oegiadŷr vorzugsweise der mündung an und würde daher


  1. Waitz Schleswigholst. gesch. I, 10
  2. G. d. S. spr. 683 fgg.
  3. Myth. 219
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Mannhardt (Hrsg.): Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde, Band III. Dieterische Buchhandlung, Göttingen 1855, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_fuer_deutsche_Mythologie_und_Sittenkunde_-_Band_III_Seite_077.png&oldid=- (Version vom 23.12.2022)