würde! wie ermuntert er durch das Vorbild der Helden, selbst neuer Secten in ihrem ersten Eifer, z. B. der Waldenser, und Wiedertäufer! Nur alles, wie er meint, hat seine Zeit und Stunde; die müße man befördern helfen, sie vorbereitend herbeiführen; nicht aber sie übereilen.
Und hierinn bin ich ganz seines Glaubens. Wenn ein Kind den eingesponnenen Wurm zu früh aus seinem Grabe erwecken will, ehe diesen die Frühlingssonne selbst ruft, so schadet es ihm, und macht sein Wiederaufleben schwer, oder unmöglich. So liegen, so reifen wir im Schooße der Zeiten. Nicht mit Monaten, sondern mit Jahrhunderten wird die edelste Frucht der Erde, der menschliche Verstand in seinen allgemeinsten, größesten Wirkung reif; dann aber, nach der großen Analogie der Dinge, dränget er sich ans Licht; nichts auf der Welt, die Mutter selbst, kann ihn nicht zurückhalten.
Fast hinter jedem Gespräch Andreä’s fiel mir eine Reihe Gedanken ein, die ein Commentar
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter (Fünfte Sammlung). Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1793, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_V.djvu/109&oldid=- (Version vom 1.8.2018)