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Die Fabeln.


A. Oft pflege ich mit den Geschichtschreibern zu zürnen, daß sie die fabelhaftsten Dinge wie wahre erzählen, gleich als ob die Nachwelt gar kein Urtheil haben würde.

B. So groß manchmal ihre Schuld seyn mag, so glaube ich doch, daß wir vieles für Fabel halten, das ehedem die strengste Wahrheit war. Denn wer nur etwas genau erwägt, wie dunkel manche Zeiten, wie Sittenlos und grausam andere waren, und solche sodann mit glücklichern Jahrhunderten vergleicht, der kann beinahe nicht gnug erstaunen.

A. Wer indessen wird glauben, daß die Vernunft des ganzen menschlichen Geschlechts irgend je so ganz und gar auf Abwege habe gerathen können, daß die Wahrheit nirgend zu finden gewesen wäre, daß allenthalben die ungereimtesten Meinungen ihren Platz einnahmen und man sich

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter (Fünfte Sammlung). Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1793, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_V.djvu/165&oldid=- (Version vom 1.8.2018)