Unter dem zahlreichen Geschlechte der Fugger, das sich
durch Thätigkeit, Betriebsamkeit, Gelehrsamkeit und ungeheuern
Reichthum aus geringen Anfängen bis zur
Grafen- und Reichsfürstenwürde emporschwang, sodaß
es vielfach mit den Mediceern verglichen ward, war
Jacob d. j. einer der bedeutendsten. Der Stammvater,
von welchem das berühmte Geschlecht seinen Ursprung
ableitete, hieß Hans und war ein Weber aus Graben,
einem Dorfe im Lechfelde; dessen Sohn gleichen Vornamens,
ebenfalls Leinweber, zog nach Augsburg, trieb
Linnenhandel mit glücklichem Erfolg und erwarb ein
für seine Zeit ansehnliches Vermögen. Er hinterließ
zwei Söhne, deren zweiter Jacob hieß und seinem Geschäft
einen außerordentlichen Aufschwung zu geben verstand.
Die Erben seines Namens und seines Reichthums,
Georg, Ulrich und Jacob der jüngere, zählten
nun schon zu den reichsten Kaufleuten und bildeten
vereint eine Geldmacht, der kaum ein anderes deutsches
Handelshaus gleichkam; sie wetteiferten mit dem uralten
berühmten Patriziergeschlechte der Welser zu
Augsburg und führten wohl auch in Gemeinschaft mit
demselben bedeutende Unternehmungen aus. Jacob
Fugger d. j. verlor noch als Knabe seinen Vater, ging
als Weberbursche auf die Wanderschaft, machte später
viele Handelsreisen und wurde ein Mann von großer
Einsicht, von außerordentlicher Geschäftskenntniß und
von ausgezeichneter Redlichkeit und Biederkeit des Charakters,
sodaß er sich allseits ein unbegrenztes Vertrauen
erwarb. Während sich auf dreißig Stühlen in
Augsburg die muntern Weberschifflein regten, wehten
von zahlreichen Handelsschiffen auf den Meeren die
Flaggen des Hauses Fugger, arbeiteten in den Schachten
der Gebirge Ungarns und Tyrols Hunderte von Knappen
für die Augsburger Leinweber. Kaiser Maximilian I.
hielt Jacob Fugger in hohen Ehren, hatte aber auch
alle Ursache dazu, denn das Haus Fugger half stets
in den immer wiederkehrenden Geldbedrängnissen des
Reichsoberhauptes. In Innsbruck und in Kremnitz hatte
Jacob Fugger seine Münzstätten, auf denen er Reichsgeld
aus dem in seinen Bergwerken gewonnenen Gold
und Silber prägen ließ.
Das Haus Fugger schoß dem Kaiser Maximilian I.
Ludwig Bechstein: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen. Georg Wigand's Verlag, Leipzig 1854, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zweihundert_deutsche_M%C3%A4nner_in_Bildnissen_und_Lebensbeschreibungen.pdf/123&oldid=- (Version vom 14.9.2022)