Ein Dichter von großer Fruchtbarkeit, Begabung und
Liebenswürdigkeit des Charakters, dem es gelang, sich
fast allbeliebt zu machen. Hagedorn entstammte einer
alten Adelsfamilie Dänemarks; sein Vater, Hans Stats
v. Hagedorn, war königlich dänischer Staats- und
Konferenz-Rath und hatte als dänischer Resident für
den niedersächsischen Kreis seinen Wohnort zu Hamburg
aufgeschlagen. Dort wurde ihm der Sohn Friedrich
geboren, der eine ausgezeichnete Erziehung empfing und
diese durch seine Fähigkeiten wie durch seinen Fleiß verdiente.
Leider kam der Vater in seinen Vermögensumständen
durch allerlei Unglücksfälle zurück und starb,
als Friedrich erst 14 Jahre zählte. Die Mutter ließ
den Sohn nebst dessen jüngerem Bruder Christian
Ludwig das Gymnasium zu Hamburg besuchen, von
wo aus Friedrich nach Jena ging, um sich dort dem
Rechtsstudium zu widmen. Im Jahre 1729 hatte
Hagedorn ausstudirt, ging nach der Heimath zurück
und fand bald eine günstige Stellung als Privatsecretair
beim dänischen Gesandten in London, Freiherrn
von Söhlenthal. Er eignete sich mit Leichtigkeit die
Kenntniß des englischen an, wie er auch schon in französischer
und italienischer Sprache selbst kleine Dichtungen
versucht hatte, und hoffte einem Posten in
Dänemark entgegen, der sich ihm aber nicht aufthat.
Aus Geldverlegenheiten, in welche die beschränkte Lage
seiner Mutter und die eigene ihn brächte, befreite ihn
endlich eine Anstellung in Hamburg, im englischen
Hause, einer Handelsgesellschaft, die ihre Arbeiter nicht
so kärglich lohnte, als manche deutsche Staatsregierung
die ihrigen.
Hagedorn verheirathete sich und lebte nun, da ihm sein Geschäft gute Muße vergönnte, dem Genuß des Lesens, Dichtens und der Freundschaft, durch welche Genüsse sein Leben im Bunde mit einer zwar nicht schönen, aber seelenguten Frau völlig beglückt wurde. Hagedorn war einer der wenigen glücklichen Dichter, denen die Gabe geworden, glücklich zu sein und andere glücklich zu machen, Heiterkeit und Frohsinn um sich her zu verbreiten, das sauersehen der geborenen Grämlinge nicht zu achten; es war eine hellenisch-anakreontische Natur, und neben dem, daß er lebenslustig, munter,
Ludwig Bechstein: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen. Georg Wigand's Verlag, Leipzig 1854, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zweihundert_deutsche_M%C3%A4nner_in_Bildnissen_und_Lebensbeschreibungen.pdf/157&oldid=- (Version vom 14.9.2022)