Unter den ruhmreichen Fürsten des Brandenburgischen
Hauses aus dem Zollernstamme nimmt Joachim II. eine
der bedeutendsten Stellen ein, denn er wurde der Reformator
seines Landes und zeichnete sich aus durch eine
milde, friedenliebende und versöhnliche Gesinnung, wie
durch vortreffliche Eigenschaften seines Charakters. Er
wurde seinem Vater Joachim I., Nestor genannt wegen
dessen Weisheit und wissenschaftlicher Kenntniß, als
erster Prinz geboren. Der Vater war ein ganz entschiedener
Gegner der Reformation und gab in dieser
Gesinnung dem Sohne kein gutes Beispiel. So gelehrt
er war, so streng und unduldsam war derselbe; nach
einer Seite hin suchte er Wissenschaft und Kenntniß zu
verbreiten, nach anderer hin strebte er dem Lichte der
Aufklärung entgegen. Er begründete 1506 die Universität
Frankfurt a. d. O. und vertrieb 1510 die
Juden. Seine Gemahlin, Kurfürstin Elisabeth, geborene
Prinzessin von Dänemark, welche sich der neuen
evangelischen Lehre zugeneigt und das Abendmahl unter
beiderlei Gestalt empfangen hatte, ließ er auf ihrem
Zimmer bewachen und dachte ihr die Strafe der Einmauerung
zu; sie entkam mit Mühe durch die Flucht.
Der Kurprinz hing der Mutter und deren Lehren an,
neigte sich ebenfalls dem Lutherthume zu (er hatte
Luther einmal selbst in Wittenberg predigen hören),
obschon er von dem strengen Vater und von dem berühmten
Oheim, dem Kurfürsten und Erzbischof Albrecht
zu Mainz, viel darüber zu leiden hatte. Er
erwarb sich durch seine Tapferkeit den Beinamen
Hector, vermählte sich 1524 mit Magdalena, der
Tochter Herzog Georg des Bärtigen zu Sachsen, der
ebenfalls durchaus antievangelisch gesinnt war, und als
Joachim II. diese Gemahlin 1534 durch den Tod verlor,
schritt er zu einer zweiten Vermählung mit Hedwig,
der Tochter König Sigismund I. von Polen. Auch
der neue Schwiegervater sah keineswegs die reformatorische
Neigung seines fürstlichen Eidams gern, vermochte
aber auch nicht, diese zu hindern oder ihr
Schranken zu setzen; denn ehe noch Joachim’s II. Vermählung
am 1. Sept. 1535 zu Krakau erfolgte, war
am 11. Juli desselben Jahres der alte Kurfürst gestorben
und Siegmund’s Schwiegersohn Regent der
Ludwig Bechstein: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen. Georg Wigand's Verlag, Leipzig 1854, Seite 193. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zweihundert_deutsche_M%C3%A4nner_in_Bildnissen_und_Lebensbeschreibungen.pdf/193&oldid=- (Version vom 15.9.2022)