Luthers gefeiertster Freund, sein Jonathan, die milde
Leuchte neben dem strahlenden Sterne! Der Mann
des Friedens, hervorgegangen aus einem Hause blinkender
Gewaffen und lärmenden Rüstzeugs. Der Vater
war Waffenschmied und Rüstmeister des Grafen von
der Pfalz, Herzogs in Bayern, und der Sohn erblickte
das Licht der Welt im Städtlein Bretten in der
Unterpfalz. Der Großvater nahm sich der ersten Erziehung
des Knaben an, und Reuchlin, sein mütterlicher
Oheim, leitete dessen ferneren Unterricht auf der
Schule zu Pforzheim, ließ ihn den deutschen Vaternamen
Schwarzerd in den griechischen Melanchton umwandeln
und fürder tragen, und sandte ihn dann zu
weiteren Studien nach Heidelberg. Frühe Reife des
Geistes zeichnete den jungen Studenten aus; mit vierzehn
Jahren erlangte er schon das Baccalaureat der
Philosophie und wurde Hofmeister zweier Grafen von
Löwenstein. Er wollte auch Magister werden, aber
das gaben die alten Professoren nicht zu; er war ihnen
denn doch noch zu jung. Melanchton ging darauf
nach Tübingen und wurde dort Magister, hielt Vorlesungen
und verfaßte eine griechische Grammatik von
bleibendem Werth, unterstützte Reuchlin bei dessen Arbeiten
und leitete eine Druckerei. So voll Thätigkeit
und Eifer wirkend und dabei keinen Tag das eigene
Weiterstudieren aus den Augen lassend, traf ihn 1518
ein von Reuchlin veranlaßter Ruf des Kurfürsten Friedrich
des Weisen zu Sachsen an dessen Hochschule Wittenberg,
als Professor der griechischen Sprache und
Literatur, dem er willig folgte. Von da an knüpfte
sich das unzertrennliche, stets heilig gehaltene Freundschaftsband
mit Luther, der Melanchton nach seinem
ganzen vollen Werth zu würdigen verstand. Gründliches
Wissen, ernstes Forschen, Sanftmuth und Milde
bei edler Charakterfestigkeit, machten Melanchton zur
Stütze des großen Werkes der Reformation, ja zur
Stütze der Hochschule, wenn Luther abwesend war. Siegreich
kämpfte er mit Luther vereint gegen Dr. Eck und
Carlstadt in der berühmten Leipziger Disputation, wurde
durch die Aufstellung seiner „theologischen Lehrsätze“
der Begründer der protestantischen Dogmatik, richtete,
von einer Reise in die Heimath rückkehrend, die neue
Ludwig Bechstein: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen. Georg Wigand's Verlag, Leipzig 1854, Seite 253. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zweihundert_deutsche_M%C3%A4nner_in_Bildnissen_und_Lebensbeschreibungen.pdf/253&oldid=- (Version vom 15.9.2022)