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Philipp Melanchthon.
Geb. d. 16. Febr. 1497, gest. d. 19. April 1560.


Luthers gefeiertster Freund, sein Jonathan, die milde Leuchte neben dem strahlenden Sterne! Der Mann des Friedens, hervorgegangen aus einem Hause blinkender Gewaffen und lärmenden Rüstzeugs. Der Vater war Waffenschmied und Rüstmeister des Grafen von der Pfalz, Herzogs in Bayern, und der Sohn erblickte das Licht der Welt im Städtlein Bretten in der Unterpfalz. Der Großvater nahm sich der ersten Erziehung des Knaben an, und Reuchlin, sein mütterlicher Oheim, leitete dessen ferneren Unterricht auf der Schule zu Pforzheim, ließ ihn den deutschen Vaternamen Schwarzerd in den griechischen Melanchton umwandeln und fürder tragen, und sandte ihn dann zu weiteren Studien nach Heidelberg. Frühe Reife des Geistes zeichnete den jungen Studenten aus; mit vierzehn Jahren erlangte er schon das Baccalaureat der Philosophie und wurde Hofmeister zweier Grafen von Löwenstein. Er wollte auch Magister werden, aber das gaben die alten Professoren nicht zu; er war ihnen denn doch noch zu jung. Melanchton ging darauf nach Tübingen und wurde dort Magister, hielt Vorlesungen und verfaßte eine griechische Grammatik von bleibendem Werth, unterstützte Reuchlin bei dessen Arbeiten und leitete eine Druckerei. So voll Thätigkeit und Eifer wirkend und dabei keinen Tag das eigene Weiterstudieren aus den Augen lassend, traf ihn 1518 ein von Reuchlin veranlaßter Ruf des Kurfürsten Friedrich des Weisen zu Sachsen an dessen Hochschule Wittenberg, als Professor der griechischen Sprache und Literatur, dem er willig folgte. Von da an knüpfte sich das unzertrennliche, stets heilig gehaltene Freundschaftsband mit Luther, der Melanchton nach seinem ganzen vollen Werth zu würdigen verstand. Gründliches Wissen, ernstes Forschen, Sanftmuth und Milde bei edler Charakterfestigkeit, machten Melanchton zur Stütze des großen Werkes der Reformation, ja zur Stütze der Hochschule, wenn Luther abwesend war. Siegreich kämpfte er mit Luther vereint gegen Dr. Eck und Carlstadt in der berühmten Leipziger Disputation, wurde durch die Aufstellung seiner „theologischen Lehrsätze“ der Begründer der protestantischen Dogmatik, richtete, von einer Reise in die Heimath rückkehrend, die neue