Möser’s Name hat noch so hellen Klang im Vaterlande,
daß es nur der Nennung desselben bedarf, um
das Bild eines gefeierten deutschen Gelehrten, Staatsmannes
und Patrioten frisch zu beleben. Er wurde zu
Osnabrück geboren, wo sein Vater das Doppelamt
eines Consistorialpräsidenten und Kanzleidirektors bekleidete.
Als Knabe war Justus sehr aufgeweckt und
munter, und tummelte sich mit Altersgenossen fleißig
in Feld und Garten. Ueber sein Knabenleben hat er
selbst berichtet. Aus Furcht vor Strafe entwich er in
seinem 14. Jahre seinen Aeltern und lief nach Münster;
hungernd und fast bettelnd ging er zurück, und die
Strafe wurde ihm erlassen, man war froh, ihn wieder
zu haben. Sein Lebenslauf war auch nicht, wie er sich
selbst ausdrückt, von gelehrten Streichen leer. »Der
nachherige Senior Bertling in Danzig, der Helmstädt’sche
Professor Lodtmann und ich, wir haben im
12. Jahre unsers Alters eine gelehrte Gesellschaft errichtet«.
Die kleinen Gelehrten erfanden sich eine eigene
Sprache, in der sie Ausarbeitungen niederschreiben
wollten, und fertigten sich eine Grammatik und ein
Wörterbuch derselben an. Einer ihrer Lehrer prügelte
den Knaben ihre neusprachliche Bestrebung aus dem
Sinne. Möser’s Phantasie war äußerst lebhaft und
sehr nervös gereizt. Er pflegte sich gern selbst zu beobachten.
Er lernte rasch, wenn auch nicht allzu fleißig,
und besuchte die Hochschule zu Jena 1740 und 1741,
wo er die Rechtswissenschaft studirte und darauf 1742
dieses für seinen Geist und für seine Begabung gleich
anziehende Studium zu Göttingen fortsetzte. Nach der
Rückkehr in die Vaterstadt trat Möser in derselben
zuerst als Anwalt auf und fand Anlaß, in wichtigen
Angelegenheiten Sachwalter der Stadt Osnabrück selbst
zu werden, die ihn 1747 zum advocatus patriae
wählte, worauf nicht lange darauf auch die Landritterschaft
ihn zu ihrem ständischen Secretair und Landstand
auserkor. Möser entsprach nach jeder Richtung seiner
Aemter und Geschäftszweige hin dem ihm zu Theil
gewordenen Vertrauen, und machte sich mitten in seinen
Amtsgeschäften auch durch zahlreiche geschichtliche, publicistische,
juristische und volkstümliche Schriften den
geachetsten Namen, ohne daß ihm daran gelegen war,
Ludwig Bechstein: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen. Georg Wigand's Verlag, Leipzig 1854, Seite 265. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zweihundert_deutsche_M%C3%A4nner_in_Bildnissen_und_Lebensbeschreibungen.pdf/265&oldid=- (Version vom 15.9.2022)