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Johann Carl August Musäus.
Geb. 1735, gest. d. 28. Oct. 1787.


Musäus war eine gemüthliche Dichternatur, voll Humor und Laune, voll Witz und Liebenswürdigkeit, selbst Satiriker – aber ohne zu verwunden, und wurde der Liebling vieler, obschon er nur als bescheidener Stern neben den Sternen erster Größe an Weimars Poetenhimmel glänzte.

Musäus wurde in Jena geboren, wo sein Vater Landrichter war, jedoch später als Rath und Amtmann nach Eisenach versetzt wurde. Den Sohn nahm ein Verwandter, Superintendent Weißenborn in Allstädt, zu sich, und das Geschick fügte es, daß auch letzterer als Generalsuperintendent nach Eisenach berufen wurde, wo nun der Knabe vom 9. bis zum 19. Jahre blieb und eine gute Erziehung empfing. Dann ging der Jüngling nach Jena, studirte Theologie, erwarb deren Magistergrad und wurde Mitglied der deutschen Gesellschaft, worauf er, als etwas (in jener Zeit) bedeutendes, großen Werth legte, denn auf Stammbuchblättern, die er in jener Lebensperiode mit einer schrecklich verschnörkelten steifen Kanzleihand mehr malte, als schrieb, unterließ er nie, zu bemerken: D. G. G. M. und der teutschen Gesellschaft das. ordentl. Mitglied.

Nach vollendeten Universitätsstudien wurde nun Musäus wohlbetrauter Candidatus rev. Ministerii, nach dem Wortlaut des Zopfstyls, predigte auf Dörfern mit Beifall und wäre beinahe Pfarrer geworden, wenn er nicht einmal vom Weltgelüst sich hätte verleiten lassen, in Fischbach oder einem andern Dorfe – zu tanzen. Solchen Pfarrer wollten die Bauern, zu deren Seelsorger Musäus bestimmt war, nicht, und es war auch, kein Amtmann der Gellert’schen Fabel da, der sie mit einleuchtenden Worten eines besseren hätte belehren können.

Musäus wurde nun nicht Pfarrer, sondern Schriftsteller. Es war gerade die Zeit, wo Richardson mit seinem »Grandison« der Lesewelt die Köpfe verrückte, was stets von Zeit zu Zeit dem glücklichen Griff und Wurf irgend eines oder des andern Dichters zu gelingen pflegt, ohne daß gerade das in Rede stehende Werk ein ausgezeichnetes zu sein braucht – und Musäus parodirte den Grandison höchst glücklich durch