Ein edler und liebenswürdiger Charakter, den Deutschland
neben so vielen hochbedeutenden Musikern mit
Stolz und Freude den seinen nennt.
Weber’s Vaterstadt ist Eutin im Holstenlande; der Vater war ausgezeichneter Violinist und weckte frühzeitig des Knaben Neigung für seine Kunst, wehrte ihm aber auch nicht, dem ebenso bald sich entwickelnden Hange zur Malerei nachzugeben, bis die Musik jenen zur Seite drängte und den Knaben ganz zu ihrem Jünger weihte. Des Vaters Verhältnisse gestatteten diesem, der eigenthümlichen Neigung zu folgen, nie langen Aufenthalt an einem und demselben Ort zu nehmen, sondern häufig den Wohnort zu wechseln; dadurch kam der junge Weber um das Glück der Knabenfreundschaft und sah sich meist auf sich selbst beschränkt, was dazu beitrug, ihn um so dauernder an die Lieblingsneigung zu fesseln. Im zehnten Jahre war Carl Maria zu Hildburghausen, wo ihm Heuschkel strengen und gründlichen Unterricht im Clavierspiel ertheilte – ein Jahr später brächte ihn der Vater nach Salzburg zu Michael Haydn, der ihm die Grundlagen der Composition lehrte. Weber’s erstes Tonwerk, das er als 12jähriger Knabe schrieb, waren 6 Fughetten, die der auf den Sohn bereits eitel werdende Vater 1798 drucken ließ und den viel verheißenden Liebling nun nach München brächte, damit er sich ferner in der Komposition unterrichten lasse und auch den Gesang studire. Mehrere Kompositionen Weber’s entstanden in dieser Zeit, gingen aber durch eine Feuersbrunst unter. Neben diesen musikalischen Studien und Arbeiten zog die damals von Sennefelder erfundene Kunst des Steindrucks den jungen Weber lebhaft an; sein Sinn für Zeichnung und Malerei erwachte wieder, die Möglichkeit leichterer und schnellerer Vervielfältigung eines Bildes als durch den Grabstichel schien höchst erfreulich, und der Gedanke wurde in Vater und Sohn lebendig, Sennefelder’s Kunst zu vervollkommnen und sie als Gewerbszweig praktisch zu üben. Zur Ausführung dieses Vorhabens schien die Stadt Freiberg im sächsischen Erzgebirge zweckentsprechendes Material zu bieten, welche nun zum Aufenthaltsort erwählt wurde; zum Heil der Tonkunst aber wurde nichts aus diesem technisch-materiellen Plane.
Ludwig Bechstein: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen. Georg Wigand's Verlag, Leipzig 1854, Seite 385. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zweihundert_deutsche_M%C3%A4nner_in_Bildnissen_und_Lebensbeschreibungen.pdf/385&oldid=- (Version vom 15.9.2022)