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Caspar Aquila.
Geb. d. 7. Aug. 1488, gest. d. 12. Nov. 1560.


Unter den bedeutenden Theologen, welche getreulich dem Pfade Luther's nachwandelten, und neben Amsdorf, Melanchton, Bugenhagen, Jonas, Spalatin, Cruciger und Myconius wirkten, behauptet auch Caspar Aquila als Reformator eine Ehrenstelle, der nach einem thätigen und mannigfach bewegten Leben eine lange Zeit in Thüringen segensreich wirkte.

Caspar Aquila ward zu Augsburg geboren und entstammte einem angesehenen Geschlechte; der Vater, Leonhard, war Stadtsyndicus und schrieb seinen Namen noch unverwälscht: Adler. Der Sohn erhielt guten Schulunterricht, setzte diesen in Ulm fort, wählte das theologische Studium und machte nach Vollendung der Vorbereitungstudien eine Reise nach den Hochschulen Italiens. Er verweilte auf der Rückkehr in der Schweiz, wo er des Erasmus Bekanntschaft machte, nach der sich alle jungen Gelehrten förmlich drängten, doch war es vornehmlich Bern, welchen den jungen Aquila fesselte. Er predigte in dieser Stadt und erhielt 1514 im 26. Jahre seines Alters eine Berufung zu einem Pfarramte in Bern, welches er zwar annahm, aber nicht lange bekleidet haben kann, da er sich bald darauf nach Leipzig begab, um sich noch mehr in den Wissenschaften zu vervollkommnen. Auf dieser Reise ritt Aquila durch Saalfeld, die Stadt seines letzten langjährigen Wirkens, ohne dieß zu ahnen, traf den Markt noch ungepflastert und den Chor der St. Johanniskirche noch nicht ausgebaut. Aber auch in Leipzig war Caspar Aquila’s bleiben nicht lange; es war seiner jüngeren Lebensperiode eine rastlose Wanderschaft vom Geschick zugedacht, die ihm heilsam lehrte, Widerwärtigkeiten des Lebens mit Leichtigkeit zu ertragen und sich nicht mit Zähigkeit an eine Scholle zu heften. Franz von Sickingen hatte 1515 sein Banner erhoben, führte – damals noch mit Glück – seine Fehdezüge durch, und Caspar Aquila wurde Franzens rüstiger Feldprediger, folgte mit zwei zu seinem Dienst bestellten reisigen Knechten dem Heerlager und theilte Gefahren und Entbehrungen treulich mit dem Herrn und dessen Heere. Als es indessen mit letzteren etwas gar zu bunt sich gestaltete, nahm Aquila eine kleine Pfarrstelle zu Jenga oder Jengen bei Augsburg an und – verheirathete sich. Das war von einem katholischen Pfarrer – protestantische gab es 1516 noch nicht – freilich ein sehr gewagter Schritt, dessen Folge Aquila bald genug zu tragen hatte, denn der Bischof von Augsburg ließ ihn nach einiger Zeit gefänglich einziehen, auf einem Karren nach Dillingen führen und über ein Winterhalbjahr hindurch in harter Haft ohne die mindeste warme Speise halten. Zwar gelang es, ihn loszubitten, und es soll dieß sogar durch die eigene Schwester Kaiser Karl's V. geschehen sein, aber er mußte sein Eigenthum und seine reiche Büchersammlung einbüßen und durfte nichts mit von dannen nehmen, als Weib und Kind. Unterstützt von wohlwollenden Augsburger Freunden wandte sich Aquila jetzt nach Wittenberg, hörte Luther und dessen akademische