Seligkeit
Zufrieden nicht mit Gut und Glück,
Gebannt in enge Lebenssphären,
Erhebst Du weiter Wunsch und Blick,
Und willst noch Seligkeit begehren.
Und weißt Du auch wie sie errungen? –
Ein Lichtblick nur auf Raum und Zeit,
Der ihre Schranken übersprungen!
Wenn Du im brünstigen Gebet
Und die Gewißheit vor Dir steht:
Dein Geist ist selbst ein Strahl von oben.
Ein Strahl, ein Teil von Gottes Licht,
Betraut mit einer hohen Sendung –
Du bist erkoren zur Vollendung –
Wenn dann Dich das Gefühl beseelt
In dieses Daseins Wechselleben:
Die ganze Menschheit ist erwählt,
Im Abendrot, beim Sternenreigen,
Im Sonnenglanz der Blumenflur
Sich Bilder des Vollkommen zeigen;
Und jeder Zweifel ist zerronnen,
Und ein Moment der Seligkeit
Hast Du hienieden schon gewonnen.
Und wenn in schöner Harmonie
Und zweier Seelen Sympathie,
Lieb und Begeistrung zwiefach segnet.
Dann bist Du selig erdentrückt,
Fühlst Dich von Himmelslust umfangen,
Daß zur Vollendung zu gelangen.
Und wenn ein Werk der Hand, dem Geist
Gelungen ist durch Fleiß und Mühen,
Dem Aug’ ein dunkler Vorhang reißt
Und mitten drinn in Kampf und Not
Doch für den Gott im Busen streiten,
Und hinzunehmen Schmach und Tod,
Den Sieg der Menschheit zu bereiten:
Ein Augenblick und wir erschrecken,
Daß wir erhoben uns so weit
Ob all den Wolken, die uns decken.
Doch will ein solcher Augenblick
Sinkt Raum und Zeit von uns zurück,
Wirst Du Vollkommnes rings erkennen!