Sklaverei in Java und Amerika

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Sklaverei in Java und Amerika
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 10, S. 140
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1855
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

[140] Sklaverei in Java und Amerika. Von Grisee im Distrikte Sarabaga auf der Insel Java meldete ein Correspondent in einer englischen Zeitung folgendes Erlebniß: „Voriger Mittwoch (im September vorigen Jahres) war ich Zeuge einer ergreifenden Scene. Auf dem Marktplatze von Grisee erschien eine Sklavenfamilie, bestehend aus Vater, Mutter und acht Kindern von drei bis vierzehn Jahren, um öffentlich am Meistbietenden verkauft zu werden. Sie gehörten zur Hinterlassenschaft einer holländischen Dame, welche die Familie sehr menschlich behandelt hatte, so daß sie mit Zagen und Zittern dastand, voller Angst, wem sie nun wohl zufallen würden. Während alle zehn Stück Sachen ächt tief menschlich weinten, versammelte sich viel Volks, um zu sehen, wer sie kaufen würde. Der Auctionator schrie sie für 6000 Florins aus. Niemand meldete sich. Der Ausrufer erhob seine Stimme immer höher und ging mit dem Preise immer tiefer herunter. Niemand wollte bieten. Nachdem er noch weiter herunter gegangen war, ohne daß Jemand bot, erhob sich der Sklavenvater, von seinem Rechte, auf öffentlichen Auctionen selbst mit bieten und so möglicher Weise sich selbst kaufen zu können, Gebrauch machend, und bot mit dem tiefsten Jammer fünf Florins. In demselben Augenblicke stürzte er sich mit seiner ganzen Familie auf die Knie und warf die schmerzzitternden Blicke eines Vaters ringsum im Kreise mit stummer Geberde flehend, daß Niemand höher bieten möge. Auf dem ganzen Marktplatze herrschte minutenlang eine entsetzliches Schweigen. Das Schweigen dauerte fort, Aller Blicke und Mienen drückten die größte Spannung aus. Noch keine Stimmer erhob sich, aber der Hammer. Mit furchtbarem Entsetzen stierte der Vater den Hammer an. Jeder schien zu glauben, daß er todt niederstürzen würde, wenn jetzt Einer das Schweigen bräche, ehe der Schlag gefallen. Er fiel. Dem Schalle folgte ein allgemeiner Schrei der Freude. Die Sklavenfamilie umarmte sich mit zwanzig Armen und unsäglichem Entzücken einmal um’s andere, während der Auctionator erklärte, daß sie sich in aller Form Rechtes selbst gekauft habe und daher ihr eigener Sklave, ihr eigener Herr, frei sei. Der freie Vater zahlte seine fünf Florins und danke mit den effectvollsten Geberden nach allen Seiten. Seine Freude wurde noch vergrößert, da ihm die Umstehenden mit großem Eifer Geld sammelten und es ihm von allen Seiten zuschütteten. Jeder schien eine Freude zu haben, für eine so kostbare Scene auch anständig zu bezahlen. Die Herzen waren getroffen, und wenn das Innerste im Menschen getroffen wird, ist wohl am Ende Jeder edel und gut.“

Welcher Contrast zu Virginien in Amerika, wo sich der Sklave auf Auctionen, zwar auch selbst kaufen kann, aber mit Gelächter und Faustschlägen überschüttet wird, wenn er durch bittende Mienen nach seinem Gebote die andern Kauflustigen „bestechen“ will. Doch geht’s dabei auch manchmal lustig her, da die Sklaven nicht selten selbst witzig sind. So erzählt man folgende Geschichte aus Kentucky: „Zwei Brüder besaßen gemeinschaftlich einen Sklaven, den sie geerbt hatten, einen fleißigen, gebildeten, nützlichen Burschen. Der eine Bruder brauchte nöthig Geld und sah sich genöthigt, alles Mögliche zu verkaufen, so auch seinen Antheil an dem Sklaven. So kam er in dem Auctionslokale auch mit an die Reihe. da er aber nur halb zu haben war, wollte Niemand ordentlich bieten. So bot also Tom (denn wie sollte er sonst heißen?) auf seine (bessere) Hälfte selbst, die ihm denn auch zugeschlagen ward. Mit großer Genugthuung sprang der so halb zu sich selbst Gekommene vom Auctionsblocke herunter und grinste von einem Ohre bis zum andern mit schneeweißen Zähnen.

„Tom, wozu hast Du Dein Geld verschwendet,“ rief ihm Jemand zu, „mit Deiner Hälfte bleibst Du ja doch Sklave wie bisher?“

„Nu laßt’s gut sein,“ antwortete Tom, „ist ein verdammt braver Bursche, der Tom, und so hab’ ich mir ’n Interesse an ihm gekauft. Vielleicht verdient die freie Hälfte noch so viel, um sich die andere auch noch zu kaufen. Und dann soll mal Einer kommen und auf einen ganzen Kerl bieten wollen. Bin ich doch jetzt nicht mal so wohlfeil zu haben, als Mancher, der auf seine Freiheit keinen Cent geborgt kriegen kann.“