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Sonette an Amanda

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Textdaten
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Autor: Carl Streckfuß
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Titel: Sonette an Amanda
Untertitel:
aus: Gedichte,
S. 86 - 96
Herausgeber:
Auflage: 1
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1804
Verlag: J. V. Degen
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Erscheinungsort: Wien
Übersetzer:
Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Google und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[86]

Sonette an Amanda.
1.
Gewährung des Wunsches.

Zum Himmel streckt’ ich flehend oft die Hände,
     Das unbekannt Ersehnte zu erbitten;
     Ihr Götter, rief ich, viel hab’ ich gelitten,
     Gebt, daß in Ruhe meine Sehnsucht ende.

5
Daß Zevs im Traum mir das Erflehte sende,

     Glaubt’ ich, als du, die Hohe, kamst geschritten,
     Und als ich mit dem Zweifel lang gestritten,
     Glaubt’ ich noch, daß mich süßer Wahn verblende.

Doch Wahrheit war es, und vor ihren Strahlen

10
     War meiner Zweifel düstre Nacht verschwunden,

     Und Ruhe kühlte meine heißen Wangen.

Und ach! ein ängstlich quälendes Verlangen,
     Hat ihrem sanften Schooße sich entwunden,
     Und mich erfüllt mit unbekannten Quaalen.


[87]

2.
Das höchste Schöne.

Die Götter in der Seeligkeiten Fülle,
     Unwandelbar auf ihren ew’gen Thronen,
     Sie fühlen Ruh in ihrem Busen wohnen,
     Und schaun auf uns herab in ernster Stille.

5
Des edlen Sterblichen allmächt’ger Wille

     Schwingt sich hinauf zu des Olimpos Zonen;
     Der Götter Ruhe, nicht der Götter Kronen
     Wünscht er, daß sie sein ew’ges Sehnen stille.

Du aber zeigst in Blick und in Geberde,

10
     Verbunden schwesterlich, in That und Worte,

     Der Gottheit Ruhe mit des Menschen Sehnen,

Denn ruhig heiter wallend auf der Erde,
     Blickst du voll Sehnsucht nach des Himmels Pforte,
     Und zeigst uns so das Bild des höchsten Schönen.


[88]

3.
Gefühl der Heimath.

Oft glaubt’ ich bey des Busens bangem Wallen,
     Daß ich ein armer Fremdling sey hinieden,
     Drum hatt’ ich von der Welt mich abgeschieden,
     Und sehnte mich, zum Vaterland zu wallen;

5
Da hört’ ich deiner Stimme Silber schallen,

     Da sah’ ich deines Lächelns süßen Frieden,
     Da ließest du den Strahlenblick dem Müden
     Erhellend in der Seele Dunkel fallen.

Und als erwacht’ ich froh aus bangen Träumen,

10
     Blickt’ ich umher, und sah die Fluren grünen,

     Und lächelte sie an mit süßem Grauen.

Die Heimath fühlt’ ich in der Erde Räumen,
     Und rief, als wär’ mir Gottes Glanz erschienen:
     Hier ist es schön, hier laß uns Hütten bauen.


[89]

4.
Der Abend.

Es schlief der Abend auf den stillen Auen,
     Doch glänzten hell der Sterne wache Blicke;
     Daß Lunens Strahl des Haines Nacht durchzücke,
     Ließ Zephyr ihn durch rege Blätter schauen.

5
Da gieng ich neben dir in süßem Grauen,

     Und mächtig zog michs nach dem Götterglücke
     An deiner Brust — doch schaudert’ ich zurücke,
     Und konnte mich der Hoffnung nicht vertrauen.

Da traten wir hervor aus stillem Haine,

10
     Im Mondenduft glänzt’ uns das Thal entgegen,

     Und Freudenthränen sah ich dich vergießen.

Und wie ich so dich sah, du göttlich Reine,
     Fühlt’ ich von keinem Trieb mich mehr bewegen,
     Und meine Brust in Melodie’n zerfließen.


[90]

5.
Amors Launen.

Mir ist so wohl, mir ist so weh, so bange!
     O höre mich — doch nein, ich kann’s nicht sagen,
     Ich möchte jubeln, und erhebe Klagen,
     Ich wünsche — doch wer sagt, was ich verlange?

5
Wie eilig flieht die Zeit — wie ewig lange

     Währts, eh die Horen mich zum Ziele tragen.
     Unendlich Land bestrahlet Phöbus Wagen,
     Doch nirgends find’ ich Raum dem ew’gen Drange.

Ich eile fort, da heißt das Herz mich weilen,

10
     Ich weil’, und Hoffnung treibt mich an zum Scheiden,

     Ich lächl’, und fühl’ im Auge Thränen beben.

So kann ich Amors Händen nie enteilen,
     Er ist ein Kind, und findet seine Freuden,
     Den Launen seiner Kraft sich hinzugeben.


[91]

6.
Erste Hoffnung.

Sey freundlich mit mir! Ach, dem ew’gen Brande
     Kann nicht des Auges düstres Zürnen wehren.
     Nur eine von des Mitleids frommen Zähren,
     Und neu ergrünen die versengten Lande.

5
Ein Lächeln nur — und zum beglückten Strande

     Rett’ ich mich aus der Wünsche wilden Meeren.
     Ich will ja nicht der Liebe Becher leeren,
     Wil nippen nur von seinem goldnen Rande.

Du bist so gut, du kannst mir’s nicht versagen,

10
     Und dem vertrauend, füllt ein leises Hoffen

     Die Brust mir an mit Welten hoher Wonne.

Verstummt denn, Seufzer, schweigt, ihr bangen Klagen!
     Schon sind des Tages goldne Pforten offen,
     Schon glänzt Aurora, bald erglüht die Sonne.


[92]

7.
Erste Seeligkeit.

Du bist mir gut — dein Auge hat’s gestanden,
     Der Stirne Falten können’s nicht verneinen —
     Ich sah der Augen Doppelsonne scheinen,
     Und meiner Seele düstre Wolken schwanden

5
Wie wer entschlummert in der Erde Landen,

     Sich wiederfindet in Elysiens Hainen,
     So staun’ ich lächelnd und die Augen weinen,
     Seit in den deinen sie den Himmel fanden.

Und Blumen sprießen unter meinem Schritte,

10
     Genährt vom Thau der wundersüßen Zähren,

     Und in mir tönen himmlisch linde Saiten,

Und Stimmen säuseln aus des Herzens Mitte:
     Sie ist dir gut, sie will dem müden Sehnen
     An ihrem Herzen holden Lohn bereiten.


[93]

8.
Das schöne Leben.

Mit düsterm Streben und mit Langen Mühen
     Zieht fort der Mensch im engen Lebensgleise;
     Er reis’t, doch kennt er nicht das Ziel der Reise,
     Flieht, dem Geflohnen eilig zuzufliehen.

5
Bald fühlt er sich vor irrer Hoffnung glühen,

     Bald starrt er in des grausen Schreckens Eise.
     So dreht er blind sich durch die alten Kreise
     Und kann sich nie der düstern Nacht entziehen.

So lebt’ auch ich — doch wie am blauen Himmel

10
     Der Abendwolken goldne Schaaren fliehen,

     So weht mich jetzt der Liebe Hauch durch’s Leben.

Tief unter mir erblick’ ich das Gewimmel,
     Und neben mir seh’ ich ein Eden blühen,
     Seit jenes Blickes Zauber mich umschweben.


[94]

9.
Ueberzeugung der Liebe.

Wie linder Hauch umwehet mich das Leben,
     Wie Blumendüfte schwinden meine Stunden,
     Von jeder Fessel bin ich losgebunden,
     Auf leichten Träumen lächelnd hinzuschweben,

5
Seit mich der Liebe Rosenband umgeben,

     Seit ich in deinem Blick den Himmel funden —
     Du warst mir hold — die Erde war verschwunden,
     Mit ihren Mühn und ihrem bangen Streben.

Und wie des Aethers ruhig klare Helle,

10
     Wie seine Sterne nie der Zeit erliegen,

     Wie nie das Hohe, Himmlische vergehet,

So wird auch meiner Seeligkeiten Quelle
     In deinem treuen Auge nie versiegen,
     So lang um mich des Lebens Odem wehet.


[95]

10.
Reichthum im Innern.

Wie goldne Funken durch die Haine beben,
     Wie Phöbus Strahlen auf dem Strome zittern,
     Wie schnell entstanden nach den Ungewittern
     Der Iris Farben in den Lüften schweben;

5
Wie in den Blättern tausend Zungen leben,

     Wenn Zephyr spielt in schwanker Zweige Gittern,
     Wie wenn die Harfe seine Hauch’ erschüttern,
     Den Saiten leise Harmonie’n entbeben;

So schwimmet tausend reicher Farben Schöne

10
     Auf meiner frohen Seele dunkeln Tiefen,

     Seit du in Sonnenglanz mir aufgegangen;

So leben in mir wunderbare Töne,
     Die tief erstarrt in meinem Busen schliefen
     Seit deines Wesens Wohllaut mich umfangen.


[96]

11.
Begeisterung.

Schön ist mein Lied! — Ich sag’ es mit Entzücken,
     Und keiner tadle mir das stolze Wort,
     Denn machtig reißt Begeistrung mit sich fort,
     Wen Lieb’ und Genius vereint beglücken.

5
Und was er thut und spricht, das muß sich schicken,

     Ist stets zur rechten Zeit, am rechten Ort.
     Kein kalter Krittler spreche, hier und dort
     Ist dieß und das zu feilen und zu rücken.

Drum bleib’, o Lied, wie Liebe dich gebar —

10
     Ein ew’ges Denkmal meiner Lust und Schmerzen,

     Leg’ ich dich auf der Grazien Altar.

Und wie du kamst von meinem warmen Herzen,
     Schön, freundlich, leicht und spiegelrein und klar,
     Soll nie ein Tadel deinen Schimmer schwärzen.