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Spruner-Menke Handatlas 1880 Karte 08

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Textdaten
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Autor: Theodor Menke, Karl Spruner von Merz u. A.
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Titel: Europa während des Zeitraums der Reformation und der Uebermacht des Hauses Habsburg 1492–1618
Untertitel:
aus: Hand-Atlas für die Geschichte des Mittelalters und der neueren Zeit
Herausgeber:
Auflage: 3. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1880
Verlag: Justus Perthes
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Erscheinungsort: Gotha
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Quelle: Commons
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Europa. No. VIII. Europa während des Zeitraums der Reformation und der Übermacht des Hauses Habsburg 1492–1618. Mst. 1 : 15 000 000. Von B. Hassenstein.

Das Kartenblatt versetzt uns an die Schwelle der Neuen Zeit. Was in dem politisch wie kulturgeschichtlich so eminent hervorragenden 16. Jahrhundert an wichtigsten Territorialveränderungen auf Europäischem Boden vorging, mag, die kartographische Illustration erläuternd, in einigen Hauptzügen hier angedeutet werden.

Portugal hat nach der Eroberung von Ceuta und dem jenseitigen Algarbien die glänzende Zeit der Entdeckungen und Eroberungen in Afrika und der neuen Welt begonnen und steht mit 1515 unter Emmanuel d. Gr. auf dem Gipfelpunkt seiner Macht.

Die seit 1479 durch Vermählung Ferdinand’s des Katholischen und Isabellen’s vereinigte Spanische Monarchie erobert 1491 Granada, 1504 Neapel, 1509 Oran mit der Oberherrlichkeit über die Berberei – die freilich innerhalb der nächsten dreissig Jahre wieder verloren geht –, 1512 Navarra und erlangt noch 1536 und 1540 Mailand. – Diese Ländermasse, der noch Sardinien und Sicilien als arragonische Inseln zuzuzählen sind, bilden dann den mächtigen Besitz des Hauses Habsburg. Diesem fallen auch die Burgundischen Lande: nämlich die Niederlande mit Luxemburg, die Franche Comté mit Charolois und Noyers zu und da das Haus 1526 auch Ungarn und 1527 die Böhmischen Lande erwirbt, so erlangt es unter Karl V. eine prädominirende Stellung in Europa und ruft die nicht unbegründete lebhafte Eifersucht der anderen Staaten, namentlich Frankreichs, hervor, wie die Kämpfe um die Herrschaft in Italien, 1495–1559, zur Genüge darthun.

Frankreich hatte nach Jahrhunderte währenden Kämpfen endlich 1453 die Engländer ganz und für immer aus seinen südlichen Provinzen vertrieben, gewinnt 1558 auch noch Calais, während die Kanal-Inseln bis heute England verblieben sind.

Es setzt die seit 1477 mit der Vereinigung von Burgund, 1481 von Anjou und Maine begonnene innere Consolidirung seines Territoriums fort, 1491, endgültig 1532 wird die Bretagne und 1512 auch die Provence mit dem Krongut vereinigt und bald beginnt Heinrich II. seine Übergriffe über die östlichen Grenzen: in Italien wird Saluzzo, in Deutschland 1552 Metz und Verdun besetzt. – Zu besserem Verständniss der geschichtlichen Vorgänge im Reich sind die Besitzungen des Hauses Bourbon-Vendôme durch blaues Flächencolorit hervorgehoben.

In England, wo seit 1485 das Haus Tudor den Thron inne hat, ist nach hartnäckigen Kriegen mit Frankreich und den inneren Kämpfen der weissen und rothen Rose mehr Ruhe eingetreten; Irland und Wales sind fast vollständig unterworfen. – In Schottland dagegen nehmen unter den Stuarts die religiösen Kämpfe und Zerwürfnisse kein Ende.

Auf der Skandinavischen Halbinsel macht die Schreckensherrschaft des Dänischen Königs Christian’s II. durch die Erhebung Gustav Wasa’s auf den Schwedischen Thron 1523 der Calmarischen Union ein Ende. Dänemark behauptet noch Norwegen mit Island und die Insel Gothland.

Die Schweiz, seit 1499 als selbständiger Bund vom Deutschen Reiche getrennt, erweitert sich im Anfang des Jahrhunderts durch Abtretungen des Mailänder Herzogs Max Sforza um die sogenannten Welschen Vogteien; Schaffhausen und Basel treten 1501, Appenzell 1513 der Eidgenossenschaft bei.

In Italien gewinnt das Haus der Medici in Florenz bereits 1509 Pisa, erwirbt 1531 den Herzogstitel, erkauft 1557 auch Siena und bringt so einen Staat zusammen, der 1569 vom Papst zum Grossherzogthum Toskana erhoben wird. Von kleineren Staaten bleiben die Republik Lucca, die Herzogthümer Parma, Modena und Mantua selbständig, im Kirchenstaat spielen die Vasallenherzoge von Ferrara und Urbino eine nicht unbedeutende Rolle. Savoyen erhält sich in den Kämpfen der Häuser Valois und Habsburg nur mühsam aufrecht und verliert seit 1533 Genf und Wallis an die Schweiz. Die Republik Venedig steht auf der Höhe ihrer Machtentfaltung: die Lombardei, fast ganz Dalmatien und die ionischen Inseln gehören ihr, Candia behauptet sie im Kampf gegen die Osmanen; Cypern war ihr bereits 1486 durch die Abtretung seitens der Königin Caterina Cornaro zu Theil geworden und wird bis 1571 behalten; nur im Griechischen Archipel verliert sie 1538 ihre Besitzungen, mit Ausnahme von Tinos und Mykene an die Türken.

Die Glanzperiode der Republik Genua ist seit dem Verlust Kaffa’s, 1478, im Sinken begriffen; es besitzt nur noch Corsika.

Deutschland erhält 1512 seine neue Kreiseintheilung; ihre Eintragung in die Karte war wegen der äusserst verwickelten Gestaltung ihrer Grenzen nicht gut vorzunehmen, ohne das übrige Detail zu beeinträchtigen. Von den Besitzungen der Hauptdynastien sind nur die des emporstrebenden Hauses Hohenzollern und der österreichischen Linie des Hauses Habsburg hervorgehoben, sowie noch die beiden Sachsen und das Herzogthum Baiern mit besonderer Farbe coloriert.

Das Königreich Polen, mit Litthauen verbunden und dadurch gekräftigt, ändert in stetem Kampf mit dem Russischen Grossfürsten fortwährend seine Grenzen, doch so, dass letzterer im Vortheil bleibt. Bereits im Frieden zu Thorn, 1466, hatte es die Westhälfte des Deutschordensgebiets gewonnen, während die Osthälfte polnisches Lehen blieb, der Krakauer Friede, 1525 überlässt endlich Preussen, als weltliches Herzogthum, jedoch unter polnischer Oberhoheit, an Brandenburg. 1569 wird, noch vor Aussterben der Jagellonen die Vereinigung Polens und Litthauens befestigt.

Das Gebiet des Schwertordens, die heutigen Ostseeprovinzen, dessen Heermeister seit 1525 die Unabhängigkeit vom Deutschen Hochmeister erkauft, vermag sich nicht lange gegen die Anfälle Russlands zu halten. Der Heermeister Gotthard Ketteler tritt deshalb 1561 Livland an Polen ab und erhält dafür Curland und Semgallen als erbliches Herzogthum, unter polnischer Oberhoheit.

Russland schreitet in dieser Zeit mit Macht vorwärts. Durch Iwan Wasiljewitsch von der Herrschaft der Mongolen befreit, durch Unterwerfung der Republik Nowgorod, Wjätka und Pskow und durch Einziehung der Theilfürstenthümer Twer und Rjäsan im Innern gekräftigt, beginnt es nach [46] allen Seiten hin sich zu vergrössern: im Süden werden die Chanate Astrachan, im Osten Kasan, im Nordosten Kondinien, Ingrien und Obdorien unterworfen, im Westen Smolensk und Siverien von Litthauen, im Nordwesten Gebiete um Dorpat und Narwa vom Schwertorden gewonnen. – Von allen tatarischen Staaten in Europa erhält sich nur noch das Chanat der Krim.

Ungarn, das am Schlusse des 15. Jahrhunderts unter Matthias Corvinus so hoch sich erhoben hatte, geräth seit Ludwig’s des Jüngeren Untergang bei Mohacz fast gänzlich in die Gewalt der Türken. Die an Ferdinand von Osterreich gegebene Krone wird von dem durch Sultan Soliman unterstützten Woiwoden von Siebenbürgen, Johann von Zapolya, hart bestritten. Mit des Letzteren Tode, 1540, geräth der ganze von ihm besessene Theil Ungarns in die Hände der Osmanen, denen auch Siebenbürgen als Schutzland gehorcht, obgleich es dem Namen nach zu Ungarn gehört.

Das Osmanische Reich hatte durch die Eroberung Constantinopels 1453 das letzte Hinderniss seines Aufschwunges beseitigt; es tritt in das 16. Jahrhundert bereits mit dem vollen Besitze der ganzen balkanischen und kleinasiatischen Halbinsel ein. Erweitert wird das Reich 1517 durch Eroberung von Diarbekr, Kurdistan, Syrien, Ägypten. Den Johannitern wird 1522 Rhodus, und 1551 auch das ihnen von Karl V. verliehene Tripolis entrissen. 1534 folgt dann die Eroberung Armeniens, der Euphrat- und Tigris-Länder und die Ausdehnung Osmanischer Herrschaft bis hinab zu den Bahrein-Inseln, sowie in Afrika die Unterwerfung von Tlemsen, Algier und Tunis unter türkische Hoheit. – In Europa wird die eine Hälfte von Ungarn um die Mitte des Jahrhunderts dem Reiche einverleibt, während die andere Hälfte mit Siebenbürgen, sowie die Walachei und Moldau als Vasallenländer ihm gehorchen. So findet sich um 1555 das ganze weite Gebiet des vormals oströmischen Kaiserreichs unter der Herrschaft der osmanischen Sultane zum zweiten Male, wenn auch unter sehr veränderten Verhältnissen, vereinigt.