Stelldichein (Die Gartenlaube 1884)
[584] Stelldichein. (Mit Illustration S. 580.) Der Ort, den die Beiden für ihr „Stelldichein“ gewählt haben, entspricht sicher allen Anforderungen, die man an einen solchen nur stellen kann. Zwar ist keine romantische Quelle in der Nähe, deren Murmeln traulich das Gespräch der Liebenden begleiten könnte, und auch ein Bach nicht, in dessen klarer Tiefe sie sich neckend zu spiegeln vermöchten, für beides aber entschädigt das dichte schöne Strauchwerk, welches dem Paare vor allen unberufenen Späherblicken Schutz gewährt und somit dem Orte des Stelldicheins diejenige Eigenschaft giebt, nach welcher stets am meisten gesucht zu werden pflegt. Der Zweck der Zusammenkunft ist leicht zu errathen, und unschwer auch der Gegenstand der Unterhaltung. Es ist das alte Lied „von Liebe und von Sonnenschein“, welches Beider Herzen bewegt und unwiderstehlich zu einander hinzieht – sie, die Tochter des wohlhabenden Bauern, und ihn, den kecken Wallensteinischen Reiter, der, nach dem Tode seines großen Feldherrn des unstäten Soldatenlebens müde, in die Heimath zurückkehrt und jetzt nur noch eine „Eroberung“ im Auge hat, eine friedliche und gleichzeitig eine solche, die ihm nicht allzu schwer werden dürfte. Ob sich aber dann die ungestüme Wanderlust, die noch vor Kurzem seine Brust bewegte, mehr und mehr verliert und aus ihm ein ebenso tüchtiger Bauer wird, wie er vorher ein tapferer und braver Soldat war, das wird erst die Zukunft lehren müssen.