Steppenbild
Steppenbild.
(Mit Abbildung.)
Wild und rauschend, wenn die Mondnacht auf Kaukasiens Steppen ruht,
Wälzt der Kuban durch die Eb’ne silbern schimmernd seine Fluth.
Magisch ist die Nacht der Wüste, lichterfüllt und mittaghell;
Ueber wirres Fluthgestrüppe wirbelt schäumend Well’ auf Well’.
Durch die baumlos öden Weiten leisen Fußes geht die Nacht,
Und die Sterne leuchten droben feierlich in ernster Pracht.
Horch! am Ufer wird es rege: lärmend aus der Hütte steigt
Auf die Hochwacht der Kosake, während rings die Wüste schweigt.
Nach dem Feinde, dem Tscherkessen, schaut er spähend über’s Feld,
Welcher drüben, hinter’m Kuban, hoch der Freiheit Banner hält.
Krieg und Tod denkt der Kosake – plötzlich wird das Herz ihm schwer:
Ferne, fern von der Stanitza tönt die Steppenflöte her.
Ihre Weisen, langgezogen, klingen wie ein Klagelied,
Und das ganze Weh der Steppe leis’ durch ihre Klänge zieht:
Daß so groß und wundermächtig, überwält’gend die Natur,
Und der Mensch in ihrem Schooße ein verschwindend Staubkorn nur.
Und die Töne, echoweckend, ziehn zum Meere mit dem Fluß –
Himmelwärts am Horizonte hebt das Haupt der Kaukasus.
Ernst Ziel.