Tagebuch 1841 9
Neues Material aus alten Quellen mit Fleiß und Wärme zusammengetragen.
Beiträge zur Geschichte von Belgien wäre ein besserer Titel für das Buch gewesen.
Die große Aufgabe des Historikers, die Geschichte objectiv zu betrachten, ist in diesem
Buche fast auf jeder Seite verletzt. Patriotismus ist eine edle Tugend des Bürgers.
Aber der Bürger wirkt nur für die Gegenwart; der Historiker für die Zukunft, für die
Ewigkeit. Darum muß dieser mehr sein als ein Patriot, er muß Weltbürger sein und
die Geschichte seines Landes nicht von localem, sondern von dem cosmischen Gesichtspunkte
zeichnen. In dem Werke des Herrn Juste ist die Vaterlandsliebe dominirend.
Immerhin aber wird der künftige Historiograph all diese edlen Bemühungen und Vorarbeiten
mit Dank erkennen, und die Nation hat große Verpflichtungen ihnen gegenüber.
Immerhin muß die Gegenwart sie als ein schönes Geschenk annehmen, welches
den Schatz vermehrt, den die Zukunft einst als Mitgift erhalten wird.
Wir hören aus guter Quelle, daß der Sohn des gefeierten Savigny als preußischer
Gesandtschaftssecretair nach Brüssel kommt[1]. Savigny ist bekanntlich erst vor Kurzem
zum Ritter des belgischen Leopoldsordens ernannt worden, und sein Sohn kann
einem besonders freundlichen Entgegenkommen in allen hiesigen Kreisen entgegensehen,
um so mehr als der Ruf ihn als einen nicht nur trefflich unterrichteten, sondern auch
sonst höchst liebenswürdigen jungen Mann bezeichnet. Für Deutschland ist es immer
ein Gewinn, sich auf solche Weise im Auslande vertreten zu sehen, denn Höflichkeit
und Liebenswürdigkeit sind eben nicht die Tugenden, die man gewöhnlich uns nach
rühmt!
Die Kölnische Zeitung enthält in einem ihrer leitenden Artikel folgende bemerkenswerthe
Stelle: „Der meuchelmörderische Anfall gegen den Cabinetsrath von Lütken,
welcher in der öffentlichen Meinung mit Recht oder mit Unrecht als der vornehmste
Urheber des eigenthümlichen Verfahrens der Regierung bei den letzten Wahlen galt, ist ein Zeichen, dessen furchtbare Bedeutung man sich umsonst verbergen würde.
Das Verbrechen des Meuchelmordes ist dem deutschen Volkscharakter so fremd, daß man
jeden einzelnen Fall, wo es verübt oder versucht wurde, als ein öffentliches Unglück
beklagen sollte, wenn die That auch außer allem Zusammenhange mit politischen Ursachen
stände.“ Wahr und treffend!
Professor Gubitz in Berlin sagte vor einiger Zeit in seinem Journal „Der Gesellschafter“:
„Druckfehler oder Wahrheit? Das Stadtgericht der Stadt Göttingen
macht „signatum Göttingen, den 7. September 1841“ öffentlich bekannt (Siehe: Allgemeiner
Anzeiger Nro. 259): daß auf Klage des Kaufmanns Heintze, wegen Forderung
von „8 Thlr. 17 Gr.“ gegen den Beklagten, Gärtner Krebs, erkannt sey, daß
dessen Garten, nebst darin befindlichem Gartenhause, am 11. Dezember d. J. gerichtlich
verkauft werden soll. Wegen 8 Thlr. 17 Gr. — ? — und das könnte der Kläger zugeben
— und kein Göttinger fände sich, diese kleine Summe zu zahlen? Es scheint
unmöglich! — Da muß ein Irrthum obwalten. Wär’ aber Alles richtig — der Bezug
auf Göttingen auch — so sey’s verbürgt, daß, ist dadurch dem Manne sein Garten
und Haus zu erhalten, die 8 Thlr. 17 Gr. — und wär’s auch mehr — von einem
oder dem andern Berliner gezahlt werden, und sie sind, gegen beglaubigte Quittung
des Kaufmanns Heintze, ohne Weiteres von der Redaktion des Gesellschafters einzuziehen.“ Am 25. November wandte sich der Kaufmann Heintze an den Redakteur und
ließ ihm eine Quittung über 19 Thlr. 2 Gr. 2 Pf. überreichen, da die Gerichtskosten
sich auf 10 Thlr. 2 Gr. 2 Pf. belaufen hatten. Professor Gubitz bezahlte, seinem
Worte getreu, die ganze Summe, da sich in Göttingen Niemand zur Tilgung derselben
gefunden hatte. Der nähere Verlauf dieses Ereignisses, das gar mancherlei Stoff
zu Betrachtungen über unsere socialen Einrichtungen darbietet, ist im Gesellschafter
Nro. 195 zu lesen.
Der älteste unter den jetzt regierenden Fürsten ist der König von Schweden, die
jüngste die Königin von Spanien, wenn man nämlich diejenige regierend nennen kann,
der ein fremder Gesandter nicht ein Mal seine Creditbriefe vorzeigen darf. Folgende
Liste giebt einen Ueberblick des Alters, in welchem die bedeutendsten unter den gekrönten
stehen. Der König von Schweden 78 Jahre, der Papst 76 Jahre, der König von
Hanover 70 Jahre, der König der Franzosen 68 Jahre, der König von Würtemberg
60 Jahre, der König von Bayern 55 Jahre, der König von Dännemark 55 Jahre,
der König von Sardinien 53 Jahre, der König der Belgier 52 Jahre, der König von
Holland 49 Jahre, der Kaiser von Oesterreich 48 Jahre, der König von Preußen 48
Jahre, der Kaiser von Rußland 45 Jahre, der König von Sachsen 44 Jahre, der
König beider Sicilien 32, der König von Griechenland 26 Jahre, die Königin von
Portugal 23 Jahre, die Königin von England 22 Jahre, der Sultan 18 Jahre, die
Königin Isabella von Spanien 11 Jahre.
Anmerkungen